Lockdown statt plausibler Öffnungsstrategie – Beschlüsse von Bund und Ländern sind für den Mittelstand wenig ermutigend

Die seit Wochen angekündigte Öffnungsstrategie ist in den Beschlüssen der Ministerpräsidentenkonferenz aus Unternehmenssicht nicht zu erkennen. Nach einem Jahr Pandemie sind dies keine akzeptablen Nachrichten. Aufgrund der inzwischen belegten sehr geringen Ansteckungsgefahr im Handel wäre jetzt ein Signal der Hoffnung notwendig und sachgerecht gewesen. Das Ausbleiben eines wirtschaftlich ausgewogenen Weges in die Zukunft wird dem Land und der gesamten Gesellschaft erneut großen Schaden zufügen, beklagt DER MITTELSTANDSVERBUND.

Berlin, 04.03.2021 – „Wir werden unsere mittelständisch geprägte Handelslandschaft am Ende nicht wiedererkennen“, warnt Eckhard Schwarzer, Präsident DER MITTELSTANDSVERBUND, mit betrübtem Blick auf die Beschlüsse der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) vom 3. März. Die neuerliche Fortsetzung des Lockdowns bedeute für viele weiterhin geschlossene Unternehmen – vor allem aus dem Einzelhandel – einen schweren Rückschlag. Die seit Wochen angekündigte umfassende Öffnungsperspektive lieferten die Beschlüsse in keiner Weise. Bei Lichte besehen machen die Beschlüsse eine baldige Öffnung der Geschäfte sogar weitgehend unrealistisch, weil sie weiterhin Inzidenzwerte zum Maß aller Dinge machen.

Von Minischritten für einzelne Bereiche in Richtung Öffnung abgesehen lautet die generelle Botschaft aus dem nicht gerade leicht verständlichen Papier „Weiter so!“. Dabei hätten die fortschreitende Impftätigkeit gerade in den vulnerablen Bevölkerungsgruppen, die breite Verfügbarkeit von Schnelltests oder die guten Erfahrungen mit vorhandenen Hygienekonzepten eine verbesserte Strategie bei Pandemiebekämpfung zugelassen und neuen Entscheidungsspielraum in Richtung Öffnung geboten. Zu groß sind nun die Opfer, die die Politik erneut von Wirtschaft und Gesellschaft verlangt.

Die im Beschluss formulierten Öffnungsschritte werfen mehr Fragen auf, als sie Antworten geben. Wie etwa ist eine „stabile“ 7-Tage-Inzidenz zu bestimmen und welche Quellen sind zu verwenden?  Wie kann eine Region Planbarkeit für Unternehmen und Verbraucher gewährleisten, wenn sie um einen Grenzwert pendelt?  Wie werden die Regionen, auf die sich Inzidenzwerte und Öffnungen beziehen, geschnitten – sind also Bundesländer, Regierungsbezirke, Landkreise oder Kommunen gemeint? Wie stimmen sich benachbarte Regionen ab, um einen unerwünschten „Konsumtourismus“ zu vermeiden“? Und hat ein lokal abgrenz- und kontrollierbares Infektionsgeschehen letztlich doch Auswirkungen auf eine ganze Region? Die Antworten auf diese Fragen bleiben Bund und Länder bisher schuldig.

Das Beharren auf einer einzigen Messgröße als Kriterium für die Öffnungsschritte ist grundsätzlich nicht nachvollziehbar: Angesichts fortschreitender Impfungen, verfügbarer und forcierter Schnelltests sowie erfolgreich erprobter Hygienekonzepte darf der Inzidenzwert nicht mehr das alleinige Maß aller Dinge sein. Dies hat DER MITTELSTANDSVERBUND wiederholt gegenüber der Politik zum Ausdruck gebracht und für eine stärkere Betonung der oben genannten begleitenden Faktoren geworben – im engen Schulterschluss mit anderen Wirtschaftsverbänden. Denn fatal ist, dass eine breitere Anwendung von Schnelltests – was ausdrücklich zu begrüßen ist – vorübergehend auch höhere Infektionszahlen bedingen wird, da nun auch solche asymptomatischen Infektionen erfasst werden, die ohne Tests nicht entdeckt worden wären. Ein Unterschreiten der erforderlichen Inzidenzwerte ist damit vorerst aber unwahrscheinlich.

Letztlich müssen alle Beschlüsse der MPK wieder von den jeweiligen Bundesländern in eigene Verordnungen gegossen werden, um rechtsverbindlich zu werden. Diese Verordnungen werden sich aber wieder in den Details, vielleicht auch in grundsätzlichen Regelungen unterscheiden. Damit droht erneut ein Flickenteppich mit noch dazu vielfältigen zusätzlichen regionalen und auch kommunalen Sonderregelungen. Für die überregional aktiven Verbundgruppen und deren angeschlossene Unternehmen wird dies eine sehr unübersichtliche Situation und damit viel Aufwand mit sich bringen. Dies gefährdet die Akzeptanz der neuen Regeln und deren Umsetzung.

Besonders kritikwürdig ist das Fehlen jeglicher Perspektiven für Gastronomie, Hotels und die Veranstaltungsbranche. Sie werden ohne sachliche Begründung schlicht auf die Zeit nach der nächsten MPK-Sitzung am 22. März vertröstet. Kurzum: Keine gute Note für die politischen Entscheider!

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