Das ändert sich bald beim europaweiten Online-Handel

Die Europäische Kommission will Verbrauchern den EU-weiten Online-Einkauf erleichtern. Dem MITTELSTANDSVERBUND ist es gelungen, das Prinzip der Vertragsfreiheit zu erhalten.

Brüssel, 31.05.2016 - Europaweit ohne Hürden online shoppen, egal aus welchem Land, ist bald Realität. Zumindest, wenn es nach den neuesten Plänen der Europäischen Kommission geht. Denn die Kommission sammelte in den vergangenen Monaten eine Vielzahl unternehmenerischer Verhaltensweisen, die den grenzüberschreitenden digitalen Handel zu behindern drohen. Das Ergebnis: Zahlreiche Verhaltensweisen diskriminieren den Verbraucher aufgrund seiner Herkunft.

Deutsche Touristen zahlen für das Disneyland drauf

Die Kommission fasst dieses Verhalten unter dem Stichwort „Geoblocking“ zusammen. Paradebeispiel einer unlauteren Verhaltensweise waren dabei die unterschiedlichen Preise für die Buchung eines Aufenthalts im Disneyland Paris. So zahlten Verbraucher aus dem europäischen Ausland in der Vergangenheit weitaus mehr für ein Wochenende, als Franzosen, die das gleiche Angebot von Frankreich aus bestellen. Ein ähnliches Muster gab es auch bei der PKW-Vermietung. Hier zahlten Urlaubsreisende unterschiedliche Preise je Land.

Die Kommission hat daher einen Verordnungsvorschlag vorgestellt, der den Verbrauchern besseren Zugang zu Waren und Dienstleistungen im Binnenmarkt verschaffen soll. Direkte und indirekte Diskriminierungen seitens der Anbieter, die auf dem Wohnsitz der Kunden basieren und eine künstliche Segmentierung des Marktes bewirken, sollen damit verhindert werden.

„Die Geoblocking-Initiative schafft einen gerechten Ausgleich zwischen den Interessen der Verbraucher, die grenzenlos online einkaufen möchten, und einer ausreichenden Rechtssicherheit für die Unternehmen“, erklärte Günther Oettinger, der für die digitale Wirtschaft und Gesellschaft zuständige EU-Kommissar im Mai in Brüssel. Er sei zuversichtlich, dass das Konzept den Besonderheiten bestimmter Branchen Rechnung trage und die richtigen Impulse für den grenzüberschreitenden Online-Handel in der EU aussende.

Was regelt der Vorschlag?

Der Vorschlag richtet sich an Unternehmer, die Waren und/oder digitale Inhalte grenzüberschreitend anbieten oder anbieten wollen. Die gute Nachricht zuerst: Unternehmer, die ihre wirtschaftliche Tätigkeit allein auf den nationalen Markt ausrichten, sind von den Regelungen ausgenommen. Das ist wichtig, denn die Kommission hatte in den Vorbereitungen zu diesem Vorschlag darüber nachgedacht, Unternehmer zu verpflichten, ihre Waren und digitalen Inhalte grenzüberschreitend anzubieten.

„Wir haben in vielen Evaluierungen des rechtlichen Rahmens im Binnenmarkt immer wieder feststellen müssen, dass noch viele rechtliche Hindernisse im Binnenmarkt bestehen. Einige Unternehmen stellen sich dieser Herausforderung, andere hingegen sehen schlichtweg keinen wirtschaftlichen Nutzen in der Ausweitung ihres Angebots auf das europäische Ausland“, so Tim Geier, der das MITTELSTANDSVERBUND-Büro in Brüssel leitet. „Deswegen begrüßt DER MITTELSTANDSVERBUND den Ansatz, einheitliche Regeln nur für Unternehmen festzulegen, die tatsächlich grenzüberschreitend tätig werden“, sagt der Europaexperte.

Für Unternehmen, die europaweit Waren online anbieten, sollen ab sofort bestimmte Regeln gelten. So darf der Zugang zu Online-Angeboten nicht aufgrund des Wohnsitzes eines Verbrauchers verhindert werden. Konkret dürfen Onlineshops den Kunden nicht automatisch auf eine Version der Homepage seines Herkunftsmitgliedsstaates umleiten oder den Zugang zu einer bestimmten Version der Homepage vollständig verhindern.

