Bessere Durchsetzung von Verbraucherrechten: EU-Parlament gibt grünes Licht

Am 14. November stimmten die Abgeordneten des Europaparlaments für eine neue EU-Verordnung, die den Mitgliedstaaten zukünftig mehr Kompetenzen in Sachen Verbraucherschutz zugestehen wird.

Brüssel, 15.11.2017 – Im Mai letzten Jahres stellte die Europäische Kommission einen neuen Verordnungsvorschlag vor, nachdem die Durchsetzung von Verbraucherrechten in der EU zukünftig besser gestaltet werden soll. Zur effektiveren Durchsetzung der Verbraucherrechte sollten den zuständigen Behörden nach Auffassung der Kommission ein Katalog an Mindest-Kompetenzen bereitgestellt werden.

Bessere Durchsetzung von Verbraucherrechten: EU-Parlament gibt grünes Licht Neben weitreichenden Informations- und Informationsbeschaffungsrechten – der Zugang zu den Geschäftsräumen sei hier beispielhaft genannt – sollten die Behörden umfassende Rechte erhalten, Verstöße von Unternehmen zu unterbinden.

Der von der Kommission vorgestellte Katalog ist lang: Bußgelder, Sperrung von Internetauftritten und Gewinnabschöpfungen sind nur einige der geplanten Rechte der Behörden. Zudem sollen sie die Verstöße gegen verbraucherschützende Vorschriften auch gerichtlich einklagen können.

Der Verbraucherschutz in Deutschland – Stand heute

In Deutschland sind verschiedene Behörden zur Überwachung der einzelnen verbraucherschützenden Vorschriften zuständig:

  • Das Luftfahrt-Bundesamt ist die Durchsetzungs- und Beschwerdestelle für die Rechte der Fluggäste bei Annullierung, Verspätung und Nichtbeförderung.
  • Das Eisenbahn-Bundesamt ist Durchsetzungs- und Beschwerdestelle für die Rechte der Fahrgäste in Bezug auf Bus-, Bahn- und Schiffsreisen.
  • Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) ist für die grenzüberschreitende Rechtsdurchsetzung bei innergemeinschaftlichen Verstößen von Versicherungsunternehmen sowie bei Verstößen von Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstituten verantwortlich.
  • Seit diesem Jahr kann das Bundeskartellamt zudem Sektoruntersuchungen bei erheblichen Verstößen von Verbraucherrechten einer Vielzahl von Verbrauchern durchführen.

Verbraucherverbände nehmen in Deutschland die Tätigkeit einer Anlaufstelle wahr. In einigen Fällen können sie auch im Namen der Verbraucher Rechte für diese einklagen. Grundsätzlich muss jedoch jeder Verbraucher seine Rechte eigenständig einklagen. Nur in einzelnen Fällen werden Verstöße gegen das Verbraucherrecht als Ordnungswidrigkeit eingestuft und von den Behörden entsprechend verfolgt. Doch nach den Plänen der Kommission könnte sich das bald erheblich verändern.

Bereits seit Beginn der Verhandlungen zwischen dem Rat der EU und dem Europäischen Parlament war daher klar, inwieweit das bestehende System der Durchsetzung von Verbraucherrechten in Deutschland erhalten bleibt.

Neue Regeln der Verbraucherrechtsdurchsetzung

Nach den nunmehr abgestimmten Regeln wurde ein Kompromiss zwischen den Interesse der EU-Kommission zur besseren Rechtsdurchsetzung auf der einen und dem Interesse der Mitgliedstaaten zum Erhalt ihrer nationalen Durchsetzungsmechanismen auf der anderen Seite gefunden.

Der vom MITTELSTANDSVERBUND bereits im Vorfeld stark kritisierte Katalog neuer Kompetenzen blieb jedoch weitestgehend erhalten. Besonders hervorzuheben ist dabei die neue Kompetenz der Verbraucherschutz-Behörden, Internetseiten und ganze Domains sperren zu können.

Vorschub für Abmahnindustrie?

Es bleibt insbesondere abzuwarten, wie die „Abmahnszene“ auf diesen neuen Vorstoß der EU reagieren wird. Zusammen mit vielen anderen Verbänden hatte DER MITTELSTANDSVERBUND auf die Vielzahl von Missbrauchsfällen im Rahmen des geltenden Rechts über Abmahnungen hingewiesen. Infolge der stetig zunehmenden formellen Anforderungen und Informationspflichten, die gerade im Online- und Versandhandel zu beachten sind, wächst die Zahl der Händler, die von unseriösen Abmahnern angegriffen werden, rasant. Zu beklagen ist dabei eine zwischenzeitlich entstandene regelrechte Abmahnindustrie.

DER MITTELSTANDSVERBUND forderte daher bereits im Sommer:

  • eine Konkretisierung der Abmahn- und Klagebefugnis des Abmahnenden,
  • die Reduzierung des finanziellen Anreizes einer Abmahnung sowie
  • Änderungen des Verfahrensrechts.

Weiterhin abzuwarten bleibt die durch den neuen Rechtsakt auch angelegte bessere Zusammenarbeit der Verbraucherschutzbehörden in grenzüberschreitenden Fällen von Verstößen gegen das Verbraucherrecht. Hier wird es auf die Ambitionen der einzelnen Mitgliedstaaten ankommen, denn: Die besten Regeln sind nur so gut, wie ihre konkrete Umsetzung.

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