Mindestlohn und Minijobs – Regierungsentwürfe verabschiedet

Bundesarbeitsminister Heil will zügig die ersten Vorhaben aus seinem Ressort umsetzen. Die Entwürfe zur Erhöhung des Mindestlohns auf 12 EUR sowie zur Neujustierung der Regelungen zu Mini- und Midijobs sind vom Kabinett verabschiedet. Die bislang geplante tagesaktuelle Pflicht zur Arbeitszeitaufzeichnung für Minijobber ist nicht mehr vorgesehen.

Berlin, 23.02.2022 – Neben der Bewältigung alter und neuer Krisen arbeitet die Ampelkoalition erste Projekte aus dem Koalitionsvertrag ab. Die vor kurzem präsentierten Referentenentwürfe

wurden in einem Entwurf zusammengefasst und am 23. Februar 2022 vom Kabinett verabschiedet. Im weiteren Verlauf wird der Entwurf zu einer Stellungnahme dem Bundesrat zugeleitet. Nach jetzigem Stand wird der Bundesrat am 8. April 2022 zum Entwurf erstmals Stellung nehmen. Das parlamentarische Verfahren wird dann voraussichtlich in der Sitzungswoche des Bundestags Ende April mit der ersten Lesung beginnen.

Im Vergleich zu den Referentenentwürfen wurde eine maßgebliche Änderung vorgenommen: Die geplante Pflicht zur tagesaktuellen elektronischen Dokumentation von Arbeitszeiten für Minijobber sowie die Beschäftigten einiger Branchen ist nun nicht mehr vorgesehen. Diese Änderung begrüßt DER MITTELSTANDSVERBUND ausdrücklich.

Hingegen erneuert er seine grundlegende Kritik an der politischen Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns. Dieser Schritt entwertet die Arbeit der Mindestlohnkommission und damit letztlich die Tarifautonomie. Er macht den Mindestlohn dauerhaft zum Spielball kommender Wahlkämpfe. Zudem trifft er gerade die Branchen hart, die von der Pandemie und den durch sie veranlassten Maßnahmen besonders geschädigt sind.

Die BDA hatte kürzlich ein erstes verfassungsrechtliches Gutachten vorgestellt, das die negativen Auswirkungen der geplanten Mindestlohnerhöhung auf die Tarifautonomie beleuchtet. Das Gutachten von Professor Schorkopf von der Universität Göttingen kommt zu dem Ergebnis, dass die Bundesregierung mit dem Auftrag an eine unabhängige Mindestlohnkommission, die Mindestlohnanpassung entsprechend der allgemeinen Tarifentwicklung festzulegen, eine bindende „Systementscheidung“ getroffen hat. Diese kann nicht nach politischem Gutdünken übergangen werden, ohne schwerwiegend das Vertrauen auf den Bestand der Grundsatzentscheidung zu verletzen, die Anpassungen des Mindestlohns einer tarifautonomen Logik folgen zu lassen.

Das Gutachten bestätigt nicht nur einen schweren Eingriff in die Tarifautonomie, sondern auch eine Grenzverschiebung zwischen Lohnpolitik und staatlicher Alimentation durch eine veränderte Zielsetzung des Mindestlohns. Im Ergebnis geht es um mehr als die Höhe des Mindestlohns. Das Vorhaben stellt Grundprinzipien unserer Wirtschafts- und Arbeitsordnung in Frage. Professor Schorkopf macht sehr deutlich, dass der Gesetzgeber die Arbeit der Mindestlohnkommission respektieren muss. Der Eingriff in das Bestands- und Autonomievertrauen der Sozialpartner muss zumindest durch einen späteren Zeitpunkt der Anhebung und angemessene Übergangsregelungen abgemildert werden.

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