Ab 01.02.: Neue Informationspflichten für (Online-)Händler

Dem (Online-)Handel drohen neue Informationspflichten. Ab dem 1. Februar müssen (Online-)Händler ihre Bereitschaft zur Streitbeilegung anzeigen. DER MITTELSTANDSVERBUND informiert.

Berlin, 18.01.2017 – Wer eine Webseite unterhält oder Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) verwendet, muss ab dem 1. Februar mit neuen Informationspflichten rechnen. Die neuen Pflichten gelten für den B2C-Bereich nach dem Verbraucherstreitbeilegungsgesetz (VSBG).

Bereits am 9. Januar 2016 trat die europäische Verordnung über die außergerichtliche Online-Beilegung verbraucherrechtlicher Streitigkeiten in Kraft – mit ersten neuen Informationspflichten für den Online-Handel. Ein weiterer Schritt zur Stärkung außergerichtlicher Maßnahmen zur Streitbeilegung war anschließend die Verabschiedung des VSBG im April 2016. Mit diesem Gesetz müssen nun Unternehmen, die eine Webseite unterhalten (unabhängig davon, ob über die Webseite Waren oder Dienstleistungen angeboten oder verkauft werden) oder AGB verwenden (zum Beispiel der stationäre Händler), ab dem 1. Februar neue Hinweispflichten im B2C-Bereich beachten.

Bisher vorgeschrieben: Link zur Online-Plattform

Bereits seit dem letzten Jahr sind Online-Händler dazu verpflichtet, Verbraucher entweder in den AGB, im Impressum oder unter einem eigenen Link namens "Beschwerden/Streitschlichtung" im Footer zu informieren über:

Die europäische Online-Plattform dient dazu, Streitigkeiten im Zusammenhang mit dem Online-Einkauf ohne die Einschaltung eines Gerichts zu klären. Gerade bei grenzüberschreitenden Beschwerdefällen vermittelt die Plattform die Beschwerden der Verbraucher an die national zuständige Streitschlichtungsstelle weiter, die sich dann um eine Klärung mit dem Online-Händler bemüht. Die bereits geltenden Rechtsmittel werden durch diese Plattform ergänzt.

DER MITTELSTANDSVERBUND hatte bereits im vergangenen Jahr auf die Abmahngefahr hingewiesen und seinen Mitgliedern Formulierungshilfen und weitere Informationen über die neuen Pflichten bereitgestellt.

Neue Informationspflichten ab dem 1. Februar

Mit Inkrafttreten des VSBG zum 1. April 2016 soll es Verbrauchern nun ergänzend möglich sein, eine schnelle und günstige Möglichkeit in Anspruch zu nehmen, um Streitigkeiten mit Unternehmen außergerichtlich beizulegen. Wichtig ist, dass nicht alle Händler zu einer Teilnahme an einer Schlichtung verpflichtet sind, jedoch gewissen Informationspflichten nachkommen müssen.

Auf der Webseite und in den AGBs muss der Verbraucher leicht zugänglich, klar und verständlich über die freiwillige oder verpflichtende Teilnahme oder die Nichtteilnahme an einem oder mehreren Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle informiert werden. Zudem muss der Händler Adresse und Website der zuständigen Verbraucherschlichtungsstelle angeben und das unabhängig davon, ob der Händler an einem Verfahren teilnimmt oder nicht.

Wer ist ausgenommen?

Von der allgemeinen Informationspflicht ausgenommen sind nur Unternehmen, die am 31. Dezember des vorangegangenen Jahres zehn oder weniger Personen beschäftigt hatten. Dieser Zustand ist also jährlich neu zu prüfen.

Achtung: die Hinweispflicht für Unternehmen, die zur Streitschlichtung freiwillig bereit sind oder gesetzlich oder sonstwie verpflichtet sind, sowie die besonderen Hinweispflichten bei Nicht-Beilegung von Streitigkeiten (siehe unten) gelten für alle Unternehmen, also auch solche, die zehn oder weniger Personen berschäftigen.

Konkret bedeutet das:

1. Unternehmen, die eine Webseite unterhalten (und zwar unabhängig davon, ob über die Webseite Waren/Dienstleistungen angeboten oder verkauft werden oder AGB verwenden, und die jeweils mehr als 10 Personen beschäftigen, müssen nach § 36 Abs. 1 VSBG

  • den Verbraucher leicht zugänglich, klar und verständlich davon in Kenntnis setzen, inwieweit sie bereit oder verpflichtet sind, an Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle teilzunehmen, und
  • auf die zuständige Verbraucherschlichtungsstelle hinweisen, wenn sich der Unternehmer zur Teilnahme an einem Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle verpflichtet hat oder wenn er auf Grund von Rechtsvorschriften zur Teilnahme verpflichtet ist; der Hinweis muss Angaben zu Anschrift und Webseite der Verbraucherschlichtungsstelle sowie eine Erklärung des Unternehmers, an einem Streitbeilegungsverfahren vor dieser Verbraucherschlichtungsstelle teilzunehmen, enthalten.

    Damit ergeben sich zwei Varianten:

    a) Der Unternehmer ist freiwillig bereit oder aufgrund einer Abrede, eines Gesetzes oder einer Verbandssatzung verpflichtet zur Teilnahme an einem Verbraucherschlichtungsverfahren  

    Anmerkung: Bisher gibt es nach Erkenntnissen des MITTELSTANDSVERBUNDES für Handels-, Handwerks- und Dienstleistungsunternehmen keine solche gesetzliche oder satzungsrechtliche Verpflichtung; die Teilnahme wäre also freiwillig.

