Verschärfung der Klimaziele unkalkulierbar für den Mittelstand

Mit dem Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Bundes-Klimaschutzgesetzes zieht die Bundesregierung die Konsequenzen aus dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichtes veröffentlicht am 29. April 2021. Das bislang für 2050 festgeschriebene Ziel der Treibhausgasneutralität wird damit um fünf Jahre vorgezogen – Fehlanzeige jedoch bei konkreten Maßnahmen und damit maximale Ungewissheit für Unternehmen.

Berlin, 12.05.2021 – Das im Dezember 2019 beschlossene Bundes-Klimaschutzgesetz verpflichtete dazu, die nationalen Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2030 um mindestens 55 Prozent gegenüber 1990 zu mindern und legt durch sogenannte Sektor bezogene Jahresemissionsmengen Reduktionspfade fest. Damit sollte ein Beitrag zur Erreichung des Klimaziels 2050 erbracht werden.

Das Bundesverfassungsgericht stellt in seinem Beschluss zur Verfassungsbeschwerde gegen dieses Gesetz fest, dass die nachfolgenden Generationen (Beschwerdeführenden) durch einzelne Regelungen in ihren Freiheitsrechten verletzt werden. Hintergrund ist, dass die darin enthaltenen Vorschriften hohe Emissionsminderungslasten unumkehrbar auf die Zeit nach 2030 verschieben.

Gleichzeitig gilt, dass das verfassungsrechtliche Klimaschutzziel des Art. 20 a
GG ausführt, den Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur entsprechend dem Übereinkommen von Paris auf deutlich unter 2 Grad und möglichst auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen. Um dieses Ziel zu erreichen, sieht das Bundesverfassungsgericht im vorliegenden Gesetzestext keinen ausgewogenen Fahrplan festgeschrieben, der die erforderlichen Minderungen gerecht verteilt und nicht unbestimmt auf die Zeit nach 2030 verlagert. Laut Beschluss hätte der Gesetzgeber Vorkehrungen treffen müssen, um diese hohen Lasten für spätere Generationen abzumildern. Deshalb seien die Vorgaben des Bundes-Klimaschutzgesetzes ab dem Jahr 2030 nicht ausreichend und der Gesetzgeber somit verpflichtet, die Fortschreibung der Minderungsziele für die Zeit nach 2030 bis Ende 2022 zu regeln.

Die Bundesregierung zieht mit dem Beschluss zur Novellierung des Bundes-Klimaschutzgesetzes die Konsequenzen. Im Wesentlichen ist vorgesehen

  • das Ziel der Treibhausgasneutralität um fünf Jahr von 2050 auf 2045 vorzuziehen,
  • die Ziele für die Sektoren Energie, Gebäude, Industrie, Verkehr, Landwirtschaft und Sonstige werden für das Jahr 2030 zu verschärfen,
  • das Minderungsziel 2030 insgesamt von bisher mindestens 55 Prozent auf 65 Prozent Minderung gegenüber 1990 anzuheben und die Sektoren übergreifenden Zielpfade für die Zeit zwischen 2030 und 2045 festzulegen.

DER MITTELSTANDSVERBUND kritisiert die erneut reine Fokussierung auf Ziele anstatt konkreter Maßnahmen.

„Anstelle eines Überbietungswettbewerbes innerhalb der Bundesregierung bei der Formulierung weiterer Zielmarken müsste gerade die Ausgestaltung sinn- und wirkungsvoller Umsetzungsmaßnahmen für den Mittelstand aufgezeigt werden. Völlig offen ist beispielsweise die Frage, woher die vielen Fachleute kommen sollen, die die ehrgeizigen Pläne in die Praxis bringen und gerade die mittelständischen Unternehmen auf diesen Pfad sicher begleiten können. DER MITTELSTANDSVERBUND hat mit Blick auf derartige Herausforderungen mit dem Projekt „Klimaverbund Mittelstand“ einen soliden und funktionieren Grundstein gelegt, der sukzessive weiter ausgebaut wird, um seine Mitgliedsunternehmen fit für die Zukunft zu machen und sie zugleich in den Stand zu versetzen, ihren Beitrag zu den ambitionierten Klimazielen überhaupt leisten zu können“, so Dr. Ludwig Veltmann, Hauptgeschäftsführer des MITTELSTANDSVERBUNDES.

Mit Blick auf die nationale Klimapolitik hat DER MITTELSTANDSVERBUND stets eine Planbarkeit und Verlässlichkeit für mittelständische Unternehmen eingefordert. Umso mehr irritiert, dass nun mehr kurzfristig eine weitreichende Verschärfung der klimapolitischen Vorgaben von der Bundesregierung auf den Weg gebracht wird, ohne diese mit greifbaren Maßnahmen zu unterlegen. Was nach mehr Ehrgeiz der Politik aussieht, ist bei näherem Hinsehen schlicht ein Kaschieren politischer Versäumnisse. Man legt die zum Erreichen der Klimaziele erforderlichen Maßnahmen nun vollständig in die Hände einer Folgebundesregierung. Dabei hätte die jetzige Koalition allein mit der Umsetzung des Entschließungsantrages des Gesetzgebers zum EEG 2021 bereits ein klares Signal auch für mehr Akzeptanz von Klimaschutz und Energiewende in die mittelständische Wirtschaft geben können. Die Abschaffung der EEG-Umlage ist zum Beispiel längst das Gebot der Stunde.

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Dr. Sabine Schäfer Projektleiterin Klimaverbund und Leiterin Klima, Energie und Ressourcen Mehr Infos
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