Ehrgeiziges EU-Klimaschutzpaket verabschiedet – Gute Ansätze, Planungssicherheit fehlt

Am vergangenen Wochenende haben sich EU-Rat, Kommission und Parlament nach langwierigen Verhandlungen auf eine Reform des bereits für Energie- und Industrieanlagen bestehenden Emissionshandels auf EU-Ebene und die Einführung eines Emissionshandels für Verkehr und Gebäude auf EU-Ebene verständigt. Damit sollen die Emissionen in der EU bis 2030 um 55 Prozent gegenüber 1990 sinken, um das Ziel der Klimaneutralität bis 2050 erreichen zu können. DER MITTELSTANDSVERBUND trägt die Beschlüsse zur Stärkung des marktwirtschaftlichen Instrumentes Emissionshandel mit, fordert aber mehr Klarheit und Planungssicherheit bei der Ausgestaltung, gerade mit Blick auf den Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit im Mittelstand.

Brüssel, 19.12.2022 – Die Europäische Union richtet mit der Reform des bestehenden Emissionshandels das wichtigste Klimaschutzinstrument auf EU-Ebene konsequent am Ziel der Treibhausgasneutralität 2050 aus. Der Emissionshandel wurde bereits im Jahr 2005 für Energie- und Industrieanlagen eingeführt und gibt seitdem CO2-Emittenten einen Preis: Wer verschmutzt, muss zahlen.

Die Reform des EU-Emissionshandels (ETS), mit dem rund 40 % der europäischen Emissionen erfasst sind, ist das Herzstück des europäischen Green Deals. Viele Jahre hat es gedauert, bis dieses System zu dem gewünschten und nennenswerten Lenkungseffekt geführt hat. Nun steht fest: Nicht nur, dass das Instrument an ambitionierteren Klimazielen ausgerichtet wird, der Emissionshandel soll auch auf den Verkehrs- und den Gebäudesektor ausgeweitet werden. Die Landwirtschaft bleibt vorerst außen vor.

Was in Deutschland schon eine Selbstverständlichkeit ist – der Emissionshandel für Verkehr und Wärme wurde bereits in der vergangenen Legislaturperiode eingeführt – dürfte nun in vielen EU-Ländern zu einer Verteuerung beim fossilen Heizen und Tanken führen.

Was ändert sich beim bisherigen Emissionshandel – dem ETS?

Das sogenannte „Cap“, also die maximal zur Verfügung stehende Menge frei handelbarer Emissionsberechtigungen für die Bereiche Energiewirtschaft und Industrie, wird stärker abgesenkt, um über diese Verknappung einen deutlichen Anreiz für eine stärkere Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen zu erreichen. Auch wenn die Industrie für einen Teil ihrer Emissionen für einen begrenzten Zeitraum noch kostenfreie Zuteilung erhalten werden, wird auch diese freie Zuteilung schrittweise abgeschmolzen. So gilt: Für Industriezweige, deren internationale Konkurrenz die EU mit einem Klimazoll (CBAM) belegen will, ist spätestens 2034 Schluss mit den kostenfreien Zertifikaten, hierunter fällt beispielsweise die Stahlherstellung. 

Neuer Emissionshandel für Wärme und Verkehr

Neben dem bereits etablierten ETS, wird ab 2027 ein weiterer Emissionshandel EU-weit für die Bereiche Wärme und Verkehr eingeführt (ETS 2). Bis 2030 soll dann ein Preis für eine Tonne CO2 von 45 Euro gelten. Die Einführung wird maximal um ein Jahr verschoben für den Fall, dass andere Markteffekte zwischenzeitlich dazu beigetragen haben, die Öl- und Gaspreise zu hoch zu halten („emergency break“).

Was geschieht mit den Einnahmen aus den Emissionshandelssystemen?

Alle Einnahmen aus dem ETS (sowohl dem bestehenden als auch dem ETS2) müssen in Klimamaßnahmen fließen, wobei 50 Prozent der Einnahmen aus dem Emissionshandel 2 zweckgebunden an die Mitgliedstaaten ausgezahlt werden. Diese Gelder müssen für soziale Klimamaßnahmen vor allem im Gebäude und im Verkehrssektor genutzt werden. 

Neu geplant wird zudem, auch die Emissionen in der Abfallverbrennung ab 2024 zu überwachen und diese ab 2028 in den Emissionshandel aufzunehmen. Für Mitgliedstaaten besteht die Möglichkeit, nach Abgabe einer Erklärung die Anwendung auf 2030 zu verschieben.

