Das EU-Datenpaket: Testballons statt Masterplan

Am vergangenen Mittwoch stellte die neue EU-Kommission ihren digitalen Masterplan vor: KI-Regulierung, Daten-Zugang und europäische Daten-Räume; das Konvolut aus Mitteilungen, Strategien und Vorankündigungen spricht die zentralen Fragen der Digitalwirtschaft an – ohne für alles eine Antwort bereitzuhalten. Es bleibt daher weiterhin spannend bei dem Ringen um eine wirkliche europäische Daten-Souveränität.

Brüssel, 19.02.2020: „Die Herausforderungen der Digitalwirtschaft sind vielfältig – die Antwort der EU darauf fällt daher erwartungsgemäß nicht eindeutig aus. Die EU-Kommission hat die Probleme erkannt, nun gilt es die Aufgaben abzuarbeiten – der Fahrplan für die nächsten fünf Jahre ist klar. Die EU-Kommission sollte nunmehr von der theoretischen Ebene herabsteigen und in die realen Geschäftsmodelle einsteigen. Nur so lassen sich Lösungen finden, die tatsächlich einen Mehrwert für Unternehmen und Bürger darstellen.“, so Dr. Ludwig Veltmann, Hauptgeschäftsführer, DER MITTELSTANDSVERBUND. 

Am heutigen Mittwoch stellte die neue EU-Kommission ihren digitalen Masterplan vor.Die Zielvorstellung der EU-Kommission: Die Schaffung eines einheitlichen europäischen Datenraums, eines echten Binnenmarkts für Daten, der für Daten aus aller Welt offensteht, in dem sowohl personenbezogene als auch nicht-personenbezogene Daten sicher sind. Explizit erwähnt die Kommission dabei auch den leichten Zugang von Unternehmen zu einer fast unbegrenzten Menge hochwertiger industrieller Daten. 

„Bisher fehlt eine klare Vision, über welche Daten wir eigentlich sprechen und was mit diesen Daten geschehen soll. Auch der Offline-Binnenmarkt ist unvollendet – die daraus entstehenden Ungleichgewichte setzen sich nun online fort. Wir brauchen einen einheitlichen Rechtsrahmen zum Daten-Transfer, ein zeitgemäßes EU-Wettbewerbsrecht und endlich Klarheit im Umgang mit personenbezogenen Daten.“, appelliert Veltmann. 

Data-Governance: Mehrwert durch personenbezogene Daten

Der erste Schritt soll daher ein Rechtsakt für die Governance gemeinsamer europäischer Datenräume im 4. Quartal 2020 sein. Hiervon verspricht sich die EU-Kommission vor allem mehr Klarheit im Bereich einheitlicher Standards sowie dem Umgang mit den europäischen Datenschutz-Vorschriften. Insbesondere Letzteres begrüßt DER MITTELSTANDSVERBUND ausdrücklich. Denn: Es sind weiterhin zu einem großen Teil personenbezogene Daten, die einen erheblichen Mehrwert für Unternehmen darstellen. Mittelständler – auch und gerade wenn sie kooperieren – können die daraus entstehenden Potentiale jedoch selten voll ausschöpfen. Zu groß ist die Angst vor Repressalien auf Grundlage nationaler und europäischer Datenschutzbestimmungen. Der Ansatz der EU-Kommission zielt dabei auch auf die Stärkung privater Data-Governance-Systeme ab – also Programme und Applikationen, mit Hilfe derer eine Person bestimmen kann, wer welche Daten wann bekommt. „In der weiteren Ausarbeitung sollte die Kommission jedoch den Fokus darauf setzen, praxisnahe Lösungen zu finden. Hierbei muss gerade die gemeinsame Nutzung von Daten – wie beispielsweise in Kooperationen der Regelfall – unbedingt mitgedacht werden.“, so Veltmann.

In einem weiteren Schritt kündigt die Kommission einen Daten-Rechtsakt für 2021 an. Hier wird gerade für Mittelständler die Musik spielen. Leitbild dabei soll die freiwillige Datennutzung sein. Gegebenenfalls könnte anschließend durch einen weiteren Rechtsakt und sektorspezifisch nachjustiert werden, sollte der freiwillige Daten-Austausch nicht möglich sein. Der Aufbau eines klaren Rechtsrahmens für den freiwilligen Daten-Fluss begrüßt DER MITTELSTANDVERBUND ausdrücklich. Nach Ansicht des Spitzenverbands des kooperierenden Mittelstands kann dies jedoch lediglich ein erster Schritt sein; Erfahrungen gerade im Online-Handel zeigen, dass bereits jetzt ein kaum aufzuholendes Daten-Ungleichgewicht zwischen Plattform-Betreiber und Plattform-Nutzern besteht. Auch wenn die Kommission an anderer Stelle des Daten-Masterplans neue Maßnahmen zu mehr Fairness in der Digitalwirtschaft ankündigt – ohne klare Zugangsregeln werden viele Händler längerfristig den Kontakt zu ihren Kunden verlieren und zu reinen Lieferanten degradiert. 

Verbesserter Datenfluss zwischen Unternehmen und öffentlichen Stellen 

Auch wenn der Datenzugang von Unternehmen zu Daten der öffentlichen Hand bereits zum zweiten Mal auf EU-Ebene geregelt wurde – eine wirtschaftlich sinnvolle Verwendung dieser Daten kann sich in den wenigsten Fällen einstellen. Schuld daran sind oftmals lange Verfahrensdauern, bis schlussendlich Daten fließen sowie die schlechte Qualität der verfügbaren Daten. Die EU-Kommission kündigt daher an, neue Strukturen für eine gemeinsame Datennutzung sowie ein entsprechendes Anreizsystem zu schaffen. Weiterhin sollte überprüft werden, ob und in welchem Umfang die öffentliche Hand zur Daten-Abfrage bei den Unternehmen ermächtigt werden soll. DER MITTELSTANDSVERBUND sieht gerade letzten Ansatz eher kritisch. Bereits jetzt binden Statistik-Anfragen die Ressourcen in vielen Unternehmen. Die Berichtspflichten von Unternehmen sollten daher weiterhin auf ein Minimum begrenzt werden. Zudem ist fraglich, was mit den neu gewonnenen Daten geschehen soll. Die öffentliche Hand wäre hierbei eigentlich in der Rechtfertigungspflicht – es wurden jedoch auch von der Kommission keine Modelle aufgebaut, welchen Mehrwert ein größerer Daten-Schatz der öffentlichen Stellen hätte. 

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