Wahlprogramm-Check: Teil 7 – Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik

Zuwanderung, Betreuung oder Rente sind nur einige der Themen, um die sich die Debatten in Sachen Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik gerade drehen. Wie sich die zur Wahl stehenden Parteien dazu positionieren, analysiert DER MITTELSTANDSVERBUND.

Berlin, 05.09.2017 – Am 24. September ist Bundestagswahl. Dem vielleicht noch unentschlossenen Wähler bleibt also nicht mehr lange Zeit, eine informierte Entscheidung zu treffen. DER MITTELSTANDSVERBUND hat sich die Wahlprogramme von CDU/CSU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und DIE LINKE genauer angesehen.

Welche Neuerungen planen die Parteien im für den Arbeitsmarkt und die Sozialpolitik? Was wird für die Unternehmen relevant? DER MITTELSTANDSVERBUND gibt Antworten.

Arbeitsmarkt - von Fachkräftemangel und Gründergeist

Die Union ruft das klare Ziel aus, bis 2025 Vollbeschäftigung erreicht zu haben. Dazu will sie nicht nur neue Arbeitsplätze im Land ansiedeln, sondern alle Potentiale für Erwerbstätigkeit ausschöpfen. Um dies zu erreichen, setzt sie nicht nur auf Aus- und Weiterbildung, sondern auch auf eine neue Gründerkultur und kündigt bis 2019 einen „Masterplan Selbständigkeit“ an. Auch für die FDP steht dieses Thema weit oben auf der Agenda.

Alle Parteien erkennen die Bedeutung von Weiterbildung klar an und wollen diese fördern, wenn auch auf verschiedenen Wegen. SPD und Grüne wollen hierzu die Bundesagentur für Arbeit umbauen – von einer Arbeitslosenversicherung zu einer Weiterbildungsagentur, die Arbeitslose und Beschäftigte bei der persönlichen Weiterbildung berät und unterstützt. Diskutiert wird auch ein Rechtsanspruch auf Weiterbildung. Die Linke und auch die SPD fordern dabei eine Kostenbeteiligung der Arbeitgeber.

Zuwanderung in den Arbeitsmarkt steuern

Union, SPD, Grüne und FDP sprechen sich klar für ein Einwanderungsgesetz aus, mit dem der Zugang zum Arbeitsmarkt nach unterschiedlichen Kriterien gesteuert werden kann. Die Unterscheidung zwischen humanitär begründetem Asylrecht und Arbeitsmigration soll dabei im Grundsatz erhalten werden, aber zumindest Grüne und FDP wollen auch einen „Spurwechsel“ für qualifizierte Flüchtlinge ermöglichen. Die Linke dagegen spricht sich klar gegen eine „selektive“ Einwanderungspolitik aus.

Beruf und Familie vereinbaren - Betreuungsangebote ausbauen

Um die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu verbessern, setzen alle Parteien auf bedarfsgerechte und qualitativ hochwertige Betreuungsangebote. Die Union verspricht einen Rechtsanspruch auf Betreuung im Grundschulalter sowie Anreize für mehr Engagement der Arbeitgeber. Die Liberalen wollen zudem einseitige Modelle, z. B. die Steuerklasse V, abschaffen.

SPD und Grüne flankieren das Thema mit der Forderung nach familienfreundlichen Arbeitszeitmodellen, insbesondere einer „Wahlarbeitszeit“. Die Linke fordert Beitragsfreiheit für Betreuungsangebote.

Die Rente ist sicher?

Die Union bekennt sich zur gesetzlichen Rente als zentralen Pfeiler der Altersvorsorge, daneben setzt sie auf Betriebsrenten und private Vorsorge. Zur Weiterentwicklung der Rente für die Zeit nach 2030 will sie eine Rentenkommission einsetzen, die bis 2019 Vorschläge für ihre Weiterentwicklung erarbeiten soll.

Die FDP setzt auf einen flexiblen Übergang in die Rente. Ab 60 soll jeder selbst entscheiden, wann er in Rente geht - mit entsprechenden Auswirkungen auf die Rentenhöhe und unter Abschaffung der Hinzuverdienstgrenzen. Union und FDP haben zudem die Interessen der Beitragszahler im Blick und wollen die Sozialversicherungsbeiträge insgesamt stabil halten.

Die SPD will den Beitragssatz bei 22 Prozent und das Rentenniveau bei 48 Prozent festschreiben, zudem fordert sie eine „Solidarrente“ über Grundsicherungsniveau für langjährig Versicherte. Eine weitere Anhebung des Renteneintrittsalter schließt sie aus, flexible Eintrittsmöglichkeiten will sie fördern. Zur Finanzierung will sie Steuermittel einsetzen. Zudem setzt sie auf mehr betriebliche Altersvorsorge, zu der sie notfalls die Unternehmen verpflichten will.

Die LINKE dagegen will ein Rentenniveau von 53 Prozent, eine Mindestrente von 1.050 EUR, die Rückkehr zur Rente ab 65 sowie eine schrittweise Aufhebung der Beitragsbemessungsgrenzen bei „Abflachung“ des Rentenanspruchs in höheren Einkommenskategorien. Zudem soll die betriebliche Altersvorsorge überwiegend von den Arbeitgebern finanziert werden. Auch den Grünen schwebt eine Mindestrente vor, die einen flexiblen Renteneintritt mit Hilfe einer Teilrentenlösung ermöglichen soll.

Kommt die Erwerbstätigenversicherung?

Alle Parteien sprechen sich für eine Altersvorsorge für Selbständige aus. Damit soll vermieden werden, dass ehemals Selbständige im Alter auf Leistungen aus der Grundsicherung angewiesen sind. Die FDP will dies auf einer Basisabsicherung oberhalb des Grundsicherungsniveaus einführen, bei weitgehender Freiheit des Durchführungsweges. Im Unterschied dazu setzen SPD, LINKE und Grüne ausschließlich auf die gesetzliche Rentenversicherung und wollen so den Weg in eine Erwerbstätigenversicherung beschreiten.

Kranken- und Pflegeversicherung weiter entwickeln

Die paritätische Bürgerversicherung für Gesundheit und Pflege fordern SPD, Grüne und LINKE – unter Hinzuziehung aller Einkommensarten.

Die Krankenversicherungsbeiträge für Selbständige haben SPD, FDP und LINKE im Fokus: Diese sollen sich künftig am tatsächlichen Einkommen orientieren und nicht an einem fiktiven Mindestsatz, der gerade Gründer und einkommensschwächere Selbständige massiv belastet.

Die Liberalen setzen zudem auf eine strukturelle Überarbeitung der verschiedenen Sozialgesetzbücher und eine bessere Verzahnung der unterschiedlichen Leistungen.

Mehr privates Engagement - auf Kosten der Arbeitgeber?

Die Grünen fordern eine Weiterentwicklung der Pflegezeit, also weitergehende Freistellungsansprüche mit Lohnersatzleistungen für Arbeitnehmer. Die SPD geht etwas weiter und will eine Familienarbeitszeit für Pflegende und Eltern, letztere sollen bei partnerschaftlicher Aufteilung der Arbeitszeiten durch ein bis zu 24 Monate laufendes Familiengeld gefördert werden.

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