Wahlprogramm-Check: Klimapolitik

Die Bundestagswahl steht vor der Tür – DER MITTELSTANDSVERBUND durchleuchtet für Sie die Wahlprogramme mit Fokus auf den für Kooperationen und ihre Anschlusshäuser maßgeblichen Themen. In diesem Teil unserer Reihe „Wahlprogramm-Check“ geht es um das Thema Klimapolitik.

In unserer mehrwöchigen Beitragsreihe zur Bundestagswahl 2021 vergleichen und bewerten wir die Wahlprogramme der Parteien nach Themenschwerpunkten mit besonderer Relevanz für die mittelständischen Unternehmen. Dabei betrachten wir lediglich die Parteien, die nach gegenwärtigem Ermessen eine realistische Chance haben, an der kommenden Bundesregierung beteiligt zu sein. Damit möchten wir Ihnen einen kompakten und gleichzeitig fundierten Überblick zu den verschiedenen Wahlprogrammen und den dahinterstehenden Vorhaben der Parteien bieten.  

Berlin, 02.08.2021 - Wenige Politikbereiche entwickeln sich aktuell derart hochdynamisch. Festzuhalten bleibt, dass sich das Thema Klimaschutz in allen Wahlprogrammen wiederfindet – Methoden, Ansätze und Instrumente unterscheiden sich jedoch erheblich. Für mittelständische Unternehmen ist Planbarkeit und Verlässlichkeit entscheidend. Das heißt, es kommt nicht nur darauf an, Ziele zu formulieren, vielmehr müssen diese auch mit konkreten Instrumenten und Maßnahmen unterlegt werden. Die Wahlprogramme verlieren sich allerdings im Ungefähren auf der einen Seite oder überziehen mit unnötigen regulatorischen Vorgaben. Es bleibt daher abzuwarten und zu hoffen, dass eine künftige Bundesregierung in diesem Sinne ein ausgewogenes Maß findet, das dem Klimaschutz gerecht wird und dabei die Möglichkeiten, die unsere soziale Marktwirtschaft bietet, bestmöglich nutzt.

Hinweis: Das Erscheinungsdatum der Wahlprogramme einiger Parteien lag vor der Anpassung des nationalen Klimaschutzgesetzes nach dem entscheidenden Verfassungsgerichtsurteil. Es ist nunmehr vorgesehen, die bisherigen Klimaziele für 2030 zu verschärfen sowie das Ziel der Treibhausgasneutralität von 2050 auf 2045 vorzuziehen.

CDU/CSU

CDU und CSU fordern in ihrem Wahlprogramm ein „Modernisierungsjahrzehnt“. Die Notwendigkeit von Klimaschutz wird darin unterstrichen. Im Vordergrund stehen die Kräfte des Marktes, mit im Kern einer CO2-Bepreisung. Gefordert wird bezahlbarer Klimaschutz mit einem Emissionshandel als Schlüssel-, wenn auch nicht alleinigem Instrument. Zudem soll unter anderem die EEG-Umlage abgeschafft werden, mit in der Folge günstigeren Strompreisen. Neben der E-Mobilität werden auch synthetische Kraftstoffe explizit gewürdigt. Der Ausbau erneuerbarer Energien spielt im Programm der Union eine große Rolle und soll einhergehen mit einem Sonnenpaket, das den Ausbau der Photovoltaik voranbringt. Technologieoffenheit wird zur Erreichung der Klimaziele Vorrang gegeben. 

Die Union nimmt mit ihrem Wahlprogramm ohne Zweifel, die Herausforderung an, die der Klimawandel stellt. Nach 16 Jahren in Regierungsverantwortung ist damit eine Kurskorrektur angekündigt. Wie die unter ökonomischen Blick durchaus positiven Ansätze umgesetzt werden, wird letztendlich auch von der künftigen Koalition abhängen.

