Immer noch und immer wieder aktuell: Der Rückgriffsanspruch des Unternehmers – eine (Liefer-) Kette ist immer nur so stark, wie ihr schwächstes Glied

Im Rahmen der Schuldrechtsmodernisierungsreform wurde das Rechtsinstitut des „Unternehmerregresses“ kontrovers und auch leidenschaftlich diskutiert. Zu Beginn des letzten Jahres wurde der Regress im Zuge der Reform des Gewährleistungsrechts noch ausgedehnt und die Position des Händlers gestärkt. Gleichwohl versuchen Lieferanten rechtliche Ansprüche der Händler auszuhebeln, teilweise mit unzulässigen AGB.

Köln, 14.01.2019 – Im Grundsatz ist der allgemeine Verkäuferregress, wie er seit dem 01. Januar 2018 und der Einführung des § 445a Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) heißt, einfach erklärt.

Im Rahmen der Schuldrechtsmodernisierungsreform wurde das Rechtsinstitut des „Unternehmerregresses“ kontrovers und auch leidenschaftlich diskutiert. Nimmt ein Verbraucher einen Händler im Rahmen der Gewährleistung in Anspruch, so kann der Händler wegen der im Verhältnis zum Käufer entstandenen Nacherfüllungsaufwendungen Rückgriff bei seinem Lieferanten nehmen. So etwa bei einem Großhändler oder auch direkt bei dem Hersteller.

Wurde Neuware verkauft und der Händler musste die Kaufsache infolge der Mangelhaftigkeit zurücknehmen oder den Kaufpreis mindern, bedarf es auch keiner Fristsetzung an den Lieferanten.

Gemäß § 445a Abs. 3 BGB steht dieses Recht jedem Käufer in der Lieferkette gegen seinen Verkäufer zu.

Im Klartext:

Der Lieferant L beliefert Ihre Anschlusshäuser mit verschiedenen elektronischen Geräten. Ihr Anschlusshaus A verkauft ein USB Radio an den Kunden K. Nachdem der Kunde nach 2 Wochen feststellt, dass das Radio defekt ist, bringt er es zurück und verlangt die Herausgabe eines mangelfreien USB-Radios. Nach §§ 437 Nr. 1, 439 Abs. 1 BGB hat er auch das Recht dazu.

Die Kosten hierfür sind nun von dem Lieferant L zu tragen.

Hatte der Kunde K Aufwendungen (Transport-, Wege-, Arbeits- oder Materialkosten), steht ihm auch dafür ein Ausgleich zu, so will es § 439 Abs. 2 BGB. Auch diese Aufwendungen kann der Händler an den Lieferanten weiterreichen.

Gleiches gilt übrigens auch für Ein- und Ausbaukosten, zu denken ist hier beispielsweise nur an Fliesen.

Dass der Verkäuferregress zum Tragen kommt setzt voraus, dass der Kunde auch tatsächlich einen Anspruch hat. Diesen hat er, wenn der Mangel schon bei dem Verkauf vorlag. Innerhalb von 6 Monaten nach dem Kauf gilt die Vermutung, dass der Mangel zu diesem Zeitpunkt schon vorlag (Beweislastumkehr). Diese Vermutungsregel greift ebenfalls durch. Auch der Lieferant ist der Beweislastumkehr ausgesetzt. Die 6-Monatsfrist fängt auch ihm gegenüber erst mit der Übergabe an den Verbraucher an, nicht etwa mit Übergabe an den Händler.

Insoweit ist der Regress problemlos. Probleme entstehen aber, wenn der Lieferant die Nacherfüllung und den Aufwendungsersatz verweigert, weil die Rückgriffsansprüche nach Meinung des Lieferanten verjährt sind.

Verjährungsfrist bis zu 5 Jahre

In der Vergangenheit wurde vermehrt beobachtet, dass Lieferanten Ansprüche auf Verkäuferregress (oder vor 2018 „Unternehmerregress“) ablehnten, da seit dem Verkauf schon mehr als 2 Jahre verstrichen waren.

Beispiel: Der Lieferant liefert dem Anschlusshaus A USB Radios zum Weiterverkauf. Nachdem die Radios bereits 1 Jahr und 10 Monate im Regal von A lagen, kaufte der Kunde K ein USB Radio. Nach 4 Monaten wandte sich K mit Gewährleistungsansprüchen an das Anschlusshaus, da der Lautsprecher defekt war. Der Lieferant lehnte sämtliche Ansprüche ab, da diese seiner Auffassung nach nur innerhalb von 2 Jahren geltend gemacht werden können.

Mit dieser Einschätzung liegt er jedoch falsch. Denn das Gesetz sagt zwar, dass die Ansprüche gegen den Lieferanten nach 2 Jahren nach Ablieferung der Sache verjähren, so § 445b Abs. 1 BGB. Handelt es sich aber um den Verkauf einer neuen Sache, regelt § 445 b Abs. 2 BGB, dass diese Verjährung frühestens zwei Monate nach dem Zeitpunkt eintreten kann, zu dem der Verkäufer die Ansprüche seines Käufers erfüllt hat.

Das Anschlusshaus A hat nun also noch zwei Monate Zeit, seine Ansprüche bei dem Lieferanten geltend zu machen.

Eine Obergrenze sieht das Gesetz jedoch auch vor: nach 5 Jahren braucht auch der Lieferant nicht mehr damit zu rechnen, in Anspruch genommen zu werden und ist von dem Regress befreit.

Verkürzung der Verjährungsfrist in AGB

Weiterhin konnte beobachtet werden, dass Lieferanten Ansprüche aufgrund ihrer AGB ablehnten. So war in den AGB eines Lieferanten zu lesen, dass Ansprüche des Händlers gegen ihn nach einem Jahr verjähren. Dementsprechend lehnte er alle Ansprüche ab.

Andere Lieferanten nutzen ihre AGB um Rückgriffsansprüche gänzlich auszuschließen.

Es gilt tatsächlich, dass die Regelung über den Rückgriffsanspruch dispositiv sind – Unternehmer untereinander dieses Recht also (z.B. in AGB) einschränken oder entfallen lassen können.

Dies gilt aber nur, so will es das Gesetz, wenn dem Käufer ein gleichwertiger Anspruch eingeräumt wurde, bevor der Mangel mitgeteilt wurde. Was ein gleichwertiger Anspruch ist, hat das Gesetz offengelassen. Die Rechtsprechung und die Lehre sehen darin Rabattsysteme oder Preisnachlässe. Diese müssen aber vorher vereinbart sein. In unserem Fall bedeutet dies, dass die Klausel

„Rückgriffsansprüche gegen den Lieferanten verjähren nach 1 Jahr“

unzulässig ist.

Zulässig wäre etwa:

„Der Käufer verzichtet auf seine Rückgriffsrechte aus §§ 445a ff. BGB und erhält dafür auf sämtliche Käufe einen Preisnachlass in Höhe von x%“

Sollten Sie aktuell oder in der Vergangenheit Probleme der beschriebenen Art mit Lieferanten haben bzw. gehabt haben, zögern Sie nicht sich an die ServiCon Service & Consult eG zu wenden. 

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