Klimasozialfonds

Um Härten abzufedern und EU-BürgerInnen den Umstieg auf ein klimafreundlicheres Leben zu erleichtern, soll zukünftig ein Klimasozialfonds eingerichtet werden. Dieser wird aus den Einnahmen des nationalen wie europäischen Emissionshandel gespeist. Starten soll der Fonds im Jahr 2026, um über die darauffolgenden fünf Jahre sukzessive 87 Milliarden Euro auszuschütten. Diese Mittel sollen sowohl zur Unterstützung schwacher Einkommen dienen, wie auch beispielsweise für Gebäuderenovierungen von Sozialbauten eingesetzt werden dürfen.

DER MITTELSTANDSVERBUND trägt das EU-Klimaschutzpaket als klares Bekenntnis für mehr Ökonomie auch im Bereich klimapolitischen Handelns mit, auch wenn deutlich große Herausforderungen damit verbunden sind. Noch unklar ist derzeit der Fortbestand der deutschen CO2-Bepreisung nach Einführung der europäischen Lösung, dessen Vorgaben ambitionierter ausgestaltet sind als die nun kommenden EU-Regelungen. DER MITTELSTANDSVERBUND fordert die Bundesregierung auf, für eine Preistransparenz zwecks besserer Planbarkeit für kleine und mittlere Unternehmen zu sorgen.

„Notwendig ist zudem, Spielräume in Investitionen in Energieeffizienz zu schaffen. Krisenresilienz in Sachen Klima, Energie und Ressourcen ist nur im gesamtgesellschaftlichen Schulterschluss, bei dem wir unsere Wettbewerbsfähigkeit als Wirtschaftsstandort behalten, möglich“, appelliert Dr. Ludwig Veltmann, Hauptgeschäftsführer des MITTELSTANDSVERBUNDES.

Der Mittelstand bleibt aufgefordert, sich intensiv um Klima und Ressourceneffizienz zu kümmern. Hierzu bietet der DER MITTELSTANDSVERBUND im Rahmen des Projektes „Klimaverbund Mittelstand“ für die mittelständischen Unternehmen ein ambitioniertes Beratungsprogramm an. Dem liegt ein selbst konzipiertes Schulungskonzept zugrunde, das, ausgerichtet an den Bedürfnissen kleiner und mittlerer Unternehmen, junge Menschen zu „Klimaprofis“ qualifiziert. Mit fester Anstellung in Verbundgruppenzentralen werden diese zu einzigartigen Beschleunigern für Klimaschutz und ein effizientes Ressourcenmanagement in Unternehmen. Zugleich leisten sie damit einen Beitrag, die nationale Energiewende aus dem Mittelstand heraus maßgeschneidert voranzutreiben. 

Mit der speziellen modular aufgebauten Weiterbildung werden die „Klimaprofis“ in die Lage versetzt, Anschlussunternehmen bzw. Mitglieder von Verbundgruppen gezielt fachkundig zu beraten. Somit können Vorteile einer zügigen Verbesserung in den Bereichen Klimaschutz, Energieeffizienz sowie im Ressourcenmanagement vor Ort kompetent vermittelt und begleitet werden. Nach der ersten erfolgreichen Förder- und Pilotphase im Projekt „Klimaverbund Mittelstand“ 2020 konnten im Winterhalbjahr 2021 und Frühjahr 2022 bereits 40 Klimaprofis aus rund 25 Verbundgruppen heraus qualifiziert werden und stärken auch auf diesem Feld die Bindung in den jeweiligen Kooperationen. Wir laden Sie herzlich dazu ein, sich im Winter 2023 mit einer Mitarbeiterin bzw. einem Mitarbeiter an der nächsten Qualifizierungsrunde zu beteiligen und die Verbundgruppen „klimafit“ und krisenresilienter zu machen.

Weitsichtige UnternehmerInnen kennen und nutzen den Mehrwert eines „Klimaprofis“. Angebote hierzu finden Sie bei unserer Schwestergesellschaft ServiCon eG

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Ansprechpartner

Dr. Sabine Schäfer DER MITTELSTANDSVERBUND
Dr. Sabine Schäfer Projektleiterin Klimaverbund und Leiterin Klima, Energie und Ressourcen Mehr Infos
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