Minijobgrenze steigt ab Oktober und bringt verschärfte Arbeitszeitaufzeichnungspflicht

Mit seinem Entwurf zur Erhöhung der Minijobgrenze auf 520 Euro bringt Arbeitsminister Heil gleich zwei unliebsame Änderungen auf die Agenda: eine Erhöhung der Midijob-Gleitzone mit höherer Beitragsbelastung für Arbeitgeber sowie eine verschärfte Pflicht zur Dokumentation von Arbeitszeiten für geringfügig Beschäftigte.

Berlin, 16.02.2022 - Anfang Februar hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales einen Referentenentwurf eines „Zweiten Gesetzes zu Änderungen im Bereich der geringfügigen Beschäftigung“ vorgelegt. Damit soll die im Koalitionsvertrag getroffene Vereinbarung umgesetzt werden, zeitgleich mit der geplanten Mindestlohnerhöhung zum Oktober 2022 die Minijobgrenze auf 520 Euro anzuheben und zu dynamisieren.

Schon jetzt gibt es erste Stimmen aus der Ampelkoalition, die die geplante Neuregelung der Arbeitszeiterfassung in Frage stellen. Der Referentenentwurf beinhaltet folgende Neuregelungen:

  • Minijobs: Die Geringfügigkeitsgrenze für eine geringfügig entlohnte Beschäftigung soll von 450 Euro auf 520 Euro heraufgesetzt und dynamisiert werden. 
  • Midijobs: Die Obergrenze des Übergangsbereichs soll von 1.300 Euro auf 1.600 Euro angehoben werden.
  • Beitragsverteilung im Midijob-Bereich: Die höhere Beitragsbelastung des Arbeitgebers aus dem Minijobbereich soll auf auf den Midijobbereich (mit neuem Übergangsbereich zur Midijob-Obergrenze) ausgeweitet werden.
  • Gelegentliches Überschreiten der Geringfügigkeitsgrenze: Die Kriterien zu den Voraussetzungen eines unschädlichen "gelegentlichen unvorhergesehenen Überschreitens" der Geringfügigkeitsgrenze sollen überarbeitet werden. 
  • Mindestlohnrechtliche Arbeitszeitaufzeichnungspflichten: Künftig soll der Beginn der täglichen Arbeitszeit jeweils unmittelbar bei Arbeitsaufnahme sowie Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit jeweils am Tag der Arbeitsleistung elektronisch und manipulationssicher aufgezeichnet und elektronisch aufbewahrt werden.

Die Minijobgrenze wird damit erstmals seit 2013 und anlässlich der geplanten Mindestlohnerhöhung angepasst. Künftig orientiert sich die Geringfügigkeitsgrenze an einer Wochenarbeitszeit von zehn Stunden zu Mindestlohnbedingungen.

Die Ausweitung des Midijobbereichs sieht DER MITTELSTANDSVERBUND durchaus kritisch. Sie begünstigt ausschließlich Teilzeitbeschäftigte, denn Vollzeitbeschäftigte haben stets ein höheres Entgelt. Angesichts des Fachkräftemangels ist das ein vollkommen falsches Signal. Verstärkt wird dies durch die geplanten Änderungen bei den Sozialversicherungsbeiträgen: Der Arbeitgeberbeitrag soll oberhalb der Geringfügigkeitsgrenze zunächst auf die für einen Minijob zu leistenden Pauschalbeiträge in Höhe von 28 Prozent angeglichen und gleitend auf den regulären Sozialversicherungsbeitrag abgeschmolzen werden. Aus Sicht der Arbeitgeber hat dies einen linear verlaufenden Tarif zur Folge, aus Sicht der Beschäftigten folgt einem höheren Bruttolohn zumindest vor Steuern ein höherer Nettolohn – ein weiterer Anreiz für eine Tätigkeit in der Gleitzone und gegen eine darüber hinausgehende Ausweitung der Arbeitszeit.

Die geplante Verschärfung zu der bereits heute im Grundsatz bestehenden Arbeitszeitaufzeichnungspflicht für geringfügig Beschäftigte sowie die Beschäftigten in bestimmten Branchen begründet das BMAS mit (vermeintlichen) Defiziten in der Durchsetzung des Mindestlohngesetzes. So gebe es vielfach eine nur lückenhafte Erfassung von Arbeitszeiten oder es würde unbezahlte Mehrarbeit erbracht. Daher soll künftig nach dem Mindestlohngesetz (MiLoG) der Beginn der täglichen Arbeitszeit jeweils unmittelbar bei Arbeitsaufnahme sowie Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit jeweils am Tag der Arbeitsleistung elektronisch und manipulationssicher aufgezeichnet und elektronisch aufbewahrt werden. Das BMAS bezeichnet diesen Vorschlag u.a. als Beitrag zum „Bürokratieabbau durch Digitalisierung“. Flankierend wird in der Gewerbeordnung (GewO) eine Verpflichtung des Arbeitgebers zur Bereitstellung der elektronisch erfassten, mindestlohnrelevanten Arbeitszeiten nach Beendigung des Abrechnungszeitraums eingeführt. Daneben hat der Arbeitgeber künftig im Zuge der Entgeltabrechnung über die Höhe des auf das jeweilige Arbeitsverhältnis anwendbaren Mindestlohns nach MiLoG, AEntG oder AÜG zu informieren. 

Schon jetzt gibt es erste Stimmen aus der Ampelkoalition, die die geplante Neuregelung der Arbeitszeiterfassung in Frage stellen. DER MITTELSTANDSVERBUND hält sie ebenfalls für sowohl überflüssig als auch aufwändig und teuer in der Umsetzung.

Über den weiteren Fortgang des Gesetzgebungsverfahrens werden wir Sie informieren.

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