Existenzförderung neu denken

Die Zahl der Unternehmensgründungen sinkt seit Jahren – in einem aktuellen Positionspapier spricht sich DER MITTELSTANDSVERBUND gemeinsam mit drei anderen Spitzenverbänden für eine Neuausrichtung der Gründungsförderung in Deutschland aus, um so die ersten Schritte ins Unternehmertum sicherer und attraktiver zu gestalten.

Berlin, 02.11.2017 – Die Neuausrichtung der Gründungsförderung soll bundesweit ausgestaltet sein, über ein unterstützendes erstes Jahr hinausgehen und ein tatsächliches Umdenken in der Förderpolitik beweisen.In diesem Zusammenhang werden die in Nordrhein-Westfalen geplanten Aktivitäten – etwa ein „bürokratiefreies erstes Jahr“ – als sehr bedenkenswert erachtet.

In einem aktuellen Positionspapier spricht sich DER MITTELSTANDSVERBUND gemeinsam drei anderen Spitzenverbänden für eine Neuausrichtung der Gründungsförderung in Deutschland aus.Fakt ist, dass immer weniger Menschen sich selbständig machen. Zwar hatte die Große Koalition der vergangenen Wahlperiode eine Verbesserung des Gründungsklimas versprochen – dennoch sinken die Zahlen der gewerblichen Gründungen seit Jahren:

  • Das Interesse an der Gründung eines eigenen Unternehmens ist erneut auf ein historisches Tief gesunken. Die Industrie- und Handelskammern (IHKs) verzeichneten im Jahr 2016 knapp sieben Prozent weniger Gespräche mit Personen, die ein Unternehmen in der Industrie, dem Handel oder den Dienstleistungsbranchen gründen wollten. Damit ist zum sechsten Mal in Folge ein Negativrekord in der seit 2002 bestehenden IHK-Gründungsstatistik erreicht. Im Jahr 2016 führten die IHKs 191.940 Einstiegs- und Beratungsgespräche, 2002 waren es noch 351.3625.
  • Im Jahr 2016 gab es laut Institut für Mittelstandsforschung (IfM) Bonn rund 282.000 gewerbliche Gründungen – rund 16.200 beziehungsweise 5,4 Prozent weniger als im Vorjahr. Dies stellt den sechsten Rückgang seit 2011 in Folge dar.
  • Die neu gegründeten Kleinunternehmen gingen weiter auf nunmehr eine Zahl von 178.400 zurück.
  • Die Anzahl der Gewerbeabmeldungen sank auf circa 651.000, wobei hierunter auch Betriebsübergaben, Umwandlungen und Fortzüge zu fassen sind.

Dies hat zum Teil mit der Umgestaltung des „Gründungszuschusses“ zu tun. Mit diesem Instrument der Arbeitsförderung sollten seit den Hartz-Reformen Gründungen aus der Arbeitslosigkeit heraus ermöglicht werden, indem die anfänglichen finanziellen Engpässe der Gründer, für den eigenen Lebensunterhalt Sorge zu tragen, überbrückt werden. Durch die Umwandlung der Leistung in eine Ermessensleistung lehnt die Bundesagentur für Arbeit Anträge seit dem Jahr 2012 regelmäßig ab. Dies führte zu einem deutlichen Rückgang der Bewilligungen.

Im Jahr 2016 wurden 79 Prozent weniger Gründer gefördert als im Jahr 2011, in dem es noch einen Rechtsanspruch auf einen Gründungszuschuss gab. Damit wurden zwar einerseits vorhandene Mitnahmeeffekte verringert, andererseits wurden auch echte Chancengründungen mindestens erschwert. In der aktuellen Arbeitsmarktsituation sind jedoch massenhafte Mitnahmeeffekte durch Notgründungen nicht zu befürchten. Vielmehr sollte den Gründungswilligen eine echte Chance gegeben werden, sich nicht nur als Arbeitnehmer sondern auch als Unternehmer in die Erwerbstätigkeit einzubringen.

Gründungsförderung auf drei Säulen

Gründungsförderung sollte daher von der staatlichen Seite anders gedacht werden. Die Verbände schlagen in Ihrem gemeinsamen Positionspapier vor, die Gründungsförderung in Deutschland auf drei Säulen zu stellen – zwei bewährte und eine umgestaltete:

  • Säule 1: ERP-Gründerkredit

Die KfW Bankengruppe fördert mit Unterstützung des ERP- Sondervermögens – ein vom Bund verwaltetes Sondervermögen aus dem European Recovery Program – Existenzgründer, Freiberufler sowie Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft bei der Finanzierung von Gründungen, Nachfolgeregelungen oder Unternehmensfestigungen im In- und Ausland mit günstigen Konditionen. Dies soll fortgeführt werden.

  • Säule 2: EXIST-Gründerstipendium

Das EXIST-Gründerstipendium unterstützt Studierende, Absolventinnen und Absolventen sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen, die ihre Gründungsidee realisieren und in einen Businessplan umsetzen möchten.

  • Säule 3: Existenzförderungsgesetz (ExiföG)

Das ExiföG berechtigt Jedermann, der sich selbständig machen möchte, zum Erhalt finanzieller Leistung für die Existenzsicherung in den ersten Monaten während der Aufbau- und Entwicklungsphase des eigenen Unternehmens. Die Förderung unterstützt den Einstieg eines jeden Menschen in die Selbständigkeit, sei es durch Gründung eines neuen oder durch Übernahme eines bestehenden Unternehmens.

Seite drucken

Ansprechpartner

Judith RöderDER MITTELSTANDSVERBUND
Judith Röder Geschäftsführerin Mehr Infos
DER MITTELSTANDSVERBUND
E-Mail schreiben
Zurück zur Übersicht