EuGH zum Datenschutz bei Videoaufnahmen

Jüngst entschied der EuGH, dass die Veröffentlichung von Videoaufnahmen auf YouTube datenschutzrechtlich relevant ist. Gerade im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit sollten Verbundgruppen zukünftig daher verstärkt auf die Einhaltung der neuen Datenschutz-Regeln achten, um keine bösen Überraschungen zu erleben.

Brüssel, 21.02.2019 - In dem vorausgehenden Verfahren wurde der Europäische Gerichtshof mit der Frage befasst, inwieweit die Veröffentlichung von Videos, auf denen Personen zu erkennen sind, datenschutzrechtlich relevant ist. In dem zugrunde liegenden Sachverhalt ging es um Videoaufnahmen, die Polizeibeamte während ihrer Tätigkeit zeigten und von einer Privatperson erstellt und anschließend auf YouTube veröffentlicht wurden. 

Jüngst entschied der EuGH, dass die Veröffentlichung von Videoaufnahmen auf YouTube datenschutzrechtlich relevant ist. Nach dieser Veröffentlichung stellte die nationale (lettische) Datenschutzbehörde in einer Entscheidung fest, dass die aufnehmende Person gegen das lettische Datenschutzgesetz verstoßen habe, da sie die Polizeibeamten in ihrer Eigenschaft als betroffene Personen nicht über den Zweck der Verarbeitung der sie betreffenden personenbezogenen Daten informiert habe (was sowohl nach lettischen aber auch nach deutschem BDSG sowie DSGVO nunmehr zwingend erforderlich ist). Nachdem die aufnehmende Person gegen diese Entscheidung bei zwei unterinstanzlichen Gericht unterlag, legte sie Rechtmittel beim obersten Gerichtshof ein, der den EuGH mit der Sache befasste.

Entscheidung des EuGH

Der EuGH entschied zunächst, dass man sich bei der Veröffentlichung von Privataufnahmen auf YouTube nicht auf die sogenannte Haushaltsausnahme der DSGVO stützen kann; mit der Veröffentlichung auf dieser – und wahrscheinlich auch anderen – Plattform hat ein Video gleichermaßen den privaten Bereich verlassen. Eine Ausnahme vom Datenschutz, die ansonsten bei der Ausübung ausschließlich persönlicher oder familiärer Tätigkeiten besteht, ist daher abzulehnen.

Aufnahmen im „beruflichen Kontext“ fallen zudem auch unter den Datenschutz. Die Tatsache, dass das Video Polizeibeamte während ihrer beruflichen Tätigkeit zeigt, ändern Nichts an der datenschutzrechtlichen Relevanz einer solchen Aufnahme.

Derartige Aufnahmen können unter das Medienprivileg des Datenschutzes fallen und gerechtfertigt sein. Dies ist hingegen Sache des entscheidenden nationalen Gerichts und bedarf daher weiterer Klärung. Der EuGH betonte darüber hinaus, dass eine rechtmäßige Verarbeitung personenbezogener Daten im Rahmen der Ausübung journalistischer Tätigkeit den vorherigen Hinweis des Verarbeiters an die Betroffenen bedarf, dass und wie die Aufnahmen im Anschluss verarbeitet werden.

Relevanz für Verbundgruppen

Die Entscheidung des EuGH war absehbar und wiederholt im Prinzip die bestehende Rechtslage. Dennoch besteht hinsichtlich der Öffentlichkeitsarbeit gerade im privatwirtschaftlichen Bereich weiterhin eine offene Flanke im Datenschutz: Die Datenschutzgrundverordnung bestimmt lediglich, dass das Verhältnis von Presse-, Meinungs- und Informationsfreiheit durch die nationalen Gesetzgeber geregelt werden müsse. Schaut man sich jedoch das neue Bundesdatenschutzgesetz an, so fehlt eine solche Regelung leider. Auch mit Blick auf das Presserecht ist ein bundesweiter Schutz unternehmerischer Öffentlichkeitsarbeit nicht in Sicht: Viele Landes-Pressegesetze haben den Schutz der Pressefreiheit gegenüber dem Datenschutz nunmehr geregelt.

