Mieten in Zeiten von Corona: Neue Regeln, neues Glück?

In der letzten Woche verabschiedete der Bundestag Sonderregelungen im Bereich des Mietrechts. Mieter werden damit unter einen temporären Kündigungsschutz gestellt. Auch für Mittelständler bedeutet dies eine wesentliche Erleichterung.

Brüssel, 02.04.2020: „Mit den heute in Kraft getretenen zivilrechtlichen Vorschriften erhalten Mieter, Verbraucher und Kleinstgewerbetreibende eine wichtige Verschnaufpause, die sie benötigen, um staatliche Hilfen und Unterstützungsleistungen in Anspruch nehmen zu können.“ erklärte Bundesjustizministerin Christine Lambrecht zur Einführung des umfangreichen Hilfspakets ihres Hauses. 

Bereits am 27.03.2020 trat das Gesetz zur Abmilderung der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie in Kraft. Das Paket enthält kurzfristige Änderungen des Insolvenz-, Gesellschafts-, Vertrags- und Mietrechts. Aufgrund der behördlich angeordneten Geschäftsschließungen brechen vielen Unternehmen Umsätze weg. Der Gesetzgeber versucht unter anderem mit diesem Maßnahmenpaket, die wirtschaftlichen Folgen gerade für Unternehmer abzufedern.

Kleine Verschnaufpause

Bezogen auf das Mietrecht enthält das Gesetz folgende kurzfristige Änderungen: Mietern und Pächtern kann für den Zeitraum vom 1. April bis 30. Juni 2020 nicht wegen ausgefallener Mietzahlungen aufgrund der COVID-19-Pandemie gekündigt werden. Dennoch: Der Anspruch des Vermieters auf Zahlung der Mietrückstände bleibt weiterhin bestehen. Der Mieter hat nunmehr lediglich zwei Jahre Zeit, die noch ausstehenden Mieten zu bezahlen; Bis zum 30. Juni 2022 müssen diese beglichen werden, schreibt nunmehr der Gesetzgeber ausdrücklich vor. Ansonsten kann der Vermieter wieder kündigen.

Wichtig in diesem Zusammenhang: Der gesetzliche Kündigungsschutz kommt nicht kostenlos. Der Vermieter ist weiterhin berechtigt, Verzugszinsen für die ausstehenden Mietforderungen zu verlangen.

Kleine Hürde: Glaubhaftmachung?

Wichtig ist nunmehr, dass der Mieter in Kontakt zu seinem Vermieter tritt und diesen über die Nichtzahlung der Miete(n) informiert. Das Gesetz schreibt nämlich vor, dass das Kündigungsrecht des Vermieters nur ausgeschlossen ist, wenn der Mieter glaubhaft darlegt, dass ein Zusammenhang zwischen COVID-19-Pandemie und Nichtleistung der Miete besteht.

Die Gesetzesbegründung führt hierzu aus, dass der Mieter den Nachweis durch eine Versicherung an Eides Statt oder sonst geeigneter Mittel erfolgen kann. Im Zusammenhang mit Gewerberaum-Mieten stellt der Gesetzgeber in der Gesetzesbegründung zudem klar, dass die Bezugnahme auf eine behördliche Betriebsschließung im Zusammenhang mit Covid-19 ausreichend sein kann. Zudem können:

  • der Nachweis der Antragstellung beziehungsweise
  • die Bescheinigung über die Gewährung staatlicher Leistungen,
  • Bescheinigungen des Arbeitsgebers oder andere Nachweise über das Einkommen beziehungsweise über den Verdienstausfall

angeführt werden.

Schließungsanordnung = Mietmangel?

