A1-Bescheinigung bei Auslandsdienstreisen

In den letzten Wochen haben den MITTELSTANDSVERBUND vermehrt Anfragen zum Thema A1-Bescheinigungen bei Auslandsdienstreisen erreicht. Wir nehmen dies zum Anlass, den aktuellen Stand zusammenzufassen.

Berlin, 15.03.2019 - Die Mitführung einer A1-Bescheinigung bei einer kurzen Dienstreise ist ein bürokratisches Verfahren, das Entsendungen ins Ausland für die deutsche Wirtschaft unnötigerweise erschwert. Aus Gründen der Rechtssicherheit ist es dennoch angezeigt, dass Beschäftigte auch bei kurzen Dienstreisen eine A1-Bescheinigung bei sich führen oder diese zumindest vor Reiseantritt beantragen und einen Nachweis darüber bei sich führen.

Rechtslage seit 2010

Jeder Beschäftigte ist seit dem 1. Mai 2010 verpflichtet, eine sogenannte A1-Bescheinigung bei sich zu führen. Die Verordnungen 883/2004 und 987/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates gelten seit Mai 2010 und koordinieren die Sozialversicherungssysteme der Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Die A1- Bescheinigung findet ihre Rechtsgrundlage in Art. 19 Abs. 2 Verordnung 987/2009.

Zum 1. Januar 2019 sollte eigentlich das Antrags- und Bescheinigungsverfahren zur Ausstellung einer A1-Bescheinigung in Deutschland für Arbeitgeber nur noch in elektronischer Form möglich sein. Arbeitgeber sollten die A1-Bescheinigung frühestmöglich vor Beginn der Auslandsdienstreise beantragen. Diese dient als Nachweis, dass der Beschäftigte dem Sozialversicherungsrecht seines Heimatlandes unterliegt und bindet insoweit auch die ausländischen Sozialversicherungsbehörden.

Mit der Einführung arbeitsrechtlicher Registrierungspflichten für Entsendungen im Zuge der Umsetzung der Richtlinie 2014/67/EU (Durchsetzungsrichtlinie) ist das Thema internationale Mitarbeitermobilität komplexer geworden. Arbeitgeber müssen sicherstellen, dass die Einsätze ihrer Beschäftigten im europäischen Ausland rechtzeitig angemeldet werden. Die Anmeldeverfahren liegen ausschließlich in den Händen der Zielstaaten der Entsendung. Selbes gilt für Sanktionen bei möglichen Verstößen.

Die A1-Bescheinigung wird jeweils für die konkrete Entsendung (zeitlich befristeter Einsatz im Ausland - kann auch nur ein Tag sein) ausgestellt. Der Begriff der Entsendung wird in Art. 12 der Verordnung 883/2004 definiert.

In der Vergangenheit wurde vom Bundesarbeitsministerium regelmäßig darauf hingewiesen, dass bei Entsendungen von bis zu einer Woche auf eine Beantragung der A1-Bescheinigung unter Umständen verzichtet und diese im Bedarfsfall nachgeholt werden kann. Diese Empfehlung wird inzwischen nicht mehr gegeben, auch wenn gemäß Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) die Bescheinigung Rückwirkung entfaltet. Hintergrund ist, dass Verstöße gegen die Mitführungspflicht in einzelnen Staaten sanktioniert werden können - unabhängig von der sozialversicherungsrechtlichen Regelung.

Ausstellung in elektronischer Form

Zum 1. Januar 2019 sollte eigentlich das Antrags- und Bescheinigungsverfahren zur Ausstellung einer A1-Bescheinigung in Deutschland für Arbeitgeber nur noch in elektronischer Form möglich sein. Das Verfahren wird nach § 106 SGB IV mittels systemgeprüfter Abrechnungsprogramme oder einer maschinellen Ausfüllhilfe durchgeführt und kann somit unmittelbar in die Entgeltabrechnungssysteme eingebunden werden.

Aufgrund technischer und organisatorischer Schwierigkeiten haben sich die Spitzenorganisationen der Sozialversicherung darauf verständigt, dass Arbeitgeber bis zum 30. Juni 2019 weiterhin Papieranträge verwenden können.

Die Anträge sind bei gesetzlich Krankenversicherten bei der jeweiligen Krankenkasse zu stellen. Für privat Versicherte ist die Deutsche Rentenversicherung zuständig.

Das elektronische Verfahren darf nur für eine Entsendung von Arbeitnehmern in der Privatwirtschaft und des öffentlichen Dienstes in einen Mitgliedstaat der Europäischen Union, Island, Liechtenstein, Norwegen oder in die Schweiz genutzt werden.

Anträge für folgende Personen oder für Entsendungen in andere Länder sind nicht im elektronischen Verfahren zu stellen:

  • Selbständige,
  • (Beamte,)
  • Personen, die gewöhnlich in mehreren Mitgliedstaaten tätig sind (sogen. Mehrfacherwerbstätige) und
  • Grenzgänger, die im Beschäftigungsstaat versichert sind.

In diesen Fällen verwenden Sie bitte – soweit eine Entsendung zulässig ist – wie bisher die Formanträge und senden diese direkt an den zuständigen Träger.

Revision der Verordnung 883/2004

Die EU-Kommission hat 2016 einen Vorschlag zur Änderung der Verordnung 883/2004 vorgelegt.

Im Bericht des Beschäftigungsausschusses des Europäischen Parlaments zur Revision wurde beschlossen, dass bei Dienstreisen keine A1- Bescheinigungen notwendig sein sollen. Es soll ausreichen, lediglich den Sozialversicherungsträger des Entsendelandes (Herkunftsland) zu benachrichtigen (wie dies tatsächlich geschehen soll, ist noch nicht klar).

Ausdrücklich nicht umfasst sind jedoch Fälle, in denen im Rahmen der Dienstreise Dienstleistungen im Empfängerland erbracht werden sollen.

Zur Revision der Verordnung 883/2004 laufen derzeit interinstitutionelle Verhandlungen zwischen der EU-Kommission, dem Rat und dem Europäischen Parlament.

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