Auch auf Bundes-Ebene wurden mit §§ 57 Rundfunktstaatsvertrag öffentlich-rechtliche und privaten Rundfunkanstalten Ausnahmen vom Datenschutz zugesprochen. Dabei scheinen die Gesetzgeber jedoch nur die institutionalisierte Presse im Blick zu haben. Der Schutz reiner (unternehmerischer) Verbandsarbeit, welcher eher der Meinungs- und Informationsfreiheit zuzuordnen ist, scheint in keinem der neuen Gesetze eine Ausnahme vom Datenschutz vorzusehen. Auch ist fraglich, ob der grundrechtliche gewährte Schutz der Meinungsfreiheit gegenüber den europäischen Datenschutz-Vorgaben „sticht“ – eine behördliche oder gerichtliche Klärung hat bislang jedenfalls nicht stattgefunden.

Besserung könnte das Zweite Datenschutz-Anpassungs- und Umsetzungsgesetz bringen: Mit diesem derzeit zwischen den Bundesgesetzgebern diskutierten Gesetz sollen vor allem Verwaltungsvorschriften angepasst werden. DER MITTELSTANDSVERBUND forderte bereits früh eine gesetzliche Grundlage zur Datenschutz-konformen Verarbeitung von Daten im Rahmen der unternehmerischen Kommunikation. Zuletzt griff die SPD-Fraktion diese Problematik auf: „Die Datenschutz-Grundverordnung verpflichtet die Mitgliedsstaaten Regelungen zu schaffen, die das Recht auf den Schutz personenbezogener Daten mit dem Recht auf freie Meinungsäußerung und Informationsfreiheit in Einklang bringen. Dieser Ausgestaltungsauftrag ist deswegen so relevant, weil dies in der digitalen Gesellschaft nicht nur journalistische oder künstlerische Tätigkeiten betrifft, sondern auch jedwede Äußerungen beispielsweise in sozialen Netzwerken und im Netz.“, so die digitalpolitischen Sprecher der sozialdemokratischen Fraktion.

Vor dem Hintergrund der Bestätigung der möglichen Vorrangs journalistischen Tätigkeit vor datenschutzrechtlichen Regelungen durch den Europäischen Gerichtshof, sollte der deutsche Gesetzgeber nunmehr reagieren und den Schutz von Öffentlichkeitsarbeit in einen rechtssicheren Rahmen zu betten: Öffentlichkeitsarbeit ist die Ausübung von Meinungsfreiheit und damit eine grundrechtlich geschützte Position.

Bis zum Zeitpunkt der endgültigen gesetzlichen Regelung sollten Kooperationen im Rahmen ihrer Öffentlichkeitsarbeit insbesondere Folgendes beachten: 

  • Bei jeder Form der Verarbeitung personenbezogener Daten im Rahmen unternehmerischer Öffentlichkeitsarbeit – seien es Artikel, Newsletter, Fotos oder Videoaufnahmen von Personen – sollte eine Information an die Betroffenen erfolgen, in welcher Art und Weise das entsprechende Material verarbeitet wird.
  • Diese Information sollte den Betroffenen VOR der Verarbeitung der personenbezogenen Daten mitgeteilt werden.
  • Im Rahmen der Verarbeitung von Mitarbeiter-Daten (Firmenportrait, Interviews etc.) sollte dies im besten Fall ein Bestandteil einer Vereinbarung im Rahmen des Arbeitsverhältnisses werden.
  • Wenn noch nicht absehbar ist, in welchem Medium das Video auftauchen soll, sollte zumindest grob bezeichnet werden, dass eine Veröffentlichung auf Plattformen, Mediatheken oder Ähnlichem geplant ist.
  • Auch die Aufnahme eines entsprechenden Passus in die allgemeinen Datenschutzerklärungen der Verbundgruppen-Homepages erscheint hilfreich.

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