Elektronik-Altgeräte: Neue Pflichten für Hersteller und Vertreiber

Ab dem 15. August 2018 werden neue Pflichten auf Hersteller von Elektrogeräten zukommen. Verbundgruppen sollten daher gerade für ihre Eigenmarken prüfen, ob die Pflichten auch für sie greifen. Auch der Handel insgesamt muss sich auf neue Pflichten einstellen.

Brüssel, 10.04.2018 – Bereits 2016 berichtete DER MITTELSTANDSVERBUND über die neuen Rücknahmepflichten, die sich aus dem neuen Gesetz über das Inverkehrbringen, die Rücknahme und die umweltverträgliche Entsorgung von Elektro- und Elektronikgeräten (Elektro- und Elektronikgerätegesetz - ElektroG) ergeben.

Elektronik-Altgeräte: Neue Pflichten für Hersteller und VertreiberFür Verbundgruppen und deren Mitglieder besonders relevant dabei waren und sind die neuen Rücknahmepflichten für Elektro- und Elektronikaltgeräte im Handel.

Offener Anwendungsbereich ab August 2018

Ab dem 15. August 2018 werden darüber hinausgehende, zusätzliche Pflichten auf die Hersteller von Elektrogeräten zukommen. Das neue Elektrogesetz kennt einen zeitlich gestuften Anwendungsbereich. Bislang fielen nur einige Gerätekategorien in den Anwendungsbereich des ElektroG. Ab August 2018 werden jedoch grundsätzlich alle Elektro- und Elektronikaltgeräte unter den Anwendungsbereich dieses Gesetzes fallen. Die Ausnahmetatbestände bleiben jedoch weiterhin bestehen.

Bis zum 14. August 2018 fallen folgende Geräte Kategorien unter den Anwendungsbereich des novellierten ElektroG:

  • Haushaltsgroßgeräte,
  • Haushaltskleingeräte,
  • Geräte der Informations- und Telekommunikationstechnik,

• Geräte der Unterhaltungselektronik und Photovoltaikmodule,

  • Beleuchtungskörper,
  • elektrische und elektronische Werkzeuge,
  • Spielzeug sowie Sport- und Freizeitgeräte,
  • Medizinprodukte,
  • Überwachungs- und Kontrollinstrumente oder automatische Ausgabegeräte.

Mit der zweiten Stufe des ElektroG werden diese Geräteklassen zusammengefasst und auf die folgenden Klassen reduziert:

  • Wärmeüberträger,
  • Bildschirme, Monitore und Geräte, die Bildschirme mit einer Oberfläche von mehr als 100 Quadratzentimeter enthalten,
  • Lampen,
  • Geräte, bei denen mindestens eine der äußeren Abmessungen mehr als 50 Zentimeter beträgt (Großgeräte),
  • Geräte, bei denen keine der äußeren Abmessungen mehr als 50 Zentimeter beträgt (Kleingeräte), und
  • Kleine Geräte der Informations-und Telekommunikationstechnik, bei denen keine der äußeren Abmessungen mehr als 50 Zentimeter beträgt.

Eine Anlage zum ElektroG fächert diese Klassen weiter auf.

Wie die für die Registrierung der Geräte zuständige Stiftung „stiftung elektro-altgeräte register“ (ear) selber beschreibt, können daher Produkte wie etwa strombetriebene Möbel oder Bekleidung mit elektronischen Funktionen zukünftig unter die Regelungsbereich des ElektroG fallen. Dies hat zum einem Auswirkungen für die Hersteller von Elektronikprodukten, zum anderen muss sich auch der Handel auf neue Pflichten einstellen.

Neue Pflichten für den Hersteller

Seit dem 24. November 2005 sind die Hersteller von Elektro- und Elektronikgeräten gesetzlich verpflichtet, sich bei der Stiftung ear registrieren zu lassen. Ohne vorherige Registrierung darf ein Hersteller keine Elektro- und Elektronikgeräte in Deutschland in Verkehr bringen. Aufgrund des engeren Anwendungsbereiches des ElektroG galt dies bislang nur für eine eingeschränkte Zahl von Elektronischen Produkten.

Mit dem nunmehr in Kraft tretenden offenen Anwendungsbereich des ElektroG werden viele Hersteller oder Erst-Inverkehrbringer die Pflicht haben, ihre Geräte bei der Stiftung ear zu registrieren. Die Registrierung kann dabei über ein Online-Portal, welches die Stiftung ear zur Verfügung gestellt hat, erfolgen. Die zukünftig unter das ElektroG fallenden Geräte können dabei bereits ab dem 1. Mai 2018 registriert werden. Verbundgruppen sollten insbesondere hinsichtlich ihrer Eigenmarken prüfen, ob die Änderungen des ElektroG greifen.

