Mittelstand begrüßt Insolvenzanfechtungsreform

Durchbruch bei der Reform der Insolvenzanfechtung: Nach zähen Verhandlungen hat der Bundestag die Reform beschlossen. DER MITTELSTANDSVERBUND begrüßt das Gesetz. Zahlreiche Forderungen des Spitzenverbandes wurden berücksichtigt.

Berlin, 17.02.2017 - Der Bundestag hat am Abend des 16. Februar die langersehnte Reform des Insolvenzanfechtungsrechts beschlossen. „Wir begrüßen das beschlossene Gesetz, denn alle wesentlich von uns erhobenen Forderungen und geäußerten Kritikpunkte werden berücksichtigt“, kommentiert Dr. Ludwig Veltmann, Hauptgeschäftsführer des MITTELSTANDSVERBUNDES, den Beschluss.

MITTELSTANDSVERBUND-Hauptgeschäftsführer Dr. Ludwig VeltmannDER MITTELSTANDSVERBUND hatte sich seit Jahren vehement für eine Korrektur der Insolvenzordnung stark gemacht – mit Erfolg. Das jetzt beschlossene Gesetz sieht zahlreiche Verbesserungen der Rechtssicherheit bei Anfechtungen nach der Insolvenzordnung und nach dem Anfechtungsgesetz für den Mittelstand vor. So bringt es Klarheit bei Zahlungserleichterungen und setzt die Frist der Anfechtung von zehn auf vier Jahre herab.

„Künftig können im Wirtschaftsleben übliche Zahlungserleichterungen nicht mehr ohne weiteres zum Anlass einer Vorsatzanfechtung genommen werden“, so Veltmann. Nach der bisherigen Praxis konnte ein vom Gericht eingesetzter Insolvenzverwalter unter bestimmten Voraussetzungen die Anfechtung erklären und bereits geflossene Zahlungen zurückfordern – und das bis zu zehn Jahre zurück. Dafür konnte es ausreichen, dass ein Gläubiger dem später insolventen Schuldner in der Vergangenheit eine im Wirtschaftsleben übliche Zahlungserleichterung, etwa eine Ratenzahlungs- oder Stundungsvereinbarung, gewährt hat.

Nun streitet nach § 133 Abs. 3 S. 2 InsO eine gesetzliche Vermutung dafür, dass - wenn der Gläubiger mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt hat - er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte. Das ist ein außerordentlich positives Ergebnis und gibt insbesondere den Verbundgruppen, die in förderwirtschaftlicher Art und Weise ihre Anschlusshäuser auch in schlechten Zeiten unterstützen, endlich die lang ersehnte Rechts- und Planungssicherheit wieder.

Daneben werden die auf die Insolvenzanfechtungsforderungen zu berechnenden Zinsen durch eine kürzere Laufzeit deutlich reduziert. Dies gilt auch für schon laufende Verfahren. Auch wird nun im Gesetz eindeutiger als zuvor geregelt, dass Zahlungen für die unmittelbar eine gleichwertige Gegenleistung erbracht wurde, nur unter hohen Anforderungen angefochten werden können. In Bezug auf Arbeitnehmer wurde klargestellt, dass eine Unmittelbarkeit zwischen Arbeitsleistung und Lohnzahlung auch noch nach drei Monaten vorliegt (§ 142 InsO). Zudem konnte DER MITTELSTANDSVERBUND verhindern, dass durch den Gesetzentwurf in der Insolvenzordnung systemfremde direkte oder indirekte Fiskusprivilegien geschaffen werden.

Im Detail:

§ 133 InsO - Vorsatzanfechtung

In Fällen der kongruenten Deckung (also bei einer vertragsgemäßen Leistung) gilt nun:

  • Verkürzung der Anfechtungsfrist von 10 auf 4 Jahre.
  • Änderung des Beweismaßstabs: In Zukunft muss der Insolvenzverwalter beweisen, dass der Gläubiger wusste, dass der Schuldner „zahlungsunfähig“ war (bisher galt nur: „drohend zahlungsunfähig“).
  • Vermutung, dass alleine aus der Gewährung von Zahlungserleichterungen KEINE Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit folgt.

§ 142 InsO - Bargeschäftsprivileg

  • Klarstellung, dass eine Anfechtung von Zahlungen, für die unmittelbar eine gleichwertige Gegenleistung erfolgt ist, nur dann zulässig ist, wenn u.a. der Gläubiger erkannt hat, dass der Schuldner unlauter handelte.
  • Klarstellung, dass sich die Länge des „unmittelbaren Zusammenhangs“ nach den Gepflogenheiten des Rechtsverkehrs richtet und zumindest bei Arbeitnehmern mit drei Monaten anzunehmen ist (Umsetzung der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts).
  • Neuregelung, dass auch Drittzahlungen an Arbeitnehmer vom Bargeschäftsprivileg umfasst sind, wenn der Arbeitnehmer diese nicht erkennen konnte.

§ 143 InsO - Zinsregelung

  • Neuregelung des Zinslaufs dahingehend, dass dieser erst mit Eintritt des Verzugs (§ 286 BGB – i.d.R. mit einer Mahnung) beginnt (bisher unabhängig von der Kenntnis des Anspruchs mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens.
  • Dieser in § 143 InsO neu geregelte Zinslauf gilt ab Inkrafttreten des Gesetzes und auch schon für bereits eröffnete Verfahren!

Dem Spitzenverband des kooperierenden Mittelstandes ist es mit dem beschlossenen Gesetz gelungen, dass sich Unternehmen künftig darauf verlassen können, dass sie Zahlungen, die sie für ihre Leistungen erhalten haben, auch behalten dürfen. „Damit wird endlich die unverzichtbare Rechts- und Planungssicherheit für den Mittelstand wieder hergestellt“, bringt es der MITTELSTANDSVERBUND-Chef auf den Punkt.

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