So bremst die Netzagentur den Ausbau des Internets

Schnelles Internet wird vorerst ein Zukunftsprojekt bleiben. DER MITTELSTANDSVERBUND warnt zusammen mit anderen Verbänden in einem Brief an die EU-Kommission vor einem Vectoring-Monopol der Telekom.

Berlin, 21.04.2016 – Wenn es nach dem Willen der Bundesregierung geht, sollen alle Haushalte in Deutschland bis 2018 die Vorteile des schnellen Internets nutzen können. Doch nun geraten die Pläne ins Stocken. Eine Entscheidung der Bundesnetzagentur (BNetzA) zu Gunsten der Deutschen Telekom genehmigt dem Telekommunikationsunternehmen weitgehend ein Vectoring-Monopol. Das Unternehmen hatte zugesichert, bis Ende 2018 alle nicht versorgten Gebiete im Nahbereich um den Hauptverteiler an das schnelle Netz anzuschließen und Geschwindigkeiten von mindestens 50 Megabit pro Sekunde zu gewährleisten. Das bremst vor allem die Ausbaupläne weiterer Wettbewerber.

Mit großer Sorge wendet sich nun DER MITTELSTANDSVERBUND mit weiteren Verbänden in einem gemeinsamen Schreiben an EU-Kommissar Günther Oettinger, Kommissions-Vizepräsident Andrus Ansip und weitere zuständige Kommissare in Brüssel, um noch Änderungen an der Entscheidung der BNetzA zu erreichen.

Der Notifizierungsentwurf des deutschen Regulierers liegt der EU-Kommission derzeit zur Prüfung vor. Die von der BNetzA beabsichtigte Entscheidung verzögert und verteuert den dringend erforderlichen weiteren Glasfaserausbau anstatt ihn zu beschleunigen, so die gemeinsame Einschätzung.

Aus diesem Grund appeliert der Spitzenverband des kooperierenden Mittelstandes gemeinsam mit zahlreichen Verbänden an die Kommission: Der Übergang zur Gigabit-Gesellschaft wird nur im Wettbewerb erreicht und keinesfalls durch neue Technologiemonopole.

Breitbandausbau bis 2018 gefährdet

Gemeinsam warnen sie vor den negativen Folgen für den Wirtschaftsstandort Deutschland mit Auswirkungen auf ganz Europa und seine zukünftige Wettbewerbsfähigkeit.

"Der derzeitige Entwurf behindert den wichtigen Wettbewerb der Telekommunikationsanbieter um die sogenannte letzte Meile", warnt auch MITTELSTANDSVERBUND-Geschäftsführer Jörg Glaser. Das wirke sich nachteilig auf den von der Bundesregierung angestrebten bezahlbaren und nachhaltigen Breitbandausbau aus. "Der kooperierende Mittelstand in den über 310 Verbundgruppen ist aber zukünftig beim Ausbau zum IT-Verbund genau darauf angewiesen", so Glaser.

Die Verbände unterstreichen, dass Wettbewerb den notwendigen Übergang in die Gigabit-Gesellschaft, aber auch die Breitbandziele bis 2018 vorantreibt. Mehr als 80 Prozent der bestehenden Glasfaseranschlüsse bis zum Haus oder Endkunden (FTTB/FTTH) wurden von den Wettbewerbern gebaut, mehr als die Hälfte der Gesamtinvestitionen von ihnen getragen. Es geht nach Überzeugung der Verbände beim Vectoring-II-Antrag der Telekom nicht nur um eine Regulierungsentscheidung, sondern vor allem um eine zentrale Weichenstellung mit gesellschaftspolitischer Tragweite für die nächsten zehn Jahre.

Die Zeit drängt

Die Politik dürfe sich hier nicht der Verantwortung entziehen und müsse einem Technologiemonopol eine klare und verlässliche Absage erteilen. Die Telekom will sich gegenüber der Bundesnetzagentur vertraglich verpflichten, den Ausbau der 8.000 lukrativsten Gebiete in Deutschland in einem Bereich von nur 550 Metern um alle Hauptverteiler Deutschlands herum vorzunehmen.

"Eine damit einhergehende Verpflichtung zum Überbau zahlreicher, bereits bestehender Next Generation Access-Infrastrukturen – insbesondere FTTB/H, also Glasfaser bis ins Haus und in die Wohnung sowie TV-Breitbandkabel – wäre in Deutschland und in Europa einzigartig und würde dem Infrastrukturwettbewerb großen Schaden zufügen", heißt es in dem Verbändeschreiben.

Weiter warnen die Verbände: "Angesichts der rasant wachsenden Herausforderungen der Digitalisierung brauchen die deutschen Unternehmen aus Industrie, Mittelstand, Handwerk, Handel, Dienstleistungssektor und Landwirtschaft flächendeckend Breitbandkapazitäten, die weit über das 50-Megabit-pro-Sekunde-Ziel hinausreichen. Dauerhaft ist dies nur mit einem zügigen und massiven weiteren Ausbau des Glasfasernetzes möglich."

"Unser Ziel muss die Gigabit-Gesellschaft sein. Dafür brauchen wir Gigabitnetze – schnell und im Investitionswettbewerb", appellieren die Verbände. Ein Investitionsverbot für in- und ausländische Investoren verletze nicht nur europäisches Recht, sondern schade auch langfristig den Verbrauchern. Die Verbände bauen deshalb auf ein Einschreiten der EU-Kommission.

Der Brief wurde unterzeichnet von BEVH, BGA, BREKO, BUGLAS, DDV, DER MITTELSTANDSVERBUND, Deutscher Bauernverband, Deutscher LandFrauenverband, Deutscher Landkreistag, Deutscher Städtetag, DIE JUNGEN UNTERNEHMER, Digitale Gesellschaft, DVPT, eco, ECTA, FTTH Council Europe, FRK, GAME, GdW, HDE, INTUG, Telecom, VAF, VATM und VKU.

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