    MUSTERFORMULIERUNG:  
    „Wir sind zwecks Beilegung von Streitigkeiten mit Verbrauchern zur Teilnahme an einem Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle bereit (oder gemäß XXX - Angabe der Rechtsnorm oder der vertraglichen Vereinbarung – verpflichtet). Die zuständige Verbraucherschlichtungsstelle ist: Bezeichnung/Anschrift/Webseite. Zur Beilegung der genannten Streitigkeiten werden wir in einem Streitbeilegungsverfahren vor dieser Stelle teilnehmen.“ 

    Soweit ersichtlich, wurde für Verbraucherstreitigkeiten im Einzelhandel bislang keine spezielle Schlichtungsstelle eingerichtet. Unmittelbar nach Inkrafttreten des VSBG am 1. April 2016 hat das Bundesamt für Justiz die Allgemeine Verbraucherschlichtungsstelle des Zentrums für Schlichtung e.V. in Kehl anerkannt. Diese nimmt bundesweit die Funktion einer Auffangschlichtungsstelle wahr, d. h. sie kann wegen aller Verbraucherstreitigkeiten angerufen werden, für die keine besondere Schlichtungsstelle gesetzlich anerkannt oder eingerichtet ist.


    Zuständige Stelle wäre also:

    Allgemeine Verbraucherschlichtungsstelle des Zentrums für Schlichtung e.V.
    Straßburger Straße 8
    77694 Kehl am Rhein
    Webseite: www.verbraucher-schlichter.de
    Darüber hinaus informiert das Bundesjustizamt online über die anerkannten Schlichtungsstellen.  

    b) Der Unternehmer ist nicht freiwillig bereit und auch nicht gesetzlich oder sonstwie verpflichtet zur Teilnahme

    MUSTERFORMULIERUNG:
    „Wir sind zur Teilnahme an einem Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle weder bereit noch verpflichtet.“

    Die MUSTERFORMULIERUNGEN sollten bei Unternehmen, die eine Webseite unterhalten im Impressum der Webseite sowie - wenn AGB verwendet werden - zusätzlich in den AGB aufgenommen werden. Der Offline-Händler, der AGB verwendet, sollte die MUSTERFORMULIERUNGEN in seinen AGB aufnehmen.

2. Unternehmen, die eine Webseite unterhalten oder AGB verwenden und die jeweils weniger als 11 Mitarbeiter beschäftigen, müssen den Verbraucher leicht zugänglich, klar und verständlich

auf die zuständige Verbraucherschlichtungsstelle hinzuweisen, wenn sich der Unternehmer zur Teilnahme an einem Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle verpflichtet hat oder wenn er auf Grund von Rechtsvorschriften zur Teilnahme verpflichtet ist; der Hinweis muss Angaben zu Anschrift und Webseite der Verbraucherschlichtungsstelle sowie eine Erklärung des Unternehmers, an einem Streitbeilegungsverfahren vor dieser Verbraucherschlichtungsstelle teilzunehmen, enthalten. 

Auch hier ergeben sich wiederum zwei Varianten:

a) Der Unternehmer ist freiwillig bereit oder aufgrund Gesetzes oder sonstwie verpflichtet zur Teilnahme

Hier kann die MUSTERFORMULIERUNG von oben Ziff. 1 a) genutzt werden.

b) Der Unternehmen ist weder freiwillig bereit, noch aufgrund Gesetzes oder sonstwie zur Teilnahme verpflichtet.

Hier ist kein allgemeiner Hinweis im Impressum und den AGB erforderlich.

Was passiert, wenn der Streit nicht beigelegt wird?

Sollte eine entstandene Streitigkeit aus einem Verbrauchervertrag nicht unternehmensintern beigelegt werden können, so sieht § 37 Abs. 1 VSBG vor, dass der Unternehmer den Verbraucher individuell und in Textform auf die für ihn zuständige Verbraucherstreitbeilegungsstelle unter Angabe von Anschrift und deren Webseite hinweist. Gleichzeitig ist mitzuteilen, ob Bereitschaft oder eine Verpflichtung zum Schlichtungsverfahren besteht. Bei Streitigkeiten, die zu keinem einvernehmlichen Ergebnis geführt haben, also nicht vollständig beigelegt wurden, wäre in einem abschließenden Schreiben mitzuteilen, ob eine Bereitschaft oder eine Verpflichtung zur Streitschlichtung besteht.

Nach dem Wortlaut des § 37 VSBG ist der Unternehmer auch in dem Fall, in dem keine Bereitschaft oder Verpflichtung zur Durchführung des Schlichtungsverfahrens besteht, verpflichtet, die Verbraucherschlichtungsstelle zu benennen, die zuständig wäre, wenn er an einem Streitbeilegungsverfahren teilnehmen würde. Diese Information ist zwar einigermaßen sinnlos, wenn das Unternehmen die Teilnahme an einem Streitbeilegungsverfahren von vornherein ablehnt. Eine solche Informationsverpflichtung findet sich allerdings auch in anderen Rechtsnormen, so dass DER MITTELSTANDSVERBUND bis auf weiteres zur Klarstellung empfiehlt, zu formulieren:

MUSTERFORMULIERUNG:
„Die zuständige Verbraucherschlichtungsstelle ist: Bezeichnung/Anschrift/Webseite. Wir erklären allerdings, zur Teilnahme an einem Streitbeilegungsverfahren weder bereit noch verpflichtet zu sein..“

Wichtig: Diese Informationspflicht nach § 37 VSBG ist von der Anzahl der Mitarbeiter unabhängig.

DER MITTELSTANDSVERBUND empfiehlt betroffenen Unternehmen zur Vermeidung von Abmahn-Risiken, sich möglichst rasch mit den neuen Regelungen vertraut zu machen und entsprechende Informationen in die Prozesse einzubauen.

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