Daten als Gemeingut: Nahles fordert „Daten-für-Alle“-Gesetz

Die SPD-Vorsitzende Andrea Nahles hat sich für ein „Daten-für-Alle“-Gesetz ausgesprochen, um die Macht großer Digitalkonzerne einzudämmen. Das neue Instrumentarium soll Unternehmen zwingen, einen Teil ihrer Daten öffentlich zur Verfügung zu stellen. DER MITTELSTANDSVERBUND begrüßt den Vorschlag, Daten im Sinne genossenschaftlicher Eigentümerstrukturen zu teilen, fordert jedoch eine Präzisierung des jüngsten Vorhabens.

Berlin, 16.08.2018 – Die SPD-Vorsitzende Andrea Nahles hat sich für ein „Daten-für-Alle“-Gesetz ausgesprochen, um die Macht großer Digitalkonzerne einzuschränken. „Wenn wir künftig verhindern wollen, dass Google und Co. ihre Monopolstellung zulasten von Unternehmen und Verbrauchern ausnutzen, brauchen wir dafür innovative Instrumente.“, appelliert Nahles. Durch ein entsprechendes gesetzliches Instrumentarium wäre ein Unternehmen verpflichtet – sobald es einen festgelegten Marktanteil für eine bestimmte Zeit überschreitet – einen anonymisierten und repräsentativen Teil seines Datenschatzes öffentlich verfügbar zu machen.

 Eine gemeinschaftliche Datennutzung würde insbesondere mittelständischen Unternehmen, die sich im Rahmen überbetrieblicher Zusammenarbeit in Genossenschaften und Kooperationen zusammengeschlossen haben, neue Möglichkeiten zur Erhaltung ihrer Wettbewerbsfähigkeit erschließen. Erst kürzlich hatte die Bundesregierung Eckpunkte für eine Strategie in Sachen Künstliche Intelligenz beschlossen und betont: „Wir wollen, dass unsere spezifischen Datenbestände zum Wohle von Gesellschaft, Umwelt, Wirtschaft und Staat nutzbar gemacht werden und sich KI-basierte Geschäftsmodelle in Deutschland entwickeln und zu neuen Exportschlagern werden.“

Digitalkapitalismus erfordert Level-Playing-Field

Vor dem Hintergrund der Herausforderungen des Digitalkapitalismus begrüßt DER MITTELSTANDSVERBUND grundsätzlich den Vorschlag, Daten als Gemeingut im Rahmen genossenschaftlicher Eigentümerstrukturen zu teilen – spiegelt er doch das von dem Spitzenverband stets geforderte Level-Playing-Field wider.

Eine gemeinschaftliche Datennutzung würde insbesondere mittelständischen Unternehmen, die sich im Rahmen überbetrieblicher Zusammenarbeit in Genossenschaften und Kooperationen zusammengeschlossen haben, neue Möglichkeiten zur Erhaltung ihrer Wettbewerbsfähigkeit erschließen. Denn mit dem noch immer rasant voranschreitenden Digitalisierungsprozess, insbesondere dem raschen Wandel hin zu elektronisch gestützten (Daten-)Prozessen entlang sämtlicher Stufen der Wertschöpfungskette, stehen gerade kleine und mittlere Unternehmen vor gewaltigen Herausforderungen.

Auch aus den Kollegenreihen erhält Andrea Nahles Rückendeckung. In einem Interview mit dem MITTELSTANDSVERBUND äußerte der Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier: „Das unterstütze ich. In der Zukunft wird es ein hohes Datenaufkommen geben, etwa durch selbstfahrende Autos im öffentlichen Verkehr oder im Gesundheitswesen. Diese Daten sollen auch jungen mittelständischen Unternehmen zur Verfügung stehen, die damit Forschung betreiben oder neue Geschäftsmodelle entwickeln wollen. Wir wollen das gesetzlich auf eine gute Grundlage stellen.“

MITTELSTANDSVERBUND fordert Präzisierung

Bereits im Mai hatte Nahles vorgeschlagen, zu überlegen, ob beispielsweise die großen Plattformen im Internet ab einer bestimmten Größe ihre Datenmengen mit den Wettbewerbern teilen müssten. "Die Daten würden somit zu einem Gemeinschaftsgut.“, so die SPD-Vorsitzende. Denkbar seien auch Internet-Plattformen mit genossenschaftlicher Eigentümerstruktur.

Ob ein nun gefordertes „Daten-für-alle“-Gesetz der richtige Hebel sein kann, muss konstruktiv geprüft werden, denn: Marktabgrenzungen sind im Fokus des Kartellamtes und höchst komplex. Unklar ist bisher auch, ab welchem Marktanteil das Gesetz greifen soll und welche Daten freigegeben werden sollten.

Vor diesem Hintergrund fordert DER MITTELSTANDSVERBUND eine Prüfung und Präzisierung des Vorhabens. Hierbei gilt es, gerade auch solche Daten in den Blick zu nehmen, die zur Etablierung von Geschäftsmodellen und zur individuellen Kundenansprache von besonderer Bedeutung sind.

Amazon & Co: Vom Marktteilnehmer zum Markt

Doch auch wenn die Idee zunächst auf Umsetzbarkeit untersucht werden muss, ist sie weit mehr als nur die Feststellung eines Status Quo. Es geht um nicht weniger als die Identifizierung von Monopolelementen und um das Aufzeigen von Wegen für einen diskriminierungsfreien Zugang zu Daten für alle Marktteilnehmer – damit Internetriesen wie Amazon & Facebook nicht aufgrund ihrer ausschließlichen Datenhoheit die Märkte dominieren.

Der Zugang zu den Daten allein ist als Rahmenbedingung für deren Nutzung durch den Mittelstand allerdings keineswegs ausreichend. Es mangelt nämlich aktuell an Analysten, die in der Lage sind, aus Rohdaten Erkenntnisse zu gewinnen und daraus neue Geschäftsmodelle zu entwickeln. Die Bemühungen um einen besseren Datenzugang für Unternehmensnetzwerke und Mittelstand sollten deshalb mit einer nationalen Qualifizierungsinitiative einher gehen. „Nur mit guten Datenanalysten kann der Mittelstand vor dem Hintergrund des scharfen Wettbewerbs mit globalen Internetplattformen und großen Kapitalgesellschaften seine Chancen nutzen.“, mahnt MITTELSTANDSVERBUND-Präsident Günter Althaus. Mittelstand ohne hinreichenden Zugriff auf Daten halte er für ein dramatisches Zukunftsszenario.

Wo es an entsprechenden Rahmenbedingungen für ein digitales Zeitalter fehle, seien die Aussichten düster. Deshalb müssten den Worten der Spitzenpolitiker nun auch Taten folgen, fordert auch Dr. Ludwig Veltmann, Hauptgeschäftsführer des MITTELSTANDSVERBUNDES. "Wer sich zum Mittelstand bekennt, muss endlich begreifen, dass Daten und deren Verfügbarkeit unentbehrliches Lebenselixier für ihn sind.“

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