Energiekennzeichnung: Fehlerkorrektur belastet Mittelstand

Die Vereinfachung der Energieeffizienz-Kennzeichnung wird kommen. Das Europäische Parlament hat dazu den Kompromisstext angenommen. Verlierer der neuen Skalierung bleiben vor allem die Händler.

Brüssel, 15.06.2017 – Erst im März verkündete der Rat der Europäischen Union und das Europäische Parlament einen Durchbruch bei der Überarbeitung der Energieeffizienz-Kennzeichnung. Die bisherige Skala „A+++“ solle durch ein neues Label „A bis G“ ersetzt werden. 

EU korrigiert Fehlentscheidung aus 2010

Mit der neuen Regelung kehrt die EU zu einer bereits vor Jahren bestehenden Kennzeichnung zurück. Denn die neue Skala „A bis G“ war bereits bis 2010 vorgeschrieben. Damals schaffte die EU das Label ab, um sie durch eine Skala zu ersetzen, die heute neben den Buchstaben A bis D auch die Kennzeichnungen „A+“,“ A++“ und „A+++“ enthält.

Die „A+++“-Skala sollte vor allem Herstellern die Möglichkeit bieten, sich im Effizienzwettkampf zu messen. Ziel der EU war es, die Entwicklung von Produkten voranzutreiben, die über den damaligen „A-Standard“ hinausgingen.

Sieben Jahre später, am 13. Juni passierte der Beschluss, zur alten Skala „A bis G“ zurückzukehren, nun das Europaparlament. Beim neuen Label steht der Buchstabe „A“ für besonders sparsame Geräte, die Kennzeichnung „G“ hingegen für Stromfresser. Mit der neuen Skalierung korrigiert die EU ihre Kennzeichnung zu „A+++“. Indirekt erklärt sie damit das Projekt zur Förderung der Energieeffizienzleistung unter den Herstellern für gescheitert.

Handel ist Verlierer

Mit der neuen Regelung will die EU Verbrauchern vor allem mehr Klarheit und Transparenz verschaffen. Damit solle auch die Kaufentscheidung erleichtert werden. Verlierer der Fehlerkorrektur sind zahlreiche Händler, die von der Kennzeichnung betroffen sind.

Bis spätestens 2020 müssen alle gängigen Haushaltsgeräte mit den neuen Etiketten versehen sein. Dazu soll den Händlern eine Ersetzungsfrist von 14 Arbeitstagen gewährt werden. Das sieht zumindest die Neuregelung der Energieeffizienzkennzeichnung in der EU nach In-Kraft treten vor.

Zwar nimmt die EU auch die Hersteller in die Pflicht, die im Übergangszeitraum von vier Monaten sowohl das bisherige als auch das re-skalierte Etikett zur Verfügung zu stellen müssen. Damit es aber dazu kommt, muss der Händler das neue Label zunächst anfordern, sollten diese noch nicht vorliegen. Hinzu kommt, dass das Umettikettieren von noch nicht re-skalierten Produkten den Händlern überlassen sein wird.

Wer übernimmt Haftung?

Kritisch sieht DER MITTELSTANDSVERBUND auch den Punkt der Haftung, der trotz hoher Relevanz bis heute noch nicht geklärt ist. Wer wird im Falle einer Verbraucherklage für nicht oder falsch etikettierte Produkte haften? Der Spitzenverband hatte sich seit Beginn der Verhandlungen in zahlreichen Gesprächen für eine Haftung des Herstellers als In-Verkehr-Bringer des Produkts stark gemacht. Einige Europaabgeordnete argumentierten in die gleiche Richtung. Zu einer gesetzlichen Regelung kam es jedoch nicht.

Dennoch: in einer gesonderten Erklärung zum angenommenen Parlamentstext verpflichtet sich die Europäische Kommission, die Notwendigkeit weitergehender Haftungsregeln zu evaluieren. Ein kleiner Sieg, muss doch verhindert werden, dass Händler teil eines neuen Haftungssystems werden.

Dennoch fällt das Fazit des MITTELSTANDSVERBUNDES ernüchternd aus. „Die Änderung der Energieeffizienz-Kennzeichnung ist ein anschauliches Beispiel, das zeigt, welche negativen Folgen Gesetzgebungen haben, die nicht langfristig durchdacht sind“, kritisiert Tim Geier, Leiter des Brüsseler Büros des Spitzenverbandes. In dem vorliegenden Fall werden die Händler und auch die Hersteller die Rechnung für das unstete Hin und Her der Europäischen Institutionen in Puncto Energieeffizienz-Verordnungen zahlen müssen.

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