Zwischenruf: Testen - da geht noch was!

Die aktuelle Befassung mit der Corona-Krise bindet nicht nur Ressourcen in der Medizin, der Pflege und deren jeweiligem Umfeld bis zur Belastungsgrenze, sondern auch in der Politik und in der Wirtschaft - doch die Ergebnisse der vereinten Kräfte reichen nicht!

Zugleich wird nach einer Vereinbarkeit von gesundheits- und wirtschaftspolitischen Anliegen gesucht. Ein Impfstoff soll es richten. Doch so sehr man sich auch an ihn klammert und große Hoffnungen darauf setzt, so wenig lassen sich kurzfristig Wunder erwarten. Das Erreichen einer sogenannten Herdenimmunität wird im Lichte von verfügbaren Mengen an Impfdosen, logistischer Herausforderungen, personeller Ressourcen und erklärten Impfgegnern ein steiniger und langer Weg. Es fehlt aber offenbar an darüber hinaus gehenden mittel- und langfristigen zuende gedachten strategischen Konzepten. Stattdessen werden Maßnahmen „auf Sicht“ beschlossen, nachgebessert, gelockert, verschärft und dann in föderaler Vielfalt den Bürgern und Unternehmen präsentiert. 

Dabei haben einige Landkreise durchaus vielversprechende Ansätze gefunden, denen man nacheifern könnte. Zum Beispiel beim konsequenten Einsatz von Antigen-Schnelltests in Kombination mit vorbeugenden Schutzmaßnahmen. Von politischer Seite wird dem die mangelnde Verfügbarkeit solcher Schnelltests entgegengehalten. Dies mag auch zutreffen, allerdings ruft das wiederum die Frage auf den Plan, warum deren Produktion nicht stärker gefördert werden kann, einhergehend mit qualifizierter Schulung der Anwender und schärferen Quarantäneregeln? Denn jede auf diese Weise mögliche Entdeckung eines symptomfreien Viren-Trägers wäre doch ein kleiner aber höchst effizienter Beitrag zu einem großen Befreiungsschlag. Für eine solche Überlegung muss man kein Virologe sein, rein statistisch verspricht diese Methode schnelleren Erfolg neben allen anderen Bemühungen. Dies in Kombination mit einer Fokussierung auf Risikogruppen, wie etwa die in Tübingen bewährten Seniorentaxis und bestimmte Öffnungsfenster von Lebensmittelmärkten für Senioren wäre doch flächendeckend ein Segen.

Mit entschlossener Erweiterung des Testens nicht nur im Gesundheitssektor und in der Altenpflege, sondern insbesondere auch in Kitas, Schulen, Universitäten und Ausbildungsstätten, bei Messen, bei Unternehmensveranstaltungen, zu privaten Festen, bei Bestattungen und bei religiösen Zeremonien, bei Kulturveranstaltungen und bei Hotel- und Restaurantbesuchen könnte eine weitreichende Normalisierung des Lebens in relativ kurzer Zeit mit großer Wahrscheinlichkeit wieder gewährleistet sein. Freilich müsste nicht nur die positiv getestete Person in Quarantäne, sondern alle Angehörigen dessen Haushalt, deren Kontakte unverzüglich natürlich nachzuverfolgen wären.

Da die Nachverfolgbarkeit des Infektionsgeschehens derzeit mit individuellen Telefonaten durch die Gesundheitsbehörden an zu enge Grenzen stößt, bedarf es auch hier eines Systemwandels. Unter konsequenter Nutzung der digitalen Möglichkeiten sollte sich die Verbreitung des Virus genau verfolgen lassen. Hierzu müssen Datenschutzregeln überdacht werden. Es drängt sich die Frage auf, ob es ethisch wirklich noch länger vertretbar ist, gesundheitspolitische Ziele in einer solchen Krise der informationellen Selbstbestimmung mit Vehemenz unterzuordnen. Zumindest temporär scheint eine Lockerung bis zum Erreichen einer Untergrenze von Inzidenzwerten geboten, wollen wir einem gesundheitlichen und in dessen Folge auch einem wirtschaftlichen Fiasko entgehen.

Bei aller Kraft und Kreativität, die den Mittelstand auszeichnet und mit der er die Volkswirtschaft in der Vergangenheit als Stabilitätsanker schon durch manche Krise gebracht hat, liegt nun die Ungewissheit über das künftige Infektionsgeschehen wie Mehltau auf dem Unternehmergeist. Das lähmt ihn, was sich nach aktuellen Umfragen an der extrem niedrigen Investitionsbereitschaft ablesen lässt.

Was sich in der Wirtschaft ansonsten an riskanten Entwicklungen abzeichnet, lässt sich mit den vielfältigen Ausgleichszahlungen, sei es nun in Form von Fixkosten- oder Umsatzausfallerstattungen oder günstigen Krediten nicht erschöpfend abfangen. Weit wichtiger ist es, Vertrauen und Zuversicht wieder zu stärken. Unternehmer entscheiden freilich immer bei ungewisser Zukunftslage, aber für gewöhnlich sind Risiken doch kalkulierbar. Aktuell ist das anders. Denn die Wurzel des Übels ist nun mal ein Virus, das in keine Regeln zu passen scheint und sich unaufhaltsam weiterverbreitet.  Und niemand kann genau sagen, wo es sich aufhält. So ist bei ¾ aller Infektionen die Quelle aktuell nicht bestimmbar. Deshalb müssen sich nun endlich alle Augen auf eine bessere Lokalisierung richten. Und das heißt nun mal testen, testen, testen sowie einem konsequenten Erfassen und Auswerten der Ergebnisse. Damit es 2021 wieder aufwärts geht, sollte gerade dies ganz vorn auf der politischen Agenda stehen.

Dr. Ludwig Veltmann

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