Europäisches Lieferkettengesetz – Ratskompromiss lässt Fragen offen

Der am 01. Dezember zwischen den Mitgliedstaaten gefundene Kompromiss zum Richtlinienvorschlag über die Sorgfaltspflichten von Unternehmen im Hinblick auf Nachhaltigkeit und zur Änderung der Richtlinie (EU) 2019/1937 (im Folgenden: EU-LieferkettenG) liegt unter den Erwartungen des kooperierenden Mittelstands.

Brüssel, 01.12.2022 – Entgegen dem Vorschlag vieler Wirtschaftsakteure wurde der persönliche Anwendungsbereich von Unternehmen ab einer Mitarbeiterzahl von 1000 Beschäftigten beibehalten. Hier müsste nunmehr auch in Deutschland nachjustiert werden, sieht das deutsche Pendant aktuell eine höhere Schwelle vor. Es ist zu erwarten, dass mit einer Herabsenkung des Anwendungsbereichs viel Unruhe entlang der Lieferkette geschaffen wird. Gerade Mittelständler werden dadurch im höheren Umfang als bislang Anfragen größerer betroffener Geschäftspartner ausgesetzt sein. Es steht zu befürchten, dass der Mittelstand insgesamt die Hauptlast der neuen Vorschriften – durch Abfragen von Informationen entlang der Lieferkette auf der einen und Aufbereitung der Informationen für seine Geschäftspartner auf der anderen Seite – tragen wird.

Die vom Rat vorgeschlagene zeitlich versetze Anwendung der Vorschriften erst drei Jahre nach Inkrafttreten der Richtlinie klingt dabei zwar zunächst vernünftig, klar muss hingegen sein, dass bereits jetzt mit der Informationsbeschaffung entlang der Lieferkette angefangen werden muss, um zum Stichtag tatsächlich antwortfähig zu sein. Der administrative Aufwand für die betroffenen Unternehmen sowie tatsächliche Schwierigkeiten in der Beschaffung der Informationen werden dabei eklatant unterschätzt.

Positiv bewertet DER MITTELSTANDSVERBUND die Verankerung eines risikobasierten Ansatzes hinsichtlich Art und Ausmaß der Risiken sowie dem tatsächlichen maximalen Impact, den ein Unternehmen bei der Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der Lieferkette haben kann.

Zudem könnte die Konzentration der Pflichten auf eigene Geschäftspartner statt auf „etablierte Geschäftsbeziehungen“, wie von der Kommission vorgeschlagen, den Aufwand erheblich vermindern.

Insgesamt hätte sich DER MITTELSTANDSVERBUND jedoch eine stärkere Abgrenzung vom ursprünglichen Kommissionsentwurf gewünscht. Dies nicht, um Pflichten für Unternehmen umfassend zu begrenzen, sondern vielmehr die Praktikabilität der Vorschriften zu verbessern. Nur klare Vorgaben werden letztendlich zu einer Verbesserung der Bedingungen entlang der Lieferkette führen.

Viel wird daher von der Ausrichtung im Europäischen Parlament und die darauf folgenden Verhandlungen zwischen den EU-Gesetzgebern abhängen.

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