Ein Beispiel: Eine Kooperation bietet die Waren seiner Mitglieder in einem Onlineshop an. Dieser Shop existiert in mehreren Versionen – einer deutschen, einer französischen und einer spanischen. Die Waren werden – je nach Version des Shops – zu unterschiedlichen Preisen angeboten. Entscheidet sich ein spanischer Verbraucher nun, auf der deutschen Version einzukaufen, darf ihm weder der Zugang zu dieser verwehrt werden, noch darf er ohne ausdrückliche Zustimmung automatisch auf die spanische Seite weitergeleitet werden.

Was ist mit den Preisen?

Die Europäische Kommission erklärt in dem Vorschlag, dass grundsätzlich nicht auf die Preisgestaltung der Unternehmen Einfluss genommen werden soll. Er kann daher unterschiedliche Preise für Waren aufrufen, wenn ein Verbraucher aus dem europäischen Ausland aus bestellt.

Zu diesem Grundsatz bestehen jedoch Ausnahmen. Für den Handel ist die Ausnahme wichtig, nach der keine unterschiedlichen Preise für eine Bestellung aus dem europäischen Ausland aufgerufen werden können, wenn der Verbraucher (aus dem EU-Ausland) die Ware bestellt und sich diese in den Mitgliedstaat des Händlers liefern lässt. Dies ist der klassische Fall eines Touristen-Einkaufs, übertragen auf die digitale Welt. Wenn ein Tourist bei einem stationären Händler in Deutschland Waren erwirbt, werden regelmäßig auch keine unterschiedlichen Preise aufgerufen. Wenn im eben beschrieben Beispiel nun ein Spanier bei der Online-Plattform einer Kooperation Waren bestellt und sich diese auch nach Deutschland liefern lässt (um sie anschließend nach Spanien weiterzuschicken), müsste die Kooperation ihre Waren also zu Inlandspreisen verkaufen.

Dies könnte zu einer nicht unerheblichen Veränderung der Preisgestaltungsmechanismen und Versandwirtschaft führen. Zudem ist noch ungeklärt, inwieweit in diesen Fällen das Verbraucherrecht des Bestellers zu beachten ist. Hier muss in dem kommenden politischen Entscheidungsprozess daher unbedingt nachgebessert werden, damit Händler keine unüberschaubaren rechtlichen Risiken eingehen.

Wie muss bezahlt werden?

Auch die Akzeptanz von Zahlungsmitteln ist im Verordnungsvorschlag berücksichtigt. So müssen Kartenzahlungsmittel aus anderen Mitgliedstaaten weitestgehend akzeptiert werden, wenn die Zahlungen durch Überweisung, Lastschrift oder ein kartengebundenes Zahlungsinstrument innerhalb derselben Zahlungsmarke erfolgen. Unterschiedliche Entgelte können hingegen jederzeit vom Händler verlangt werden.

Selektive Vertriebssysteme

Der Verordnungsvorschlag stellt klar, dass selektive Vertriebssysteme den eben vorgestellten Regeln nicht entgegenstehen dürfen. Dies erfolgt jedoch mit dem Hinweis, dass das bestehende europäische Wettbewerbsrecht nicht angetastet werden darf. Entsprechend der bestehenden Rechtslage dürfen somit weiterhin Vereinbarungen getroffen werden, die den Verkauf von Waren an bestimmte Voraussetzungen knüpft. Auch Gebietsvereinbarungen dürfen weiterhin getroffen werden, solange sie den passiven Verkauf von Waren nicht verbieten.

Fazit

„Der vorgestellte Verordnungsentwurf liegt weit hinter dem zurück, was die Kommission in der Vergangenheit angedacht hatte“, so Geier. Die Vertragsfreiheit bleibt damit – in den Grenzen des bestehenden Wettbewerbsrechts weitestgehend erhalten.

Der Hinweis auf Lieferungen im Inland scheint etwas unstrukturiert. Hier müssen klarere Regelungen getroffen werden, welches unternehmerische Verhalten zukünftig noch zulässig sein soll. DER MITTELSTANDSVERBUND wird sich daher in diesem Sinne in den politischen Entscheidungsfindungsprozess einbringen.

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