Coronavirus: MITTELSTANDSVERBUND und BGA stellen beschäftigungspolitische Forderungen an das Bundesministerium für Arbeit und Soziales

Vor dem Hintergrund der weitreichenden Folgen des Coronavirus für die Verbundgruppen sowie den Groß- und Außenhandel haben die Verbände ein gemeinsames Schreiben an Bundesminister Heil verschickt. Dieses fordert umfassende nun vordringliche beschäftigungspolitische Maßnahmen, um die Handlungsfähigkeit der betroffenen Unternehmen sicherzustellen.

Berlin, 20.03.2020 – Die durch die Ausbreitung des Coronavirus verursachte Krise trifft weite Teile der Verbundgruppen, des Groß- und Außenhandels sowie der unternehmensnahen Dienstleistungen massiv. Störungen in globalen Lieferketten, dramatische Auftragseinbrüche, Arbeitsausfälle und Einschränkungen der betrieblichen Tätigkeit durch behördliche Maßnahmen stellen die Unternehmen vor unübersehbare Herausforderungen. Die Aussichten für die Unternehmen sind sehr unsicher, die Existenz vieler Betriebe steht auf dem Spiel – und damit auch viele Arbeitsplätze. Daher muss die Politik nun alles daran zu setzen, die negativen Auswirkungen auf die Unternehmen so weit wie möglich einzudämmen. Vor diesem Hintergrund haben sich DER MITTELSTANDSVERBUND und der BGA mit einem Anschreiben und konkreten Forderungen an das zuständige Bundesministerium für Arbeit und Soziales gewandt. Folgende beschäftigungspolitische Maßnahmen sollten schnellstmöglich umgesetzt werden:

  1. Um den Unternehmen nicht unnötig Liquidität zu entziehen und die Pfändung der fälligen Sozialversicherungsbeiträge zu verhindern, sind sie zinslos und ohne Säumniszuschläge zu stunden. Zudem ist die Vorfälligkeit der Sozialversiche- rungsbeiträge aufzuheben.
  2. In Fällen, in denen eine Arbeitnehmerin oder ein Arbeitnehmer aufgrund einer Schul- oder Kitaschließung und dem draus resultierenden Betreuungsbedarf nicht zur Arbeit erscheint, kann der Arbeitgeber mit der Fortzahlung der Vergütung belastet sein. Dies kann in einer ungeheuren Zahl an Fällen stattfinden und den Unternehmen hohe Kosten aufbürden. Deshalb muss klar geregelt werden, dass diese Kosten nicht durch den Arbeitgeber zu tragen sind.
  3. Gleiches gilt für die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall: Die Entgeltfortzahlungs- pflicht darf für Corona-Erkrankungen von Arbeitnehmern nicht allein den Arbeitge- bern aufgebürdet werden. Die für die kommenden Monate zu erwartenden Fallzahlen werden eine weitere existenzgefährdende Belastung für die Unterneh- men darstellen. Hier ist ebenfalls eine schnelle und unkomplizierte Erstattung durch die öffentliche Hand zu gewährleisten.
  4. Zudem ist das Infektionsschutzgesetz so anzupassen, dass es auch bei Betriebsschließungen und nicht nur bei gegen einzelne Arbeitnehmer verhängten Tätigkeitsverboten oder Quarantänemaßnahmen Erstattungsmöglichkeiten vorsieht.
  5. Damit die Unternehmen in der Krise flexibel reagieren können, sind die gesetzlichen Vorschriften zur Arbeitszeit weiter zu flexibilisieren. Unternehmen, deren Auftragslage krisenbedingt steigt, müssen zeitlich flexibler arbeiten dürfen. Wir begrüßen deshalb ausdrücklich, dass die Bundesregierung und Bundesländer darauf hinwirken, dass Sonntagsarbeit und Höchstarbeitszeiten umfassend ermöglicht werden. Es bestehen bereits zahlreiche unterschiedliche regionale Regelungen. Um einen Flickenteppich zu vermeiden, sind jedoch bundesweit einheitliche Regelungen erforderlich, deren Anwendungsbereich hinreichend weit gefasst ist. Darüber hinaus halten wir es für dringend erforderlich, die im Arbeitszeitgesetz vorgesehene Höchstarbeitszeit auf die Woche anstatt auf den Tag zu beziehen und die Regelungen zur Ruhezeit anzupassen.
  6. Für die Arbeit im sog. „Homeoffice“ muss dasselbe gelten wie für die mobile Arbeit. Arbeit imHomeoffice sollte zum Schutz der Beschäftigten unter erleichterten Bedingungen mit den Mitarbeitern vereinbart werden können, um den Einsatz von daheim sinnvoll auszugestalten. Insbesondere sollten die vom Arbeitgeber ohnehin nicht nachhaltig zu kontrollierenden Vorschriften für den Einsatz z.B. des Arbeitsschutzes bei der Telearbeit so angepasst werden, wie sie generell für mobile Arbeit gelten. Regelungen im Betriebsverfassungsrecht und im Datenschutzrecht sollten Telearbeit angemessen flankieren können.
  7. Um den Personaleinsatz in unsicheren Zeiten flexibler gestalten zu können, ist die Verdienstgrenze bei Minijobs heraufzusetzen.
  8. Die Voraussetzungen für die Arbeit auf Abruf sind insbesondere durch eine kürzere Ankündigungsfrist und die Einschränkung der 20-Stunden-Regelung zu erleichtern.
  9. Angesichts der zunehmenden Unsicherheit der wirtschaftlichen Entwicklungen ist von Maßnahmen Abstand zu halten, die die Möglichkeiten flexibler Beschäftigung einschränken. Deshalb dürfen die Möglichkeiten, Arbeitsverhältnisse zu befristen, nicht weiter eingeschränkt werden. Vielmehr sind die Möglichkeiten der Projektbe- fristungen gängig zu machen.
  10. Um die Zeitarbeit in unsicheren Zeiten als wichtigen Partner der Wirtschaft für flexiblen Personaleinsatz nutzen zu können, sind die Verfahrensfristen im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz anzupassen, die Überlassungshöchstdauer ist auszuweiten.
  11. Massenentlassungen sind rechtssicher zu gestalten.
  12. Das Betriebsverfassungsrecht fordert für die Beschlussfähigkeit des Betriebsrats die Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Betriebsratsmitglieder. Beschlüsse sind mit der Mehrheit der Stimmen der Anwesenden zu treffen. Diese Vorgaben des § 33 BetrVG sind in Zeiten der Digitalisierung ein Anachronismus und aktuell ein klares Hindernis für die schnelle und rechtssichere Vereinbarung von betrieblich notwendigen Regelungen.

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