Registrierte Hersteller beziehungsweise Bevollmächtigte sind zudem verpflichtet, einen so-genannten Garantienachweis zu erbringen. Der Garantienachweis ist eine finanzielle Sicherheit, die die Entsorgung der Elektro- und Elektronikaltgeräte sicherstellen sollen soll. Sie gilt für den Fall, dass für eine Geräteart kein Hersteller beziehungsweise Bevollmächtigter mehr registriert ist und somit niemand mehr Zurücknahme und Entsorgung der Altgeräte verpflichtet werden kann. Der Garantienachweis ist pro Geräteart und für jedes Kalenderjahr zu erbringen.

Elektrokomponenten in Endgeräten

Bereits unter den aktuell geltenden Regelungen des ElektroG wurde in diesem Zusammenhang oftmals die Frage aufgeworfen, ob auch Endgeräte, die eine Elektronikkomponente (Leuchte, Motor) enthalten, unter den Anwendungsbereich des ElektroG fallen und damit registrierungspflichtig sind.

§2 Abs. 2 Nummer 2 a) und b) ElektroG führt hierzu aus, dass Geräte

  • die als Teil eines anderen Gerätes, dass von Anwendungsbereich des ElektroG ausgenommen ist oder nicht in den Geltungsbereich dieses Gesetzes fällt,
  • in dieses eingebaut sind und
  • ihre Funktion nur spezielle als Teil dieses anderen Gerätes erfüllen kann,

von dem Anwendungsbereich des ElektroG befreit sind.

Die Stiftung ear präzisiert hierzu, dass es immer auf den Einzelfall ankommt. Das Gesamtprodukt sei daher als registrierungspflichtiges Endgerät zu betrachten, wenn der elektronische Bestandteil funktional oder baulich an die Nutzungsdauer des Gesamtprodukts gebunden ist. Dementgegen liege kein registrierungspflichtiges Endgerät vor, wenn der elektronische Bestandteil ein eigenständig zu beurteilendes Elektrogerät darstellt.

Als Faustregel hält die Stiftung ear fest, dass ein registrierungspflichtiges Endgerät vorliegt, wenn der elektrische Bestandteil dieses Endgerätes sich nur unter großen Anstrengungen austauschen lässt (Motorleuchte). Kein registrierungspflichtiges Endgerät liege dagegen vor, wenn der elektronische Bestandteilen (LED-Leiste, Dynamo) auch einzeln in den Verkehr gebracht wird.

Die Stiftung ear weiß dabei darauf hin, dass im Einzelfall ein Feststellungsbescheid erlassen werden kann. Der Antrag auf so einen solchen Bescheid sollte mit dem Antrag auf Registrierung eines Elektro- bzw. Elektronikaltgerätes erfolgen.

Händlerpflichten

Händler müssen, wie bislang auch, alte Elektronikgeräte zurücknehmen. Durch den offenen Anwendungsbereich des nunmehr in Kraft tretenden ElektroG werden sich die Rücknahmepflichten erweitern. Dies wird insbesondere in den eben beschriebenen Produktklassen relevant werden. Denn: Ist ein Produkt – wie etwa ein Möbel mit einem Elektromotor oder ein Kleidungsstück mit einer LED-Leuchte – unter den neu geschaffenen Voraussetzung als einheitliches Elektro-Endgerät zu beurteilen, muss ein Händler unter Umständen das ganze Produkt zurücknehmen. Dies könnte im Einzelfall zu erheblichen Abgrenzungsschwierigkeiten und Streitigkeiten mit den Kunden führen. DER MITTELSTANDSVERBUND versucht daher derzeit, eine handhabbare Vorgehensweise und vor allem klare Abgrenzungskriterien mit den Behörden abzustimmen.

Relevanz haben die Änderungen des ElektroG auch für die sogenannte „Jahres-Statistik-Mitteilung“. Auch bislang sind Händler verpflichtet, den Behörden jährlich Bericht über die Mengen an zurückgenommenen Elektronik-Altgeräten zu erstatten. Mit der Änderung der Geräteklassen müssen damit auch die Mitteilungen angepasst werden. Bis zum 30. April 2019 (Stichtag für die Mitteilungspflichten des Jahres 2018) müssen also die Mengenangaben in den neuen Geräteklassen erfolgen.

Fazit

Verbundgruppen sollten in jedem Fall überprüfen, ob neue Registrierungspflichten notwendig werden. Auch Händler sollten sich über die neuen Produktklassen informieren und ihre Berichtspflichten entsprechend anpassen.

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