Verpackung im Fokus: DER MITTELSTANDSVERBUND schaut hinter die Kulissen

Verpackungen spielen für den effizienten Umgang mit Ressourcen eine wachsende Rolle. Art und Handhabe von Verpackungsmitteln sind für den Lebensmittel- und Konsumgüterhandel strategisch und ökonomisch von besonderer Relevanz. Folgerichtig das große Interesse am Kurzbriefing des MITTELSTANDSVERBUNDES am 5. März 2021 zur aktuellen Verpackungsgesetznovelle.

Berlin, 05.03.2021: Für die einstündige Online-Veranstaltung des Initiativkreises Ressourceneffizienz gaben zwei berufene Gastredner Einblicke in das inzwischen hochkomplexe Thema Verpackung. Frau Gunda Rachut, Vorständin der Stiftung Zentrale Stelle Verpackungsregister (ZSVR) und Dr. Matthias Klein vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) warfen zunächst ein Schlaglicht auf die Ziele der neuen gesetzlichen Regelungen und die damit verbundenen Herausforderungen für die Praxis. 

Der konkrete Anlass der Veranstaltung ist die zweite Novelle des Verpackungsgesetzes, das nach dem Kabinettsbeschluss vom 20. Januar 2021 zurzeit den Bundesrat passiert. Die dortigen Änderungsanträge der Ausschüsse deuten auf eine Verschärfung hin. Bei der Novelle geht es unter anderem um die Ausweitung der Pfandpflicht für ausnahmslos alle Einwegkunststoffgetränkeflaschen und Getränkedosen, um eine Erhöhung des Rezyklatanteils bei der Herstellung von PET-Getränkeflaschen sowie um ein verpflichtendes Mehrwegangebot für To-Go-Getränke und Speisen zum Mitnehmen zu erreichen. Ferner ist die Ausweitung der Registrierungspflicht für Verwender von Serviceverpackungen geplant.

Hersteller und Nutzer von Serviceverpackungen müssen sich ab dem 3. Juli 2021 im Zentralen Verpackungsregister registrieren. Bislang sind lediglich „Erstinverkehrbringer“ von Verpackungen zur „Systembeteiligung“ verpflichtet. Mit der Novelle des Verpackungsgesetzes wird dies Pflicht nun auch auf die Letztinverkehrbringer und damit die Händler ausgeweitet.

Frau Rachut ging auf die deutliche Kritik des MITTELSTANDSVERBUNDES über diesen Zusatzaufwand ein und warb um Verständnis: Die Registrierung der Letztvertreiber dient ihrer Behörde dazu, effektiver gegen Verstöße vorgehen zu können: „Wenn jemand angibt, dass er vorbeteiligt kauft, sehen wir sofort, wer keine Systembeteiligung hat“, so die Vorständin.

Gerade im Bereich Online, steht der Stiftung derzeit viel Arbeit bevor: Als einer der Hauptemittenten von Versandverpackungen müsse gewährleistet werden, dass Amazon und eBay keine Verpackungen von Herstellern anbieten, die sich nicht am Dualen System beteiligen und nicht im Register eingetragen sind.

Frau Rachut zeigte eine große Bereitschaft, Widersprüche zu thematisieren, gegen Ungerechtigkeiten im System vorzugehen und Herausforderungen zu benennen. Zugleich warb sie für ganzheitliche Lösungen, getreu dem Motto: „Reduce, Reuse, Recycle“. Hier sei die gesamte Wertschöpfungskette gefragt.

Auch für das sogenannte „Littering“ (die Vermüllung des öffentlichen Raumes durch achtloses Wegwerfen) sollten die Inverkehrbringer finanziell in die Verantwortung genommen werden. Der Eindruck, dass sich der Verpackungsmüll in den Straßen vermehrt, bestätigt Dr. Klein vom Bundesumweltministerium. Er geht davon aus, dass sich pandemiebedingt der Verpackungsverbrauch weiter erhöht, vorrangig durch erhöhtes Online-Kaufverhalten und erhöhte Nachfrage an To-Go-Verpackungen für Speisen und Getränke. 

