Betriebsrentenreform: Das ändert sich

Die Reform der Betriebsrente ist beschlossen. Demnach soll die Tarifrente als reine Beitragszusage ohne Haftung des Arbeitgebers eingeführt werden und Geringverdiener zu mehr Altersvorsorge motivieren. DER MITTELSTANDSVERBUND informiert.

Berlin, 02.06.2017 - Nach der überraschenden Einigung letzte Woche im Bundestag haben CDU/CSU und SPD am Montag ihren gemeinsamen Entwurf für das Betriebsrentenstärkungsgesetz (BRSG) der Presse vorgestellt. Nach einer Sitzung des Bundestagsausschuss für Arbeit und Soziales am 31. Mai wurde der Gesetzesentwurf am 1. Juni in zweiter und dritter Lesung im Bundestag beschlossen. Der Bundesrat soll sich am 7. Juli damit befassen. Das Gesetz soll 2018 in Kraft treten.

DER MITTELSTANDSVERBUND begrüßt im Grundsatz die Einigung als wichtiges Signal zur Stärkung der betrieblichen Altersvorsorge. Jedoch wurde die Chance verpasst, die bAV deutlich und gerade für kleinere Unternehmen erkennbar wirklich einfacher, verständlicher und damit attraktiver zu machen.

In einigen Punkten wurde das Gesetz im Vergleich zu vorherigen Entwurfsständen verändert. Es umfasst nun folgendes Maßnahmenpaket zur Stärkung der betrieblichen Altersversorgung:

Neu: reine Beitragszusage auf tariflicher Grundlage

Die Sozialpartner dürfen künftig auf tariflicher Grundlage reine Beitragszusagen einführen. Erstmals ist damit eine Betriebsrente möglich, für deren dauerhaftes Leistungsniveau der Arbeitgeber nicht haften muss. Er steht allein für die sogenannte Zielrente, eine vorab definierte Betriebsrente entsprechend der eingebrachten Beiträge ein, nicht für deren Rendite.

Die Einführung der reinen Beitragszusage ist eine große Chance, die betriebliche Altersvorsorge weiter zu verbreiten. Es ist zu hoffen, dass sie trotz der im folgenden ausgeführten zahlreichen gesetzlichen Vorgaben von der Praxis genutzt wird.

Arbeitgeberzuschuss zur Entgeltumwandlung

Bei Entgeltumwandlung eingesparte Arbeitgeberbeiträge sollen generell - und nicht nur bei den neu einzuführenden reinen Beitragszusagen - als Zuschuss an die Beschäftigten weitergegeben werden. Dieser Zuschuss liegt bei 15 % der Entgeltumwandlungssumme. Für Neuzugänge soll diese Regelung bereits ab 2018 gelten, für den Bestand ab 2022. Von dieser Regelung darf jedoch tarifvertraglich abgewichen werden.

Für Unternehmen, die die Tarifverträge der Verbundgruppen anwenden, bringt dies weder eine Verschlechterung noch Änderungsbedarf. Dort ist bereits eine Weitergabe der ersparten Sozialversicherungsbeiträge in dieser Höhe vereinbart.

opting out im Sozialpartnermodell

Durch Tarifvertrag dürfen künftig Modelle der automatischen Entgeltumwandlung geregelt werden („Opting-out“). Das heißt, dass der Arbeitnehmer die Entgeltumwandlung nicht aktiv veranlassen muss, sondern dass sie automatisch vorgenommen wird, sofern er nicht widerspricht.

Auch nicht tarifgebundene Arbeitgeber und deren Beschäftigte können vereinbaren, dass die einschlägigen Tarifverträge auch für sie gelten sollen. Ihnen darf der Zugang zu den neuen Versorgungseinrichtungen nicht verwehrt oder durch sachlich unbegründete Sonderkonditionen erschwert werden.

Bestehende Betriebsrentensysteme sollen von den Tarifparteien im Rahmen der neuen Betriebsrente angemessen berücksichtigt werden.

BaFin überwacht neue Betriebsrente

Die finanzaufsichtsrechtlichen Vorgaben an die Zielrente werden ergänzt, in dem den Versorgungseinrichtungen eine höhere (Kapital-)Pufferbildungvorgeschrieben wird. Damit soll die Wahrscheinlichkeit von Betriebsrentensenkungen weiter minimiert werden. Überwacht wird dies von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht

Daneben ist es Sache der Sozialpartner, zusammen mit den Versorgungseinrichtungen möglichst effiziente und sichere Betriebsrentensysteme einzuführen.

steuerliche Förderung für Geringverdiener

Für Arbeitnehmer mit einem Einkommen von max. 2.200 EUR pro Monat wird ein neues spezifisches Steuer-Fördermodell für zusätzliche Beiträge des Arbeitgebers in eine bAV eingeführt. Der Förderbetrag liegt bei 30 Prozent und wird mit der vom Arbeitgeber abzuführenden Lohnsteuer verrechnet. Für Beiträge von mindestens 240 bis 480 Euro im Kalenderjahr beträgt der Förderbetrag somit 72 bis maximal 144 Euro.

steuerliche Freibeträge steigen

Der steuerfreie Dotierungsrahmen für Zahlungen an Pensionskassen, Pensionsfonds oder Direktversicherungen wird auf 8 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze (ca. 6.000 Euro im Jahr) erhöht. Dies soll alle Formen der bAV stärken.

Für die Beitragsfreiheit zur Sozialversicherung bleibt es jedoch bei 4 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze.

Riesterförderung wird verbessert

Die Riester-Grundzulage soll nicht nur auf 165 Euro, sondern auf 175 Euro angehoben werden. Derzeit liegt sie bei 154 Euro. Dem Fiskus entstehen hier zusätzliche Kosten von 50 Mio. Euro. Zudem wird die Doppelverbeitragung in der Krankenversicherung bei über den Arbeitgeber organisierten Riester-Renten beseitigt. Die Besteuerung von Abfindungen bei Kleinbetragsrenten soll einfacher werden, ebenso das Zulageverfahren bei der ZfA (Zentrale Zulagenstelle für Altersvermögen).

Freibeträge bei der Grundsicherung

Bislang werden eigene Vorsorgeleistungen auf die Grundsicherung im Alter voll angerechnet - das machte eine Vorsorge für viele Menschen mit unterbrochenen Erwerbsbiografien der geringen Verdiensten sehr unattraktiv. Künftig sollen bis zu rund 200 Euro anrechnungsfrei bleiben, wobei der anrechnungsfreie Maximalbetrag dynamisiert an die Entwicklung der Regelsätze gekoppelt ist. Das gilt für Betriebs-, Riester und sonstige freiwillige Zusatzrenten.

keine Verbesserungen bei Direktzusagen und Unterstützungskassen

Leider soll es für Betriebe, die ihren Arbeitnehmern betriebliche Altersvorsorge über Direktzusagen oder Unterstützungskassen ermöglichen, keine Verbesserungen geben. Neben der fehlenden Einbeziehung dieser Betriebe bei der neuen Geringverdienerförderung ist besonders bedauerlich, dass der Gesetzgeber ihnen weiterhin die volle steuerliche Anerkennung ihrer Betriebsrentenverpflichtungen verweigert.

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