Digitalisierung „made in Europe“: Das sind die Pläne

Das Bundeswirtschaftsministerium hat das Weißbuch zu digitalen Plattformen vorgelegt. Alles soll besser werden, so der Tenor der Digital-Architekten. Doch was steckt wirklich dahinter?

Brüssel, 23.03.2017 – Ein Blick in weltweite Rankings der wertvollsten Unternehmen zeigt: digitale Plattformen verschiedenster Ausrichtung verändern mittlerweile Wertschöpfungsketten, setzen wichtige Impulse für Innovation und bestimmen die Standards von morgen.

Um den digitalen Wandel fair zu gestalten, sah sich die Bundesregierung in der Pflicht. Zielsetzung dabei: In Zusammenarbeit mit den europäischen Partnern soll auf diesem Kontinent das digitale Umfeld der Zukunft definiert werden. Eine Kampfansage an das Silicon Valley, das als Ideenschmiede Kaliforniens gilt.

Deutschland kein digitales Musterland

Digitalisierung „made in Europe“, so das Ziel des am 20. März auf der CeBIT-Messe veröffentlichten Weißbuches über digitale Plattformen des Bundeswirtschaftsministeriums. Das Papier hat den Anspruch, alle relevanten Thematiken anzusprechen und die entsprechend geplanten Vorhaben der Bundesregierung vorzustellen – im Kontext der anstehenden Bundestagswahlen daher vielleicht ein erster Ausblick auf Pläne, die für einen künftigen Koalitionsvertrag relevant sein könnten.

Das Papier beginnt mit einer durchaus kritischen Bestandsaufnahme. Deutschland sei dabei kein digitales Musterland und habe noch erhebliches Nachholpotential, wenn es um den Ausbau von Breitbandnetzen geht. Aber auch EU-weit sieht es nicht besser aus: So seien EU-basierte Plattformen in dem weltweiten Top-10 Ranking einfach nicht existent.

Deutschland habe jedoch – bedingt durch seine solide industrielle Basis – erhebliches Potential, in der gewissermaßen zweiten Digitalisierungswelle ganz vorne mitzuspielen. Die Kernaufgabe der Industrie sei dabei, die bestehenden Produktportfolios mit Kundenkontakten zu kombinieren.

Für die zukünftigen Aufgaben bedürfe es jedoch auch eines soliden regulatorischen Rahmens.

Sicherung des Wettbewerbs

Eigentlich ein Rückblick: das Bundeswirtschaftsministerium betonte dennoch die Neuerung im Wettbewerbsrecht, welche die kürzlich verabschiedete neunte Novelle des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen mit sich gebracht hat. Exemplarisch nennt das Ministerium die nunmehr zwingende Berücksichtigung „digitaler Faktoren“ bei der Bewertung wettbewerbsrechtlich erheblichen Verhaltens, die Vereinfachung des Erlasses von einstweiligen Maßnahmen sowie die zeitliche Begrenzung von Verpflichtungszusagen. Neben der konsequenten Marktüberwachung, die ebenfalls durch die Novelle vereinfacht wurde, stehen den Wettbewerbshütern daher eine umfassende Palette neuer Kompetenzen zur Verfügung.

Umbruch in der Aufsicht

Ein wirkliches Novum stellt das Wirtschaftsministerium in Form der Ankündigung vor, neue Mechanismen für die Durchsetzung von AGB und Lauterbarkeits-Vorschriften zu erlassen. In Deutschland gilt momentan der Grundsatz der privatrechtlichen Durchsetzung dieser Rechte. Im digitalen Zeitalter kämen die bisherigen „analogen“ Vorschriften jedoch an ihre Grenzen. Um unrechtmäßiges unternehmerisches Verhalten im Internet einzudämmen, benötige man daher auch neue Vorschriften der Durchsetzung.

Weiterhin müssten nach Ansicht des BMWi die Vorschriften über die allgemeinen Geschäftsbedingungen an die Datenwirtschaft angepasst werden. Denn diese sind die Währung der Zukunft. Der Austausch Daten gegen Dienstleistungen müsse daher auch eine Entsprechung in den AGB-Vorschriften finden.

DER MITTELSTANDSVERBUND begrüßt den Ansatz einer besseren Durchsetzung der Vorschriften über unlauteren Wettbewerb. Es muss jedoch jederzeit gewährleistet werden, dass Eingriffe in die unternehmerische Freiheit gerichtlich überprüfbar bleiben. Zu schnell könnte andernfalls falsch verstandener Verbraucher- und Unternehmerschutz in die Schaffung unumkehrbarer Tatsachen münden.

Daten, Daten, Daten

Am neuralgischen Punkt „Daten“ führen alle Bestrebungen des BMWis zusammen. Wie kann die Rechtssicherheit beim Datentransfer zukünftig gewährleistet werden? Wem gehören die Daten? Unter welchen Voraussetzungen können Daten – etwa von Plattformen – vom Inhaber auf eine andere Plattform mitgenommen werden? Wie können also Datenmonopole verhindert werden?

Das Ministerium verspricht Antworten auf alle diese Fragen. Für den kooperierenden Mittelstand sicherlich erheblich: Die neuen Regeln sollen nicht ohne umfassende Informations- und Aufklärungspflichten auskommen können. DER MITTELSTANDSVERBUND wird sich im Sinne einer Entlastung seiner Mitglieder einsetzen.

Fazit

Die vielen guten Ansätze lassen dennoch eine Frage offen: Wie verhält es sich mit den Ansätzen zu der europäischen Digitalen Agenda? Diese wurde bereits vorletztes Jahr angestoßen. Viele Regelungsbereiche überschneiden sich dabei. Eine gute Koordinierung zwischen Brüssel und Berlin ist daher äußerst wichtig.

DER MITTELSTANDSVERBUND begrüßt hingegen den Ansatz der Bundesregierung, die Zivilgesellschaft in diesen europäischen Dialog bereits an dieser Stelle einzubeziehen.

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