Derzeit wird oftmals diskutiert, ob die behördliche Anordnung der Schließung sämtlicher nicht-systemrelevanter Gewerbe für den Publikumsverkehr einen Mietmangel darstellt. Sollte dies der Fall sein, so könnte sich die Gewerbemiete reduzieren oder gar für eine Zeit ausgesetzt werden. Hingegen ist die Rechtsprechung in diesem Bereich relativ eindeutig. In Fällen behördlicher Schließungen von Betrieben hebt der Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung eine differenzierte Betrachtungsweise hervor; Liegt der Grund für die behördliche Schließung in dem Mietobjekt selbst, liegt in der Tat ein Mietmangel vor. In der Folge könnte die Miete auch aufgrund eingeschränkter oder komplett aufgehobener Nutzungsmöglichkeit reduziert bzw. ausgesetzt werden. Liegt der Grund der behördlichen Schließung hingegen in der Gewerbetätigkeit als solcher, so liegt kein Mietmangel vor. In diesem Fall hätte der Gewerbetreibende seine Tätigkeit auch in keinem anderen Mietobjekt durchführen können, so die Logik des Bundesgerichtshofs. Das Risiko liegt also in einem solchen Fall in der Sphäre des Gewerbetreibenden.

Im Ergebnis bleiben die Mietzinsforderungen auch im Falle einer behördlichen Schließungs-Anordnung zunächst weiterhin bestehen. Es empfiehlt sich hingegen, den Mietvertrag genau zu lesen. Teilweise werden genaue Mietnutzungen vertraglich festgelegt. Dann wäre ggf. eine andere Betrachtung der oben genannten Risikoverteilung möglich.

Vertragsanpassung aufgrund von Corona?

Diskutiert wird auch, ob der Mieter nicht zumindest eine Vertragsanpassung im Rahmen der Störung der Geschäftsgrundlage verlangen kann. Die gesetzliche Regelung des § 313 BGB sieht vor, dass bei einer wesentlichen Veränderung der Umstände, die bei Schließung des Vertrags bestanden, eine Anpassung des Vertrags verlangt werden kann. Auch der Umstand, dass sich wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, als falsch herausstellen kann eine Vertragsanpassung zur Folge haben. Hingegen gelten diese Grundsätze ausschließlich im Rahmen der bestehenden Risikoverteilung. Auch hier herrscht Klarheit, dass das Verwendungsrisiko grundsätzlich vom Mieter zu tragen ist. Falls das Vorliegen eines Mietmangels daher abgelehnt wird, so wird schwerlich eine Störung der Geschäftsgrundlage zu beweisen sein.

Auch hier wird also eine genaue Lektüre der Verträge notwendig sein.

Vertragsvereinbarungen

Im Ergebnis werden Mieter nicht umhinkommen, sich die Mietvereinbarungen genauer anzusehen: Haben sich Mieter und Vermieter beispielsweise auf umsatzabhängige Miete geeinigt, oder hat der Mieter verbindlich und einseitig einen Mindest-Umsatz vertraglich zugesagt, so wäre eine Minderung des Mietzinses möglich.

Reden hilft

Neben der Prüfung der rechtlichen Möglichkeiten im Zusammenhang mit der Miete sollten Unternehmer jedoch darauf bedacht sein, das bestehende Verhältnis zu den Vermietern nicht überzustrapazieren. So zeigen jüngste Erhebungen, dass die Vermieter in den meisten Fällen bereit sind, auf den Mieter zuzugehen. Zu denken ist in diesem Zusammenhang vor allem eine Mietstundung, Mietminderung oder gar eine vollständige Aussetzung der Miete. „Ein konstruktives Gespräch sollte der erste Schritt sein, eine faire Lastenverteilung in diese Ausnahmensituation zu gewährleisten.“ meint auch Tim Geier, Geschäftsführer Büro Brüssel, DER MITTELSTANDSVERBUND. „Wenn man so will, zwingt der Gesetzgeber die Parteien über die Pflicht zur Glaubhaftmachung dazu, sich über die zukünftige Ausgestaltung des Mietverhältnisses gemeinsam Gedanken zu machen.“

DER MITTELSTANDSVERBUND hat als Hilfe zudem zwei Formulierungshilfen entwickelt, welche als Grundlage für die Gespräche mit den Vermietern dienen kann. Weiterhin steht Ihnen DER MITTELSTANDSVERBUND bei weiteren Nachfragen zur Verfügung.

Schreiben an Vermieter - Anzeige & Glaubhaftmachung

Schreiben an Vermieter - Gütliche Einigung

Seite drucken

Ansprechpartner

Tim GeierDER MITTELSTANDSVERBUND
Tim Geier Geschäftsführer Büro Brüssel Mehr Infos
DER MITTELSTANDSVERBUND
E-Mail schreiben
Zurück zur Übersicht