Think small first: Zukunft des Mittelstandes in Europa

DER MITTELSTANDSVERBUND diskutierte am 26. Mai mit Vertretern von EU-Parlament und Kommission in Brüssel über die Rahmenbedingungen für mittelständische Unternehmen in Europa. Hauptgeschäftsführer Dr. Ludwig Veltmann forderte unter anderem eine Überprüfung des Verbots vertikaler Preisbindung.

Brüssel, 26.05.2015 — Die Fakten liegen auf dem Tisch: inhabergeführte Handels-, Handwerks und Dienstleistungsunternehmen werden zukünftig in einem erheblichen Maße von der digitalen Welt beeinflusst sein. Oft können Sie mit der technologischen Entwicklung nicht Schritt halten. Neben Größe und Know how erweisen sich wettbewerbsrechtliche Rahmenbedingungen oft als hinderlich.

Doch wie sollen die nationalen und europäischen Gesetzgeber darauf reagieren? Müssen Regeln neu gesetzt, verschärft oder gelockert werden? Diese und viele andere Fragen diskutierte DER MITTELSTANDSVERBUND, vertreten durch seinen Hauptgeschäftsführer Dr. Ludwig Veltmann und dem Leiter des Brüsseler Büros, Tim Geier, in Brüssel mit dem Präsidenten des Europäischen Spitzenverbandes Independent Retail Europe, Ralf Gerking und Generaldirektorin Else Groen mit hochrangigen Vertretern des EU-Parlaments und der EU-Kommission.

Auf Einladung des niederländischen Europaabgeordneten Dennis de Jong und des Europäischen Spitzenverband der Verbundgruppen, Independent Retail Europe, wurde die Lage des mittelständischen Handels und Handwerks in Europa in Folge der massiven strukturellen Veränderungen in den Märkten, getrieben durch Globalisierung, Digitalisierung und dem demographischen Wandel, im Hause des EU-Parlaments ausgiebig erörtert.

Im Dialog mit der Europäischen Kommission, die durch Claire Bury, Direktorin der Generaldirektion GROW (zuständig für den Binnenmarkt, Industrie, Unternehmertum und KMU) vertreten wurde, drehte sich alles um zwei zentrale Fragen:

  • Wie wird die zukünftige digitale Agenda ausgestaltet sein?
  • Was ist von dem Paket zur besseren Rechtsetzung zu erwarten?
Bury gab einen Ausblick über die zukünftigen Projekte. Besonders hervorzuheben sind hierbei die noch dieses Jahr anstehende Harmonisierung der Verbraucherrechte sowie eine Vereinfachung der Mehrwertsteuersysteme.

Ralf Gerking, Präsident von Independent Retail Europe und Vorstandsvorsitzender des EDEKA-Verbandes, sieht dringenden Handlungsbedarf bei den Suchalgorythmen im Internet und deren direkten Einfluss auf die E-Commerce Aktivitäten von Verbundgruppen. Else Groen, Generaldirektorin von Independent Retail Europe, betonte, dass die neuen angedachten Regeln des digitalen Binnenmarkts nicht dazu führen dürften, dass Händler zur Lieferung in ein anderes Land gezwungen werden. Abgesehen von denkbaren Verbraucherdiskriminierungen müsse die Vertragsautonomie der Händler Vorrang genießen.

Kritisch betonte Dr. Ludwig Veltmann, Hauptgeschäftsführer des MITTELSTANDSVERBUNDES, dass bei einer Überprüfung des bestehenden Rechtsrahmens auch das Wettbewerbsrecht nicht aus den Augen verloren werden dürfe. Hierbei gäbe es vor allem noch großen Diskussionsbedarf in Sachen vertikaler Preisbindung. Diese ist auch nach der neuesten Novelle der Wettbewerbsvorschriften nur unter sehr eingeschränkten Voraussetzungen zulässig. Die Möglichkeit für Verbundgruppen unter einer Marke und mit einem Preis aufzutreten ist unerlässlich, um gegenüber dem Kunden einheitlich – stationär und vor allem online – aufzutreten. Auch wenn die Kommission zurückhaltend reagierte, sah der EU-Parlamentarier de Jong hier weiteren Diskussionsbedarf. Unterstützt wurde Veltmanns Anliegen durch die Sprecherin der High Level Group Competitiveness, in der die dort vereinten Experten, darunter auch der Vorstandsvorsitzende der ANWR-Group, Günter Althaus, Vorschläge für die EU-Kommission zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit mittelständischer Handels- und Handwerksunternehmen erarbeiten.

Im weiteren Verlauf der Veranstaltung wurden zukunftsweisende Konzepte der Kommunikation kommunaler Behörden mit dem mittelständischen Unternehmen vorgestellt. So versucht sich Großbritannien derzeit an einem Projekt, bei dem eine einzige öffentliche Stelle verantwortlich für den Kontakt mit dem Unternehmer ist. Diese ist verpflichtet, verbindliche Aussagen gegenüber dem Unternehmer zu treffen und übernimmt zudem die Kommunikation mit anderen Behörden. Damit soll den Unternehmern vor allem Rechtssicherheit gegeben werden, denn nur diese – so das Kalkül – sei die Basis für nachhaltige Investitionen.

Solche Ansätze sind zu begrüßen. Auch DER MITTELSTANDSVERBUND fordert seit langem eine stärkere Nutzung vorhandener Verwaltungsdaten zur Entlastung von Unternehmen sowie verbindliche Aussagen der Finanzbehörden. Nur so kann Planungssicherheit und damit ein unternehmerfreundliches Klima geschaffen werden.

Auf großes Interesse der zahlreichen Teilnehmer stießen auch die Ausführungen von Dr. Veltmann hinsichtlich der Dialogplattform Einzelhandel, die seit dem 21. April vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie in Form von mehreren Workshops durchgeführt wird. DER MITTELSTANDSVERBUND ist dort im Beirat vertreten und wirkt bei den Workshops aktiv mit. Auf diese Weise kann er Einfluss auf die zukünftige Ausgestaltung des unternehmerischen Rechtsrahmens nehmen.

Auch die Darstellung der Gemeinschaftsinitiative BUY LOCAL zeigte, dass die Einbindung aller regionalen und kommunalen Entscheidungsträger der richtige Weg ist, um dem Negativtrend gerade in den ländlichen Bereichen entgegenzuwirken.

Die Veranstaltung zeigte insgesamt, wie wichtig ein Austausch aller Akteure auf europäischer, mitgliedstaatlicher aber auch regionaler Ebene ist. Kommissions- und Parlamentsvertreter sicherten abschließend gleichermaßen zu, den Dialog zu den inhabergeführten Handels- und Handwerksunternehmen auch weiterhin zu suchen und ermunterten die Teilnehmer, auch in Zukunft Vorschläge zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit zu unterbreiten.

Weitere Informationen:

Digitale Agenda: So will die EU den Anschluss behalten
Bundeswirtschaftsministerium startet Dialogplattform Einzelhandel
Webseite des europäischen Dachverbandes Independent Retail Europe
Webseite der Gemeinschaftsinitiative BUY LOCAL

Seite drucken

Ansprechpartner

Tim GeierDER MITTELSTANDSVERBUND
Tim Geier Geschäftsführer Büro Brüssel Mehr Infos
DER MITTELSTANDSVERBUND
E-Mail schreiben
Zurück zur Übersicht