Datenschutz: AG Mittelstand fordert praxisorientierte Umsetzung

Auch wenn die Beibehaltung eines hohen Datenschutzniveaus in Europa zu begrüßen ist, dürfen die Interessen des Mittelstandes nicht außer Acht gelassen werden, fordert die AG Mittelstand, zu der auch DER MITTELSTANDSVERBUND gehört.

Berlin, 21.03.2017 - Die Bundesregierung will das Datenschutzrecht novellieren. Der dazu vorgelegte „Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung des Datenschutzrechts an die Verordnung (EU) 2016/679 und zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680“ stand am 9. März im Mittelpunkt einer ersten Beratung im Bundestag, der den Gesetzentwurf nun zur federführenden Beratung an den Innenausschuss überwiesen hat.

Europäische Rahmenbedingungen

Die geplante Reform ist erforderlich, da Deutschland sein Datenschutzrecht bis Mai 2018 an das geänderte Datenschutzrecht der EU anpassen muss. Kernstück des Gesetzentwurfs ist die Neustrukturierung des Bundesdatenschutzgesetzes. Es ergänzt die neue europäische Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO), die dann unmittelbar in Deutschland gilt. Mit der Novellierung werden teilweise Gestaltungsspielräume genutzt, die die europäische Verordnung den Mitgliedstaaten einräumt. Daneben werden wesentliche Teile der Datenschutz-Richtlinie "Polizei und Justiz" umgesetzt.

Die AG Mittelstand, zu der auch DER MITTELSTANDSVERBUND gehört, nimmt nun in einem ausführlichen Positionspapier Stellung zu den geplanten Änderungen. Die Anforderungen an den Datenschutz stellen nämlich gerade mittelständische Unternehmen sehr häufig vor große Herausforderungen. Deshalb muss der deutsche Gesetzgeber mit besonderer Sorgfalt darauf achten, den Datenschutz zwar so effektiv und passgenau wie möglich, allerdings nicht umfangreicher und bürokratischer zu gestalten, als notwendig.

AG Mittelstand warnt vor Komplexität

In diesem Zusammenhang erinnert die AG Mittelstand daran, dass Datenschutz nicht nur globale IT-Unternehmen betrifft. Denn die Vorschriften gelten ebenso uneingeschränkt für die gesamte Offline-Welt und damit auch für mittelständische Handels-, Handwerks- und Dienstleistungsunternehmen. Das Ineinandergreifen der DSGVO, des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG), der Landesdatenschutzgesetze sowie weitere Kodizes seien ohnehin schon äußerst komplex und schwierig, warnt der Zusammenschluss mittelständischer Verbände.

Die möglichst einfache und praktikable Lesbarkeit und Anwendbarkeit des neuen BDSG muss daher aus Sicht der AG Mittelstand in besonderem Maße berücksichtigt werden.

Positiv bewerten die Verbände, dass der Gesetzentwurf – anders als noch der Referentenentwurf – nahezu keine wortgleichen Absätze oder gar ganze Artikel der DSGVO mehr übernimmt. Solche Wiederholungen sind wegen der unmittelbaren Geltung der DSGVO rechtlich überflüssig und erschweren die parallele Lesbarkeit der DSGVO und des neuen BDSG.

In dem Positionspapier beziehen die Verbände sodann zu folgenden Punkten im Detail Stellung:

  • Videoüberwachung
  • Verarbeitung von personenbezogenen Daten zu anderen Zwecken
  • Datenverarbeitung im Beschäftigungskontext
  • Schutz des Wirtschaftsverkehrs bei Scoring und Bonitätsauskünften
  • Informationspflicht bei Erhebung von personenbezogenen Daten bei der betroffenen Person
  • Informationspflicht, wenn die personenbezogenen Daten nicht bei der betroffenen Person erhoben wurden
  • Betrieblicher Datenschutzbeauftragter

Videoüberwachung: 58,9 Mrd. Euro Kosten befürchtet

Besondere Kritik übt die Arbeitsgemeinschaft an der Videoüberwachung in öffentlich zugänglichen Räumen, die damit auch für mittelständische Unternehmer gelten soll. Zwar begrüßt die AG die Klarstellung, dass das Gesetz keine Einschränkungen der bisherigen Regelungen nach der DSGVO vornehmen darf.

Als praxisuntauglich bemängeln die Verbände allerdings die Verpflichtung, Videoaufzeichnungen zusätzlich mit Namen und Kontaktdaten der Aufzeichner zu benennen. Damit würden bisherige Hinweise, wie etwa Schilder oder Kurztexte überflüssig oder unzureichend. Um die Forderungen des Gesetzesentwurfs zu erfüllen, schätzen die Verbände für die Wirtschaft erhebliche Mehrkosten in Höhe von 58,9 Mio. Euro. Sie schlagen deshalb vor, die Regelung des bisherigen BDSG beizubehalten.

Forderung nach Ausweitung der Videoaufzeichnung

Gleichzeitig warnen die Verbände davor, die Regelungen zur Videoüberwachung wie im Gesetzentwurf vorgesehen nur auf Einkaufszentren zu beschränken. Einzelhandelsgeschäfte, wie z.B. Waren- und Kaufhäuser, große Fachhandelsgeschäfte und Selbstbedienungsmärkte, aber auch Cash & Carry-Märkte, Ausstellungsräume und für Kunden zugängliche Läger, unterliegen nämlich der gleichen Sicherheitslage wie Einkaufszentren.

Die bisherige Gesetzeslage fördert Wertungswidersprüche, wenn einerseits bei einigen hochfrequentierten öffentlich-zugänglichen Einrichtungen zu recht der Schutz von Leben, Gesundheit und Freiheit von sich dort aufhaltenden Personen als wichtiges öffentliches Interesse bei der Interessenabwägung in besonderem Maße zu berücksichtigen sein soll, dies aber im ebenso hochfrequentierten Einzelhandel außerhalb von Einkaufszentren nicht in gleichem Maße gelten würde, warnt die AG Mittelstand.

Es sei deshalb auch Aufgabe der Datenschutzaufsichtsbehörden, in diesem Zusammenhang endlich das Ziel der Videoüberwachung, nämlich zur Strafverfolgung beizutragen oder Kunden und Mitarbeiter vor Straftaten zu schützen, als berechtigtes Interesse anzuerkennen.

Die Arbeitsgemeinschaft Mittelstand ist der Zusammenschluss mittelständischer Verbände. Zu den Mitgliedern zählen DER MITTELSTANDSVERBUND, der Bundesverband der Freien Berufe (BFB), der Bundesverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA), der Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR), der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (DEHOGA), der Deutsche Industrie und Handelskammertag (DIHK), der Deutsche Raiffeisenverband (DRV), der Deutsche Sparkassen- und Giroverband (DSGV), der Handelsverband Deutschland (HDE) sowie der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH).

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