Barrierefreiheit – vorläufige Einigung zwischen den EU-Gesetzgebern

Ende letzten Jahres konnten sich die EU-Gesetzgeber informell auf die Ausgestaltung der Barrierefreiheitsanforderungen von bestimmten Produkten und Dienstleistungen einigen. Auch Händler müssen zukünftig darauf achten, dass ihre Angebote zukünftig für Menschen mit Behinderungen zugänglich sind.

Brüssel 18.01.2019 – Seit mehr als drei Jahren zogen sich Verhandlungen über den Richtlinienentwurf zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Barrierefreiheitsanforderungen für Produkte und Dienstleistungen. Der Plan der EU-Kommission: Produkte und Dienstleistungen sollen zukünftig auch von Menschen mit Behinderung – etwa eingeschränktes oder kein Seh- oder Hörvermögen oder körperliche Einschränkungen – im vollen Umfang bedient und genutzt werden können.

Barrierefreiheit – vorläufige Einigung zwischen den EU-GesetzgebernDie Delegationen von Rat, Europäischen Parlament und Europäischer Kommission konnten sich Ende Dezember informell auf die Ausgestaltung dieser Richtlinie einigen. Wie von der Europäischen Kommission vorgeschlagen, soll die Richtlinie für IKT-Produkte (Computer, Telefone und Fernseher) gelten. Darüber hinaus müssen auch Dienstleistungen wie insbesondere E-Commerce-Webshops den neuen Vorschriften entsprechen.

Homepages

E-Commerce ist in diesem Zusammenhang auf B-2-C-Plattformen beschränkt. Webseiten im Bereich des reinen Unternehmer-Kontaktes sind hiervon ausgenommen. Die Richtlinie legt im Bereich E-Commerce nur grundsätzliche funktionale Anforderungen fest – die abschließenden Standards hierzu sollen im Anschluss zur Verabschiedung der Richtlinie erarbeitet werden. So wurde festgelegt, dass Informationen über mehr als einen sensorischen Kanal wahrnehmbar sein müssen. Wichtig hierbei: Es müssen Schnittstellen und Maschinenlesbarkeiten geschaffen werden, die es beispielsweise Blinden ermöglicht, den dargestellten Text auf einer Homepage für sie in ein gerechtes Format (Sprache, Braille-Schrift) übertragen zu können.

Die Übergangsfristen wurden lang ausgestaltet, um den Unternehmen ausreichend Zeit für die Umrüstung der Webseiten zu gewährleisten: Die neuen Vorschriften gelten sechs Jahre ab Veröffentlichung der Richtlinie mit der Möglichkeit unter bestimmten Umständen den Zeitraum um weitere fünf Jahre zu verlängern. Für Unternehmen jeglicher Art bedeutet dies jedoch bereits heute: Bei der Umgestaltung der Webpages sollten die neuen Vorschriften bereits heute implementiert werden. Die Barrierefreiheit muss im Sinne Must Haves bei jeglicher Gestaltung des Internet-Auftritts mitgedacht werden.

Zahlungsterminals

Gerade für den stationären Handel werden die Vorschriften über die Barrierefreiheit von Zahlungsterminals relevant. Denn auch diese müssen – entsprechend eines noch auszuarbeitenden Standards – barrierefrei gestaltet werden. Für den Händler heißt es dann: Umrüsten der Zahlungs-Hardware in den Geschäften. Auch hier sollte ein früher Kontakt mit den Zahlungsdienstleistern einen „harten“ Übergang vermeiden. Auch sollte das Personal frühzeitig mit der Bedienung der neuen Terminals vertraut gemacht werden.

Waren

Indirekt werden die Händler auch mit dem Thema „Barrierefreiheit von Waren“ konfrontiert sein. Denn auch hier wurden neuen Standards festgelegt. Ist vornehmlich der Hersteller solcher Waren von den Pflichten betroffen, muss dennoch auch der Händler prüfen, ob die von ihm angebotenen Waren mit den neuen Regeln konform gehen. Ansonsten gilt ein Verkaufsstop. Dem Ansatz des MITTELSTANDSVERBUNDES folgend, konnten sich die EU-Gesetzgeber dabei auf die Erweiterung der Aussagekraft der CE-Kennzeichnung einigen. Kommt also eine neuen Charge Smartphones in den Laden des Händlers, muss dieser nur prüfen, ob die Geräte mit einer entsprechenden Kennzeichnung versehen sind. Umständliche Prüfpflichten oder gar die Einführung einer neuen Produktkennzeichnung durch den Händler konnten somit erfolgreich verhindert werden.

Fazit

Anhängig von den noch zu erstellenden Standards gerade im Bereich E-Commerce konnten sich die EU-Gesetzgeber auf praktikable Ansätze für mehr Inklusion einigen. Verbundgruppen und Händler sollten nunmehr die Barrierefreiheit ihrer Dienstleistungen automatisch mitdenken und so bereits heute Maßstäbe zu setzen. Die großzügigen Übergangsfristen geben Verbundgruppen ausreichend Planungssicherheit bei der Entwicklung zukünftiger IT-Projekte.

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