Im Jahr 2018 fielen laut BMU in Deutschland 19 Mio. Tonnen Verpackungsmüll an, das sind  228 kg pro Person. Diese Zahl schließt die Verpackungen, die im Bereich Transport und Industrie anfallen, mit ein. Zieht man sie ab, fällt immer noch die Hälfte auf das private Kaufverhalten, also 114 kg Verpackungsmaterial im Schnitt pro Person. Die gute Nachricht: Die Recyclingquoten sind gestiegen.

Das politische Ziel der Bundesregierung ist dabei laut Dr. Klein klar: Bis 2029 sollen 90% aller Flaschen getrennt gesammelt werden. Dazu gehört die Ausweitung der Pfandpflicht. Darunter fallen ab 2021 alle Einwegkunststoffgetränkeflaschen. Allein für Milch und Milcherzeugnisse in Plastikflaschen gibt es wegen hygienischer Besonderheiten eine Übergangsfrist bis 2024. Auch für sämtliche Getränkedosen soll ab 2021 eine einheitliche Pfandpflicht gelten, um den Widerspruch aufzulösen, dass Limonade-Dosen bereits der Pfandpflicht unterliegen, Dosen mit alkoholischen Mischgetränken allerdings nicht.

Großes Thema für kleinere Unternehmen: Die verpflichtende Mehrwegvariante, die zum gleichen Preis oder, wie es heißt „nicht zu schlechteren Konditionen“ angeboten werden soll. Um die pandemiegeplagte Gastronomie nicht noch zusätzlich zu belasten, soll diese Neuerung erst 2023 in Kraft treten. Geplant ist es, Betriebe mit weniger als fünf Beschäftigen und einer Verkaufsfläche von weniger als 80 m2 von dieser Regelung auszunehmen. Kunden soll stattdessen die Möglichkeit geboten werden, selbst mitgebrachte Behälter befüllen zu lassen.

Um damit verbundene ganz praktische hygienische Fragen zu klären, werden im BMU zurzeit Vorgaben erarbeitet. Dazu gehört z.B., die Becher und Behältnisse der Kunden nicht hinter den Tresen zu nehmen und Tabletts zu benutzen. Die Verantwortung der Sauberkeit des Behältnisses liegt beim Kunden und darf nicht dem Anbieter in die Schuhe geschoben werden.  

Beim Angebot von Mehrwegalternativen ergeben sich ganz konkrete Frage nach Dienstleistern, die Getränkebecher und Mehrweggeschirr liefern und das Spülen übernehmen. Vorbilder, die die Logistik über eine App steuern, gibt es bereits. Hier sind Innovationen gefragt und es bieten sich Möglichkeiten für neue Geschäftsmodelle.

Mehrwegvarianten sind sicherlich sinnvoll, DER MITTELSTANDSVERBUND sieht nur die Schwierigkeit kleinerer Unternehmen, diese zum gleichen Preis anzubieten. „Schließlich besteht auch keine Verpflichtung, eine Bio-Gurke zum selben Preis anzubieten wie eine konventionelle“, merkte Dr. Ludwig Veltmann abschließend an. „Mit unserem ambitionierten Format haben wir heute versucht, den Kreis zu quadrieren und Sie dabei in einem sportlichen „Rundumschlag“ für das komplexe Thema zu sensibilisieren. Die Notwendigkeit von Verpackungsvermeidung und einer hohen Wiederverwertungsquote steht außer Frage – allerdings sieht sich DER MITTELSTANDSBERBUND in der Pflicht, auf ungeklärte Detailfragen und Widersprüchlichkeiten hinzuweisen. Ein großes Thema also, wenn es darum geht, gerechte Bedingungen für alle am Markt Beteiligen herzustellen“, beendete der Hauptgeschäftsführer des MITTELSTANDSVERBUNDES die Veranstaltung.

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