Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf verbessern

Am 1. Januar ist das Gesetz zur besseren Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf in Kraft getreten. DER MITTELSTANDSVERBUND gibt einen Überblick über die neuen Regelungen.

Berlin, 09.01.2015 — Das "Gesetz zur besseren Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf" ist am 1. Januar in Kraft getreten und bringt ergänzend zum Pflegezeitgesetz neue Freistellungsansprüche für Arbeitnehmer mit sich.

Familienpflegezeit

Es wird ein Rechtsanspruch auf Familienpflegezeit für die Pflege eines pflegebedürftigen nahen Angehörigen in häuslicher Umgebung eingeführt (§ 2 Abs. 1 FPflZG). Hierfür gilt folgendes:

Familienpflegezeit kann für die Dauer von maximal 24 Monaten in Anspruch genommen werden. Wird sie zunächst für einen kürzeren Zeitraum beansprucht, kann sie bis zur Höchstdauer verlängert werden. Voraussetzung hierfür ist die Zustimmung des Arbeitgebers (§ 2a Abs. 3 FPflZG).

Während der Familienpflegezeit ist eine Teilzeittätigkeit von mindestens 15 Stunden in der Woche auszuüben (§ 2 Abs. 1 FPflZG). Der Verringerung und Verteilung der Arbeitszeit kann der Arbeitgeber dringende betriebliche Gründe entgegenhalten (§ 2a Abs. 2 FPflZG).

Die Ankündigungsfrist beträgt i.d.R. acht Wochen. Wird Familienpflegezeit in unmittelbarem Anschluss an eine Pflegezeit genommen, verlängert sich die Ankündigungsfrist auf drei Monate(§ 2a Abs. 1 FPflZG).

Der Anspruch auf Familienpflegezeit besteht nicht bei Arbeitgebern mit in der Regel 25 oder weniger Beschäftigten. Auszubildende sind nicht mitzuzählen (§ 2 Abs. 1 FPflZG)

Ab 12 Wochen vor Beginn und während einer Familienpflegezeit besteht ein Sonderkündigungsschutz für den Beschäftigten (§ 2 Abs. 3 FPflZG i.V.m. § 5 Abs. 1 PflZG).

Pflegezeit

Es bleibt unverändert bei einem Anspruch auf Pflegezeit nach dem Pflegezeitgesetz. D.h. Beschäftigte können für die Pflege eines nahen Angehörigen in häuslicher Umgebung eine Pflegezeit für die Dauer von bis zu sechs Monaten beanspruchen. Dabei können sie eine volle Freistellung verlangen oder eine teilweise Freistellung durch Reduzierung der Arbeitszeit (§ 3 Abs. 1 PflZG). Die Verlängerung einer zunächst für einen kürzeren Zeitraum in Anspruch genommenen Pflegezeit bis zur Höchstdauer bedarf der Zustimmung des Arbeitgebers.

Einer vollen Freistellung kann der Arbeitgeber nicht widersprechen. Wird eine Reduzierung der Arbeitszeit geltend gemacht, kann der Arbeitgeber der Verringerung und Verteilung der Arbeitszeit dringende betriebliche Gründe entgegenhalten (§ 3 Abs. 4 PflZG).

Es bleibt grundsätzlich bei der kurzen Ankündigungsfrist von zehn Arbeitstagen. Nur wenn
Pflegezeit in unmittelbarem Anschluss an eine Familienpflegezeit genommen wird, beträgt die

Ankündigungsfrist acht Wochen (§ 3 Abs. 3 PflZG).

Der Anspruch auf Pflegezeit besteht nicht bei Arbeitgebern mit 15 oder weniger Beschäftigten und unterscheidet sich insofern von dem Schwellenwert bei der Familienpflegezeit (§ 3 Abs. 1PflZG).

Ab 12 Wochen vor Beginn und während der Pflegezeit besteht ein Sonderkündigungsschutz für die Beschäftigten. Für jeden vollen Kalendermonat einer vollständigen Freistellung kann der Arbeitgeber den Urlaubsanspruch des Beschäftigten anteilig kürzen (§ 4 Abs. 4. PflZG).

Sterbebegleitung

Neu eingeführt wird ein Anspruch auf Freistellung zur Sterbebegleitung für Fälle, in denen dernahe Angehörige an einer Erkrankung leidet, die progredient verläuft und bereits ein weit fortgeschrittenesStadium erreicht hat, bei der eine Heilung ausgeschlossen ist und eine palliativmedizinische Behandlung notwendig ist und die lediglich eine begrenzte Lebenserwartung von Wochen oder wenigen Monaten erwarten lässt. Sterbebegleitung kann für die Dauer von höchstens drei Monaten beansprucht werden (§ 3 Abs. 6 PflZG).

Verhältnis der Freistellungansprüche zueinander

Freistellungsansprüche, die für denselben Angehörigen genommen werden, dürfen insgesamt 24 Monate nicht überschreiten (§ 2 Abs. 2 FPflZG und § 4 Abs. 3 PflZG).

Aus der Gesetzesbegründung zu 2a FPflZG geht hervor, dass für den Fall, dass Familienpflegezeit

und Pflegezeit nacheinander für denselben nahen Angehörigen genommen werden sollen, diese nur in unmittelbarem Anschluss aneinander genommen werden können. Eine zeitliche Unterbrechung ist nicht zulässig. Dadurch soll eine weitere Belastung des Arbeitgebers durch die Vielzahl von Freistellungsansprüchen zu Pflegezwecken vermieden werden.

Wird nicht deutlich, ob der Beschäftigte Pflegezeit oder Familienpflegezeit geltend machen will und liegen die jeweiligen Voraussetzungen vor, gilt die Erklärung als Ankündigung von Pflegezeit.

Beschäftigte

Der Kreis der anspruchsberechtigten Beschäftigten wird erweitert um Stiefeltern, Partner einer lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft, Schwägerinnen und Schwäger.

Finanzierung

Flankiert werden die Freistellungansprüche durch ein zinsloses Darlehen, dass der Beschäftigte über das Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben beziehen kann (§§ 3 ff.FPflZG). Der Arbeitgeber hat hierfür eine Bescheinigung über den Arbeitsumfang sowie das Arbeitsentgelt vor der Freistellung zu erteilen. Ein Verstoß ist mit bis zu 5.000 € bußgeldbewährt.

Pflegeunterstützungsgeld

Unverändert bleibt es bei dem Recht, im Falle einer akuten Pflegesituation bis zu zehn Arbeitstage der Arbeit fernzubleiben, z. B. um eine notwendig gewordene Pflege zu organisieren (§ 2 PflZG). Neu ist in diesen Fällen ein Anspruch auf sog. Pflegeunterstützungsgeld gegenüber der Pflegekasse des zu Pflegenden. Der Anspruch besteht nur nachrangig, soweit kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung gegenüber dem Arbeitgeber aus § 616 BGB besteht (§ 44a Abs. 3 SGB XI).

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