Observation ohne berechtigten Anlass: Mitarbeiter hat Entschädigungsanspruch

Liegen keine konkreten Tatsachen vor, die auf eine nur vorgetäuschte Arbeitsunfähigkeit eines Arbeitnehmers schließen lassen, darf der Arbeitgeber keine Observation oder verdeckte Videoaufnahmen veranlassen. Ein Verstoß führt zu Entschädigungsansprüchen.

Berlin, 06.03.2015 — Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat mit Urteil vom 19. Februar 2015 - 8 AZR 1007/13 - entschieden, dass ein Arbeitgeber dann rechtswidrig handelt, wenn er einen Detektiv mit der Observation und verdeckten Abbildung eines Arbeitnehmers beauftragt, obwohl sein Verdacht auf eine vorgetäuschte Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers nicht auf konkreten Tatsachen beruht. Eine solche rechtswidrige Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts kann einen Geldentschädigungsanspruch begründen.

Sachverhalt

Die Klägerin war vom 27. Dezember 2011 bis zum 28. Februar 2012 arbeitsunfähig krankgeschrieben, zunächst wegen einer Bronchitis, später wegen eines Bandscheibenvorfalls. Sie legte hierfür sechs Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vor.

Die beklagte Arbeitgeberin beschloss, eine Detektei zu beauftragen, um die Klägerin an vier Tagen von Mitte bis Ende Februar 2012 zu observieren. Dabei beobachtete ein Detektiv u.a., wie die Klägerin Wäsche in einen Waschsalon wusch. Er fertigte verdeckte Videoaufzeichnungen hierüber an. Dem Observationsbericht wurden Bilder aus den Videoaufzeichnungen beigefügt, die Videoaufzeichnungen selbst wurden durch die Detektei verwahrt.

Mit Schreiben vom 28. Februar 2012 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis fristlos, hilfsweise fristgerecht. Eine weitere fristlose Kündigung erfolgte am 5. März 2012.

Das Arbeitsgericht hat festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis durch die ausgesprochenen Kündigungen nicht aufgelöst wurde. Den Antrag auf Geldentschädigung wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts hat es abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat ihm in Höhe von 1000 Euro entsprochen.

Entscheidungsgründe

Das BAG hat entschieden, dass die Beklagte keinen berechtigten Anlass zur Überwachung der Klägerin hatte. Der Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen sei nicht erschüttert gewesen. 

Weil der Verdacht der Beklagten auf eine vorgetäuschte Arbeitsunfähigkeit der Klägerin nicht auf konkrete Tatsachen gestützt werden konnte, sei die Übertragung der Überwachung der Klägerin auf einen Detektiv rechtswidrig gewesen. Für dabei verdeckt hergestellte Abbildungen gelte dasselbe.

Gleichzeitig stellt das BAG fest, dass eine solche rechtswidrige Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts einen Geldentschädigungsanspruch begründen kann. Im Hinblick auf die Höhe des Schmerzensgeldes hat das BAG sich der Bewertung des LAG Hamm angeschlossen und einen Anspruch in Höhe von 1000,00 Euro für angemessen erachtet.

Bewertung/Folgen der Entscheidung

Im Umkehrschluss kann man aus dem BAG-Urteil folgern, dass Detektive eingesetzt und verdeckte Abbildungen wie Videoaufnahmen eines Arbeitnehmers dann gefertigt werden dürfen, wenn konkrete Tatsachen den Verdacht einer vorgetäuschten Arbeitsunfähigkeit stützen. Das BAG schließt sich damit den grundsätzlichen Wertungen früherer Urteile zum Einsatz von Detektiven (vgl. BAG vom 4. Juni 2013 - 1 StR 32/13) sowie zur verdeckten Videoüberwachung (vgl. BAG vom 21. Juni 2012 - 2 AZR 153/11) an.

Das Gericht macht zu Recht deutlich, dass für überhöhte Zahlungsansprüche kein Raum besteht. Die Observation war lediglich innerhalb einer kurzen Zeit im öffentlichen Raum erfolgt. Zudem waren die Videoaufzeichnungen durch die Detektei vertraulich aufbewahrt worden.

Sobald uns die Entscheidungsgründe vorliegen, werden wir sie Ihnen zukommen lassen.

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