SPD

Das Wahlprogramm der SPD „DAS ZUKUNFTSPROGRAMM - Wofür wir stehen. Was uns antreibt. Wonach wir streben.“ greift das mittlerweile mit dem Klimaschutzgesetz festgeschriebene Ziel eines klimaneutralen Deutschlands bis spätestens im Jahr 2050 auf. Das hohe Investitionsniveau des Bundes mit mindestens 50 Milliarden Euro pro Jahr soll weiter fortgesetzt werden und zudem dazu beitragen, dass sich alle staatlichen Ebenen mit großer Investitionskraft an diesem Wandel beteiligen. Das Ziel ist, private Kapitalflüsse in den Auf- und Ausbau nachhaltiger Wirtschaftsstrukturen zu lenken. Zu begrüßen ist dabei das beschleunigte Tempo beim Ausbau u.a. von Ladesäulen für Elektroautos, diese muss dem Bedarf vorausgehen. Auch legt die SPD großen Wert auf den Markthochlauf von Wasserstofftechnologien, wobei dieser primär in den Bereichen eingesetzt werden soll, in denen es keine sinnvollen Dekarbonisierungsalternativen gibt (Stahl- und Chemieindustrie sowie Luft- und Seeverkehr). Erfreulich ist, dass, um den Einsatz erneuerbarer Energien im Verkehr und der Gebäudewärme zu unterstützen („Sektorenkopplung“), die EEG-Umlage in der bestehenden Form bis 2025 abgeschafft und aus dem Bundeshaushalt finanziert werden soll. Mit dieser längst überfälligen Maßnahme soll auch ein Beitrag zur sozial gerechten Finanzierung der Energiewende geleistet werden, da so eine deutliche Absenkung der Stromrechnung erzielt werden könnte.

FDP

„Nie gab es mehr zu tun“ und „Klimawandel bewältigen wir mit German Mut, nicht mit German Angst.“ So die übergeordnete Zielformulierung des FDP-Wahlprogramms. Unter dieser Überschrift setzt sich die FDP für eine schnellstmögliche Ausweitung des europäischen Emissionshandels (EU-ETS) für alle Sektoren ein, auch für Gebäude und Verkehr, verbunden mit einem strikten CO2-Limit, wobei die Maßnahmen zur Minderung vorrangig dem Markt überlassen werden sollen. Es ist geplant, über eine Klimadividende die Einnahmen aus den CO2-Preisen wieder an die Bürgerinnen und Bürger auszuschütten. Gleichzeitig wird avisiert, Unternehmen durch einen angemessenen Carbon Leakage-Schutz vor Verzerrungen im internationalen Wettbewerb zu schützen. Einerseits wird mit diesem marktwirtschaftlichen Ansatz eine gute ökonomische Lösung gefunden, also dort gemindert, wo es zunächst am günstigsten scheint, gleichzeitig sind damit aber deutlich höhere Belastungen für die Nutzung fossiler Brenn- und Kraftstoffe verbunden. Gerade auf mietende Unternehmen kämen mit diesem Instrument erhebliche zusätzliche Belastungen zu, ohne selbst Einfluss auf Energieeffizienzmaßnahmen nehmen zu können.

Die Grünen / Bündnis 90

„Deutschland. Alles ist drin.“ Mit Selbstbewusstsein starten Die Grünen/Bündnis 90 in den Bundestagswahlkampf 2021 und legen mit einem über zweihundert Seiten umfassenden Wahlprogramm ein Konzept mit starkem Gewicht im Bereich Klima vor. Das Programm ordnet alle Lebensbereiche um den Nukleus Klimapolitik: Internationale und nationale Klima- und Umweltschutzpolitik, Industrie- und Wirtschaftspolitik, Mobilität/Verkehr, Landwirtschaft/ Biodiversität/ Naturschutz, Abfall/Ressourcen/Wasser sowie Innovationsförderung, Digitalisierung, Kultur, Grüne Finanzmärkte und Tourismus. Ausgesprochen wird ein klares Bekenntnis zu Europa und dem „Green Deal“. Im Energie- und Industriesektor ist ein gestärkter und funktionierender Emissionshandel der Schlüssel zur Dekarbonisierung. Geplant wird in diesem Programm durchweg ambitioniert: Einführung eines „Klimaschutz-Sofortprogrammes“ und die Anhebung des Klimaziels für 2030 um fünf Prozentpunkte von 65 Prozent auf 70 Prozent. Der im Januar eingeführte CO2-Preis für Verkehr und Wärme soll 2023 bereits 60 Euro (derzeit 25 Euro) pro Tonne betragen und als Energiegeld an alle Bürgerinnen und Bürger zurückfließen. Das Wahlprogramm der Grünen/ Bündnis 90 stellt zwar ein unstreitig bedeutendes Thema, den Klimaschutz, in seinen Mittelpunkt, setzt jedoch dabei ein starkes Gewicht auf Vorgaben, Maßgaben und Ordnungsrecht. Aus Sicht des Mittelstandes sollte der Fokus deutlich stärker auf bewährte ökonomische Anreize einer funktionierenden sozialen Marktwirtschaft gesetzt werden. 

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Dr. Sabine Schäfer Projektleiterin Klimaverbund und Leiterin Klima, Energie und Ressourcen Mehr Infos
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