Telefonieren in Europa wird kostenlos - oder nicht?

Die Europäische Kommission hat ihre Pläne zur Abschaffung der Roaminggebühren im Binnenmarkt überarbeitet. Gewinner der neuen Vorschläge sind vor allem Pendler.

Brüssel, 27.09.2016 – Im Ausland kostenlos telefonieren und surfen könnte bald zur Realität werden. Zumindest wenn es nach den Plänen der Europäischen Kommission geht. Die stellte am 5. September in Brüssel ihre Pläne zur Abschaffung der Roaminggebühren vor - um sie zwei Wochen später wieder zurückzunehmen. Nun sind erste Details der Überarbeitung an die Öffentlichkeit geraten. Gewinner der neuen Vorschläge sind vor allem Berufspendler und Studierende.

Erster Vorschlag sah teilweise Abschaffung vor

Im Jahr 2012 trat die Verordnung über Roamingebühren in Kraft. Diese sieht einen schrittweisen Abbau der Roamingebühren im europäischen Binnenmarkt vor. Bis Juni 2017 sollen danach die Roaminggebühren abgeschafft werden – zumindest größtenteils. Der Teufel steckt wie immer im Detail. Es steht dem Telekommunikationsanbieter nämlich frei, Regeln für eine faire Nutzung des Netzes festzulegen.

In einem Vorschlag der Kommission vom 5. September sollte das Telefonieren im EU-Ausland zunächst nur für 90 Tage im Jahr kostenlos sein. Hinzu kam, dass das Verbot konsekutiv nur für 30 Tage galt. Danach hätte der Nutzer sich wieder in sein Heimatnetz einwählen müssen.

Juncker zog Notbremse

Was den Urlauber freut, könnte sich für Unternehmen als unbrauchbar erweisen. Denn oft halten sich Mitarbeiter länger als einen Monat im EU-Ausland auf und kommen daher gegebenenfalls nicht in den Genuss der neuen Regeln.

Kritik gab es deshalb viel - mit Erfolg. In seiner Rede zur Lage der Europäischen Union am 14. September kündigte Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker deshalb an, den Vorschlag zurückzunehmen und einen ausgeglichenen Ansatz zu wählen.

Doch mit dem neuen Entwurf lässt sich die Kommission nun Zeit. Dennoch sind nun die ersten Details durch die Kommission an die Öffentlichkeit geraten. Demnach soll der Begriff "faire Nutzung" eine andere Konnotation erhalten. Roamingfrei sollen nur Personen im Ausland telefonieren können, die eine "stabile Bindung" zu einem anderen Mitgliedstaat aufweisen können.

Pendler profitieren

Als Nutzer mit "stabiler Bindung" gelten etwa Pendler, im Ausland lebende Bürgerinnen und Bürger, die sich regelmäßig in ihrem Heimatland aufhalten, oder Erasmus-Studierende. Europäische Bürgerinnen und Bürger werden inländische Preise zahlen, wenn sie telefonieren, Textnachrichten versenden oder auf ihrem Mobilgerät ins Internet gehen. Auch werden sie uneingeschränkten Zugang zu anderen Teilen ihres Mobilfunkvertrags (z. B. dem monatlichen Datenvolumen) haben.

Der Betreiber ist zur Einrichtung von Beschwerde-Mechanismen verpflichtet. Sollte ein Streitfall sich unter deren Zuhilfenahme nicht beilegen lassen, erhält der Kunde ein Beschwerderecht bei der jeweiligen nationalen Regulierungsbehörde, die über den Fall entscheiden soll.

Mobilfunkanbieter sollen Roaminggebühren verlangen können, wenn sie nachweisen, dass ihr nationales Preismodell andernfalls gefährdet würde. Inwieweit die neuen Pläne der Kommission nun ausgestaltet werden, bleibt jedoch ungewiss. 

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