Digitaler Binnenmarkt: EU zieht Bilanz

Die Europäische Kommission zieht Bilanz über die Entwicklungen des digitalen Binnenmarkts. Dabei kündigt sie auch neue Maßnahmen an. Betroffen sind auch Verbundgruppen.

Brüssel, 12.05.2017 – Die Erwartungen waren hoch, nachdem die damals noch junge Europäische Kommission im Mai 2015 ihre Pläne über den digitalen Binnenmarkt vorstellte. Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker erhob die Vollendung der Pläne damals zur absoluten Priorität.

Zwei Jahre später, nämlich am 11. Mai, stand erneut die Vorstellung neuer Initiativen gesetzlicher und nicht-gesetzlicher Art im Mittelpunkt. Bis heute hat die Kommission davon 35 Maßnahmen erarbeitet: eine Initiative gegen das sogenannte Geoblocking, der Vorschlag über eine weitere Vereinheitlichung der Europäischen Verbraucherrechte sowie die Abschaffung der Roaming-Gebühren waren direkte Folge der Ankündigungen.

Weiter am Kurs arbeiten

Andrus Ansip, der für den digitalen Binnenmarkt zuständige Vizepräsident, erklärte in Brüssel hierzu: „Die Kommission hat ihre Versprechen gehalten und Vorschläge zu allen wichtigen Initiativen für den Aufbau eines digitalen Binnenmarktes vorgelegt. Das Europäische Parlament und die Mitgliedstaaten müssen nun diese Vorschläge möglichst bald verabschieden, damit in ganz Europa neue Arbeitsplätze entstehen und die Wirtschaft und Innovation in Gang kommen können.“

Aber wie sind die Pläne des digitalen Binnenmarktes bisher vorangeschritten? Am 11. Mai zog die Europäische Kommission Bilanz der zweijährigen Gesetzesarbeit. Die erste Feststellung: Die Richtung ist gut, der Kurs muss aber noch verfeinert werden.

Einige neue Initiativen werden daher in der Mitteilung den EU-Bürgerinnen und Bürgern vorgestellt. So soll noch in diesem Jahr ein Vorschlag vorgestellt werden, der den grenzüberschreitenden freien Fluss nicht personenbezogener Daten regelt. Auch der Bereich „Cybersicherheit“ wird in den Fokus der EU-Gesetzgeber rücken. Die Kommission möchte hier bis September 2017 die europäische Cybersicherheitsstrategie und den Auftrag der Agentur der Europäischen Union für Netz- und Informationssicherheit (ENISA) überprüfen, um diese an den neuen EU-weiten Rahmen für Cybersicherheit anzupassen.

Kampf gegen Vertragsklauseln auf Plattformen

Für Verbundgruppen wohl am interessantesten dürfte jedoch die Ankündigung sein, dass bis Ende 2017 ein Gesetzesvorschlag zur Bekämpfung gegen missbräuchliche Vertragsklauseln und unlautere Handelspraktiken, die in den Beziehungen zwischen Plattformen und Unternehmen festgestellt wurden, vorzustellen. Dahinter steht der Verdacht, dass vor allem große Plattformen mittelständischen Unternehmen einfache Möglichkeiten bieten, in den E-Commerce einzusteigen, auf der anderen Seite aber dann ihre Stärke ausnutzen.

Die Mitteilung nennt hierzu beispielsweise die unterschiedliche Behandlung der Marktplatzteilnehmer in Bezug auf das Ranking (auf der Plattform) oder die unterschiedliche Berechtigung in Bezug auf die Nutzung der durch den auf der Plattform generierten Traffic. Mögliche Maßnahmen könnten daher Ansätze zu mehr Transparenz und einem effektiven Rechtsschutz – etwa durch Einrichtung eines Streitbeilegungsmechanismus – sein.

Schutz der Einzelhändler notwendig

DER MITTELSTANDSVERBUND hatte bereits in der bisherigen Diskussion immer wieder darauf hingewiesen, dass Maßnahmen „wohl dosiert“ werden müssen. „Mittelständische Händler, die auf großen Online-Marktplätzen arbeiten, sollten vor einseitigen Maßnahmen der Plattform-Betreiber geschützt werden“, warnt Tim Geier, der das Brüsseler Büro des MITTELSTANDSVERBUNDES leitet. Andererseits sollten die neuen Regeln ausreichend Raum für die neuen Multichannel-Konzepte der Verbundgruppen lassen. Zusammen mit dem Europäischen Dachverband, Independent Retail Europe, wurde deshalb bereits ein Workshop zusammen mit der Europäischen Kommission abgehalten, um auf die Besonderheiten in Verbundgruppen hinzuweisen.

DER MITTELSTANDSVERBUND konnte sich in dieser Diskussion gegenüber der Kommission dank der hervorragenden Darstellungen der auf dem Workshop vertretenen Mitglieder als kompetenter Ansprechpartner auch zu dieser Thematik positionieren. Das bis Ende des Jahres nunmehr erforderliche Finetuning erfolgt daher im engen Kontakt mit den zuständigen Entscheidungsträgern.

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