Geschlechterquote beschlossen

Der Deutsche Bundestag hat dem Gesetzentwurf zur Geschlechterquote zugestimmt und damit eines der umstrittendsten Projekte der Wahlperiode zu einem unguten Ende gebracht.

Berlin, 06.03.2015 — Der Gesetzentwurf "für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst" hat die entscheidende Phase abgeschlossen: nach minimalen Änderungen im Familienausschuss haben die Koalitionsfraktionen ihm zugestimmt. Der Bundesrat wird voraussichtlich am 27. März 2015 abschließend dazu beraten. Mit weiteren Veränderungen ist dabei jedoch nicht zu rechnen. Das Inkrafttreten des Gesetzes ist für Ende März/Anfang April 2015 geplant.

Die Änderungen betreffen schwerpunktmäßig die Novellierung des Bundesgleichstellungsgesetzes (BGleiG), das sich an die Bundesverwaltung richtet. Daneben enthält der Änderungsantrag auch kleinste Änderungen und Klarstellungen im Handelsgesetzbuch (HGB) sowie im Aktiengesetz (AktG) und Gesetz über die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbHG):

  1. Verschiebung des Zeitpunkts zur Festlegung der Zielgrößen:

    Der Zeitpunkt zur Festlegung der Zielgrößen für Unternehmen, die börsennotiert oder mitbestimmt sind, wird vom 30. Juni 2015 auf spätestens 30. September 2015 verschoben. Die erstmalige Frist zum Bericht über die (Nicht-)Erreichung der Zielgrößen darf - wie bisher vorgesehen - nicht länger als bis zum 30. Juni 2017 dauern
    .
  2. Definition der Führungsebenen unterhalb des Vorstands:

    In der Begründung der Empfehlung des federführenden Familienausschusses wurde klargestellt, dass Bezugspunkt für die Ermittlung der Führungsebenen zwar die juristische Person und nicht das Unternehmen oder der Konzern insgesamt sei. Gleichwohl bestünde angesichts der Vielgestaltigkeit der Unternehmenswirklichkeit ein sehr großer Spielraum bei der Festlegung dieser Führungsebenen bestehe. Jedes Unternehmen könne hier die für seine Gegebenheiten passende und angemessene Lösung wählen. Rechtliche Konsequenzen ergäben sich aus einer gewählten Definition der Zielgrößen nicht, auch wenn sie nicht allen plausibel oder einleuchtend erscheine. Die Einbeziehung von Führungskräften im In- und Ausland sei nicht erfasst, da dadurch die Zielgrößen zu intransparent geworden wären. In den Gesetzestext selbst wurde diese Erläuterung nicht aufgenommen.

  3. Präzisierungen zur KGaA:

    Ebenfalls in der Begründung der Ausschussempfehlungwurde klargestellt, dass der Aufsichtsrat der KGaA grundsätzlich keine Zielgrößen für die Geschäftsführung setzen könne, da die KGaA keinen der AG vergleichbaren "Vorstand" mit Personalkompetenz des Aufsichtsrats habe. Die Geschäftsführung der KGaA obliege stattdessen den persönlich haftenden Gesellschaftern. Zuständig sei der obligatorische Aufsichtsrat der KGaA aber für die Festlegung eigener Zielgrößen. Die Verpflichtung der Geschäftsführung der KGaA zur Festsetzung der Zielgrößen für die Ebenen unterhalb des "Vorstands" schließe das AktG hingegen nicht aus, da die Geschäftsführung hinsichtlich der Personalkompetenz für die nachgeordneten Ebenen dem Vorstand der AG gleichstehe.

  4. Berücksichtigung der gesetzlichen Aufgaben des Aufsichtsrats einer GmbH:

    Im GmbHG wird nunmehr je nach Art der Mitbestimmung festgelegt, welches Gremium die Zielgrößen für die Geschäftsführung festlegt. In der drittelmitbestimmten GmbH ist es die Gesellschafterversammlung, soweit sie diese Aufgabe nicht auf den Aufsichtsrat überträgt. In der paritätisch mitbestimmten GmbH fällt die Aufgabe von vornherein dem Aufsichtsrat zu.

  5. Präzisierungen in Bezug auf den Aufsichtsrat der börsennotierten, voll mitbestimmte Aktiengesellschaft:

    Der Widerspruch von den Aufsichtsratsmitgliedern der Aktionäre oder der Arbeitnehmer gegen die Gesamterfüllung des Mindestanteils von 30 % im Aufsichtsrat von börsennotierten Unternehmen, für deren Aufsichtsrat das Mitbestimmungsgesetz 1976 bzw. die Gesetze der Montanbestimmung gelten, muss "aufgrund eines mit Mehrheit gefassten Beschlusses" erfolgen. Damit wird klargestellt, dass nicht einzelne Mitglieder der Bank den Widerspruch erklären können.

    Die Regelungen zur Gesamterfüllung der Quote, die Rundungsregel und Rechtsfolge der Nichtigkeit (vgl. § 96 Abs. 2 S. 2, 4, 6 und 7 AktG-E) gelten auch für börsennotierte Gesellschaften, die aus einer grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgegangen sind.
Damit wurden im parlamentarischen Verfahren keinerlei substanzielle Veränderungen am Gesetzentwurf der Bundesregierung vorgenommen.

Die Einführung der gesetzlichen — fest vorgegebenen bzw. von den Unternehmen selbst festzulegenden — Geschlechterquote für Führungspositionen in der Wirtschaft geht aus Sicht des MITTELSTANDSVERBUNDES an den zugrunde liegenden Problemen vorbei und bekämpft lediglich ein einzelnes, wenn auch öffentlichkeitswirksames Symptom. Anstatt die Mühen von langsam wirkenden, aber nachhaltigen Maßnahmen auf sich zu nehmen, wird hier Symbolpolitik betrieben, deren Lasten die Unternehmen tragen müssen.

Eine gleichberechtigten Teilhabe von Männern und Frauen an Führungspositionen muss an den eigentlichen Ursachen unterschiedlicher Erwerbsbiographien ansetzen. Diese liegen in der unterschiedlichen Berufswahl von Jungen und Mädchen sowie in den familienbedingt häufigeren Erwerbsunterbrechungen und durchschnittlich geringeren Arbeitszeitvolumina von Frauen. Hier kann die Politik ansetzen, indem sie vor allem eine gezielte Berufsorientierung sowie flächendeckende Kinderbetreuung und Ganztagsschulen anbietet.

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