Wirtschaftlicher Abwehrschirm: Bundesregierung zeigt Entschlossenheit, praktische Ausgestaltung von Energiepreisbremse und Zeitrahmen bleiben aber im Ungefähren

Mit einem sogenannten „Wirtschaftlichen Abwehrschirm“ und der Bereitstellung von 200 Mrd. Euro will die Bundesregierung die Energiekrise abmildern. Der bereits bestehende Wirtschaftsstabilisierungsfonds erhält dafür umfangreiche Kreditermächtigungen, was die Einhaltung der Schuldenbremse formal ermöglichen soll. Zur Entlastung bei den Energiekosten sollen eine Strom- sowie Gaspreisbremse dienen. DER MITTELSTANDSVERBUND mahnt angesichts der bedrohlichen Lage für viele Unternehmen Konkretisierung, Verzicht auf unnötige Bürokratie und vor allem Tempo an.

Deutscher Bundestag, BerlinBerlin, 30.09.2022 – Am 29. September hat die Bundesregierung einen sogenannten „Wirtschaftlichen Abwehrschirm gegen die Folgen des russischen Angriffskrieges“ vorgestellt. Kernelement dieser politischen Einigung der Bundesregierung ist die Ausweitung des bereits im Zuge der Corona-Krise eingerichteten Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF). Dieser soll umfangreiche Kreditermächtigungen erhalten und der Finanzierung von Maßnahmen zur Abfederung der Folgen der gegenwärtigen Energiekrise dienen, angeblich ohne die Schuldenbremse aufgeben zu müssen. Hierbei richtet sie einen dringenden Appell an Unternehmen und private Haushalte, ihren Energieverbrauch zu senken.

Insgesamt enthält das zeitgleich veröffentlichte Papier eine Reihe von mittelfristig angelegten Maßnahmen. Entscheidend ist, in welcher Form und bis wann hierzu Details feststehen:

  • Erhöhung des Energieangebots für Strom und Gas und die Senkung des Verbrauchs: u.a. durch den bereits begonnenen Aufbau von Terminals für den Import verflüssigten Erdgases und den Weiterbetrieb einzelner Atomkraftwerke bis Frühjahr 2023.
  • Einführung einer Strompreisbremse für private Haushalte und Unternehmen: Für Verbraucherinnen und Verbraucher sowie kleine und mittlere Unternehmen soll ein sogenannter Basisverbrauch subventioniert werden (Basispreis-Kontingent). Für den darüberhinausgehenden Verbrauch würde weiterhin der jeweils aktuelle Marktpreis angelegt. Diese soll u.a. durch die Abschöpfung von „Zufallsgewinnen“ bei Energielieferanten finanziert werden.
  • Einführung einer Gaspreisbremse für private Haushalte und Unternehmen: Erklärtes Ziel ist, vor finanzieller Überforderung zu schützen und die Preise für einen Teil des Verbrauchs zu begrenzen. Dabei sollen Anreize zur Reduktion des Gasverbrauchs erhalten bleiben. Vorschläge für die Ausgestaltung sollen in Kürze von einer „ExpertInnen-Kommission Gas und Wärme“ vorgelegt werden.
  • Reduzierung Umsatzsteuer Gas: Von einer Gasumlage wird abgesehen. Die Umsatzsteuer auf Gas soll gleichwohl bis zum Frühjahr 2024 auf den reduzierten Satz von 7 Prozent gesenkt werden. Dies gilt auch für Fernwärme.
  • EU-Solidarabgabe für Unternehmen im Energiebereich: Es soll eine Solidarabgabe für Unternehmen im Erdöl-, Erdgas-, Kohle- und Raffineriebereich eingeführt werden.
  • Reaktivierung des Wirtschaftsstabilisierungsfonds: Zur Finanzierung der Gaspreisbremse, zur Sicherung von Liquidität und Zuschüssen für die Strompreisbremse, der Finanzierung weiterer Stützungsmaßnahmen für aufgrund des Krieges in Schwierigkeiten geratene Unternehmen sowie Ersatzbeschaffungskosten von in Schwierigkeiten geratene und für die Marktstabilität relevanter Gasimporteure soll der WSF im Jahr 2022 mit zusätzlichen Kreditermächtigungen in Höhe von 200 Mrd. Euro ausgestattet werden. Das bisherige Energiekostendämpfungsprogramm und das KMU-Programm sollen in diesen Maßnahmen aufgehen.
  • Vermeidung unverhältnismäßiger Bürokratie: Erklärtes Ziel der Bundesregierung ist, dass die Wirtschaft während der Krise – auch auf EU-Ebene – nicht durch unverhältnismäßige zusätzliche Bürokratielasten beeinträchtigt wird (Belastungsmoratorium).

DER MITTELSTANDSVERBUND begrüßt, dass die Bundesregierung den Ernst der wirtschaftlichen Lage erkannt hat: Mittelständische Unternehmen leiden massiv unter den massiv steigenden Energiepreisen. Eine finanzielle Unterstützung zur Sicherung des Geschäftsbetriebs ist daher überfällig. Allerdings kommt es jetzt darauf an, die geplante Strom- und Gaspreisbremse zu konkretisieren und sich nicht für einen pauschalen und undifferenzierten Ansatz zu entscheiden. Zudem sollten aus Sicht des MITTELSTANDSVERBUNDES konkrete Anreize zur Energieeinsparung oder für Investitionen in Energieeffizienz gesetzt werden. Die Bundesregierung muss sicherstellen, dass vor allem die Verbraucherinnen und Verbraucher, die durch besonders hohe Energiekostensteigerungen am stärksten belastet sind, hinreichend unterstützt werden. Dies gilt umso mehr vor dem Hintergrund der enormen Kreditermächtigungen des WSF, die – selbst bei formaler Einhaltung der Schuldenbremse – die öffentlichen Haushalte und damit auch die Steuerpflichten sehr lange belasten dürften. Ein Modell, das die individuellen Kostensteigerungen im Verhältnis zum Umsatz zur Grundlage hat, sowie die notwendigen Einspar- und Investitionsanreize setzt, hatte DER MITTELSTANDSVERBUND bereits im August vorgeschlagen.

Begrüßenswert ist vor allem auch, dass sich die Bundesregierung zu einem Belastungsmoratorium für unverhältnismäßige Bürokratie bekennt. Beherzter Bürokratieabbau sowie der Verzicht auf zusätzliche Pflichten können gerade jetzt für die Unternehmen im Mittelstand eine echte Entlastung bedeuten. DER MITTELSTANDSVERBUND wird den Prozess intensiv begleiten und auf die Einhaltung des Belastungsmoratoriums drängen.

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