Digitale Agenda: MITTELSTANDSVERBUND fordert Nachbesserung 

Das EU-Parlament hat einen Berichtsentwurf für den Digitalen Binnenmarkt vorgestellt - neben einigen guten Ansätzen enthält dieser auch Tendenzen einer weiteren Beschränkung der Handlungsmöglichkeiten für den kooperierenden Mittelstand. DER MITTELSTANDSVERBUND fordert Nachbesserung.

Brüssel, 23.10.2015 — Nach langen Vorbereitungen haben die Berichterstatter Evelyne Gebhardt (D/SD) und Kaja Kallas (EE/(ALDE) ihren Berichtsentwurf für die Digitale Agenda vorgestellt. Der Entwurf "Auf dem Weg zu einer Akte zum Digitalen Binnenmarkt" ist die nichtlegislative Antwort des EU-Parlaments auf die im Mai von der EU-Kommission vorgestellte Digitale Agenda.

Die Berichterstatter begrüßen den Ansatz der Kommission, horizontale Rahmenbedingungen für die voranschreitende Digitalisierung der Geschäftswelt zu schaffen. Gerade Unternehmer müssten dabei Bedingungen vorfinden, die ihnen einen Eintritt in die digitale Welt erleichtern.

Regeln für den grenzüberschreitenden Handel

Ein für den kooperierenden Mittelstand äußerst wichtiger Punkt wurde unter dem Thema "Besserer Online-Zugang für Verbraucher und Unternehmen in ganz Europa" besprochen. Dort fordern die Berichterstatter eine weitere Vereinheitlichung des europäischen Verbraucherrechts. Anders, als die EU-Kommission plädieren die Berichterstatter für eine vollumfängliche Harmonisierung in diesem Bereich. So sollen die neuen Regeln auf den Erwerb digitaler Inhalte als auch von physischen Waren gleichermaßen Anwendung finden. Die Berichterstatter halten weiterhin unterschiedliche Regeln für den Kauf on- und offline für nicht hilfreich - auch DER MITTELSTANDSVERBUND ist derzeit dabei, Mehrheiten bei den Europäischen Institutionen für einen einheitlichen Ansatz - gerade mit Blich auf die Omni-Channel-Konzepte vieler Verbundgruppen - zu organisieren.

Vertragsautonomie

Wie bereits schon im Vorfeld befürchtet, stellten die Berichterstatter fest, dass viele Verbraucher nicht auf das Online-Angebot von Händlern aus dem europäischen Ausland zugreifen können. Sie sehen darin eine Diskriminierung der Verbraucher und fordern daher eine Anpassung des europäischen Rechts. DER MITTELSTANDSVERBUND hält dies für äußerst kontraproduktiv. Neben Sprachbarrieren gibt es noch weitere Gründe, warum sich Händler momentan weigern, das europäische Ausland zu liefern - neben unterschiedlichen Berichts- und Nachweispflichten im Bereich Mehrwertsteuer kommen die unterschiedlichen vertraglichen Regelungen erschwerend hinzu. Den Unternehmen jetzt einen faktischen Verkaufszwang aufzuerlegen, würde gerade mittelständische Unternehmen gegenüber größeren Marktteilnehmern erheblich benachteiligen.

DER MITTELSTANDSVERBUND hat daher bereits Änderungsanträge im EU-Parlament eingereicht. Die Europaparlamentarier sollen sich klar zum Grundsatz der Vertragsautonomie bekennen.

Geoblocking = Totalverbot vertikaler Vereinbarungen?

Ein weiterer kritischer Aspekt wird im Berichtsentwurf unter dem Thema "Geoblocking" behandelt. Hier werden zunächst die einzelnen Formen unternehmerischen Verhaltens aufgezählt, die das Parlament unter den Begriff subsumiert: So soll die automatische Weiterleitung von Verbrauchern auf die jeweilige Homepage ihres nationalen Anbieters künftig untersagt werden. Auch unterschiedliche Preise aufgrund einer Herkunft des Verbrauchers aus einem anderen Mitgliedstaate sollen unterbleiben.

Die insoweit richtige Forderung soll jedoch durch eine Anpassung des bestehenden Wettbewerbsrechts realisiert werden – und das in dem Bereich gerade der Regeln, die überlebensnotwendig für mittelständische Kooperationen sind. Die Regeln des Europäischen Wettbewerbsrechts - genauer, der sogenannten Gruppenfreistellungsverordnung Vertikal (GVO-Vertikal) – sehen vor, dass vertikale Vereinbarungen zulässig sein können, wenn weder der Anbieter noch der Abnehmer der Waren oder Dienstleistungen einen Marktanteil von mehr als 30 Prozent hat. Diese Regeln bedeuten für den kooperierenden Mittelstand einen Nachteilsausgleich gegenüber großen Filialbetrieben, die in ihr Marktverhalten weitestgehend frei gestalten können.

Die Berichterstatter fordern jetzt, dass diese Regeln und damit der Handlungsspielraum für mittelständische Unternehmen weiter eingeschränkt werden soll. DER MITTELSTANDSVERBUND bezweifelt, dass mit dieser Forderung direkt ein Nachteil für den kooperierenden Mittelstand intendiert wurde. Es liegt vielmehr eine Fehleinschätzung der Bedeutung einer solchen Änderung des Wettbewerbsrechts aufseiten der Parlamentarier vor.

Die bestehende GVO-Vertikal verbietet bereits heute die von den Berichterstattern gerügten Fälle des Geoblockings. Eine Änderung derselben ist daher der falsche Ansatz. Auch diesen Punkt hat DER MITTELSTANDSVERBUND daher in seinen Änderungsanträgen zum Berichtsentwurf bemängelt.

Für Dezember dieses Jahres ist die Abstimmung in den Ausschüssen angesetzt. Danach soll der Bericht zügig im Januar 2016 vom EP-Plenum angenommen werden.

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