Independent Retail Europe: Umfrage zu Eigenmarken

Um mit der EU-Kommission in den Dialog über die Auswirkungen von Eigenmarken auf Produktinnovationen und Produktvielfalt für den Verbraucher zu treten, bittet der europäische Dachverband Independent Retail Europe seine Mitglieder um Teilnahme an einer Umfrage.

Brüssel, 16.11.2015 – Der moderne Einzelhandel, der durch hohe Konzentration und die starke Zunahme von Eigenmarken charakterisiert ist, hat keine negativen Auswirkungen auf das Angebot und Innovationen. So lautete das Ergebnis der bereits Ende 2014 von der Generaldirektion Wettbewerb (GD Wettbewerb) vorgelegten Studie „The economic impact of modern retail on choice and innovation in the EU food sector“.

Laut Studie bestehe die größte Gefahr darin, dass sich eine Zunahme der Eigenmarken über ein bestimmtes Niveau hinaus (ca. 50 Prozent) negativ auf die Auswahl und Innovation auswirken könnte.

Unter einer Innovation versteht die Kommission:

  • ein neues Produkt,
  • eine neue Produktvariante (Sortimentserweiterung),
  • eine neue Verpackung,
  • eine neue Rezeptur oder
  • die Wiedereinführung (Relaunch) eines Produkts.

Mehr Eigenmarken reduzieren Innovationstempo: Theorien der Kommission

Um die Reduzierung des Innovationstempos im Einzelhandel durch den hohen Eigenmarkenanteil zu erklären, hat die GD Wettbewerb im Auftrag der EU-Kommission vier Theorien entwickelt:

  • Theorie 1: Sortimentsfaktoren

    Die Theorie der Kommission:
    Möglicherweise sind Eigenmarken ihrer Natur nach weniger innovativ als Herstellermarken. Je höher der Anteil der Eigenmarken, desto weniger innovativ wäre dann das Gesamtsortiment.

    Bereits in der vergangenen Diskussion hatten die Mitglieder von Independent Retail Europe darauf hingewiesen, dass Eigenmarken keine "Billigvarianten" von Herstellermarken sind.

    Die meisten Einzelhändler arbeiten dabei mit mindestens drei Eigenmarkenkategorien, die zumindest die Qualität von vergleichbaren eingeführten Marken ("A-Marken") erreichen:
  • "Premium" zur Ansprache des obersten Marktsegments,
  • "Standard" zum direkten Wettbewerb mit Herstellermarken und
  • "Discount" zum Wettbewerb mit Discountern.

    Zahlreiche Eigenmarkeninnovationen richten sich auf den Bereich Gesundheit/Nachhaltigkeit (z. B. Streichung von Aspartam, Bisphenol A, Gluten oder Palmöl, Verwendung von Stevia oder nachhaltigem Fisch). Klare Vorreiter sind außerdem Eigenmarken bei Spezialsortimenten (z. B. Bio, regionale Erzeugnisse), und bei Verpackungen und Geschmacksrichtungen.

    Das Fazit für Independent Retail Europe: Ohne jeden Zweifel steigern Eigenmarken das Innovationstempo und die Angebotsvielfalt im Einzelhandel. Nachweislich kopiert wurden beispielsweise Stevia und nachhaltiger Thunfisch, die erst mit einiger Verzögerung (bei Stevia zwei Jahre) bei Herstellermarken Einzug hielten.
  • Theorie 2: Konsumtrends

    Theorie der Kommission:
    Möglicherweise handelt es sich bei den Beobachtungen der Kommission ganz einfach um Konsumtrends, die vom Einzelhandel aufgegriffen werden.

    Auch Independent Retail Europe hält einen solchen Zusammenhang für möglich.
  • Theorie 3: Verdrängungseffekte

    Theorie der Kommission:
    Möglicherweise reduzieren Eigenmarken die Marktanteile der Hersteller in einem Maße, das ihnen Innovationen unrentabel erscheinen lässt. Denkbar ist auch, dass sich die Hersteller mit Innovationen zurückhalten, weil sie Nachahmerprodukte des Einzelhandels befürchten.

    Nach Ansicht von Independent Retail Europe intensivieren Hersteller- und Eigenmarken den Wettbewerb – mit positiven Effekten für das Innovationstempo und das Preis-Leistungs-Verhältnis.

    Im Kampf um Marktanteile zeige sich die Industrie allmählich innovationsfreudiger bei Tierschutz und artgerechter Tierhaltung. Einzelhändler seien jedoch agiler als die Industrie und könnten sich schneller auf neue Nachfragetrends einstellen.
  • Theorie 4: Fehlendes Element

    Theorie der Kommission:
    Möglicherweise wurden bei der Studie externe Faktoren wie Konjunktur, saisonale Aspekte oder das Investitionsklima insgesamt nicht ausreichend in Betracht gezogen.

    Auch Independent Retail Europe hält einen solchen Zusammenhang für möglich. 

Umfrage soll Theorien prüfen

Der europäische Dachverbanddes MITTELSTANDSVERBUNDES bittet seine Mitglieder um Mithilfe. In einer Umfrage will Independent Retail Europe die folgenden Fragen beantworten, um in den weiteren Dialog mit der EU-Kommission zu treten:

  • Welche der Theorien treffen Ihrer Ansicht nach zu? Warum?
  • Welche der Theorien treffen Ihrer Ansicht nach nicht zu? Warum?

Die Antworten können Sie per E-Mail an Tim Geier, Leiter des MITTELSTANDSVERBUND-Büros in Brüssel senden:t.geier@mittelstandsverbund.de

Weitere Informationen:

Download: Studie der EU-Kommission zu den Auswirkungen des modernen Einzelhandels

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