Europäisches Wettbewerbsrecht – DER MITTELSTANDSVERBUND pocht auf politische Entscheidung

Das Europäische Wettbewerbsrecht und insbesondere die für den kooperierenden Mittelstand wichtige Novelle der Gruppenfreistellungs-Verordnung steht vor der Finalisierung. Aufgrund der immer noch bestehenden Blockaden, die hinsichtlich der Schaffung eines fairen Wettbewerbs gerade für Verbundgruppen bestehen, haben sich der Präsident sowie der Hauptgeschäftsführer des MITTELSTANDSVERBUNDES erneut an die politischen Entscheidungsträger gewandt.

Brüssel, 01.12.2021 – Die aktuelle Europäische Wettbewerbspolitik benachteiligt den kooperierenden Mittelstand in vielerlei Hinsicht: Ob es um den Austausch sensibler Daten oder das gemeinsame erfolgreiche Marketing geht – aufgrund ihrer Struktur als Kooperation selbständiger Unternehmerinnen und Unternehmer erfahren Mittelständler seit Jahren strukturelle Nachteile gegenüber anderen Marktteilnehmern. So können integrierte bzw. filialisierte Unternehmen oder Konzerne seit jeher Informationen in ihrer Struktur austauschen oder im Markt vollumfänglich als Einheit auftreten. 

Dieser Zustand verschärft sich durch die zunehmenden Marktanteile, die der E-Commerce auf sich zieht: Neben den eben beschriebenen „klassischen“ Marktbegleitern müssen sich Verbundgruppen zunehmend dem Wettbewerb mit großen datengetriebenen Online-Plattformen stellen. Zudem drängt auch die Industrie mit Direct-To-Consumer-Angeboten und Dienstleistungen in diesen neuen Markt.

Das EU-Wettbewerbsrecht oder genauer gesagt die Gruppenfreistellungs-Verordnung für Vertikale Verhaltensweisen hat darauf bislang unzureichende Antworten. Dies insbesondere mit Blick auf die Möglichkeiten, im Verbund mit einheitlichen Preisen aufzutreten. Auch wenn im Bereich des stationären Handels Verhaltensweisen wie etwa kurzfristige Sonderangebotskampagnen als wettbewerbsfördernd und damit zulässig erachtet werden, können diese Grundsätze nur unzureichend in den E-Commerce übertragen werden.

Keine einheitlichen Preisangebote von Verbundgruppen

Verbundgruppen, die im Online-Handel unter einer einheitlichen Marke aber mit den jeweiligen Angeboten ihrer Anschlusshäuser auftreten wollen, können schlichtweg nicht mit klaren und vor allem einheitlichen Preisangeboten auf die Kunden zugehen. Denn: Dies würde als eine unzulässige und ohne Ausnahme geltende Kernbeschränkung des Wettbewerbs angesehen. Andere Gesellschaftsformen und Vertriebsstrukturen können hingegen völlig selbstverständlich mit einheitlichen Preisen gegenüber dem Kunden werben.

Alternativen, die Verbundgruppen bislang im Bereich E-Commerce entwickelt haben, kommen nicht oder nur unter erheblichem internen Aufwand zur klaren Kundenansprache. „Der mittelständische Handel muss aufgrund des Europäischen Wettbewerbsrechts im Online-Handel mit angezogener Handbremse fahren. Die relevanten Marktbegleiter fahren hingegen mit Vollgas in ein umfassendes E-Commerce-Angebot.“ konstatiert auch Tim Geier, Geschäftsführer Büro Brüssel, DER MITTELSTANDSVERBUND. „Am Ende wird es also nicht nur um den fairen Wettbewerb, sondern vielmehr um den Erhalt von Vielfalt und kundennahe Angebote und Dienstleistungen gehen.“

Level Playing Field für alle Marktteilnehmer

Das Thema wird aktuell in der Generaldirektion Wettbewerb der Europäischen Kommission bearbeitet. Viele Gespräche wurden mit den zuständigen Referenten bereits aufseiten des MITTELSTANDSVERBUNDES geführt. In dem aktuellen Schreiben, was an die Kommissionspräsidentin, Ursula von der Leyen, sowie Wettbewerbskommissarin Vestager und Binnenmarktkommissar Breton versendet wurde, drängen MITTELSTANDSVERBUND-Präsident Eckhard Schwarzer sowie Hauptgeschäftsführer Dr. Ludwig Veltmann auf ein Wettbewerbsrecht, was den Herausforderungen der Digitalwirtschaft entspricht und nicht einzelne Marktteilnehmer unverhältnismäßig benachteiligt.

Oftmals falsch verstanden, geht es dabei nicht um Ausnahmen für mittelständische Kooperationen. Vielmehr soll das Wettbewerbsrecht ein Level Playing Field für alle Marktteilnehmer schaffen. Dass gemeinsame Preisaktionen – auch im E-Commerce – von Verbundgruppen wettbewerbsfördernd sein können, bestätigt auch das Bundeskartellamt, welches einen entsprechenden Passus in die Leitlinien für die Vereinbarkeit des Genossenschaftswesens mit dem Kartellrecht eingefügt hat.

Es bleibt abzuwarten, ob sich die Europäische Kommission tatsächlich einsichtig zeigen wird und endlich den passenden Rechtsrahmen für alle Marktakteure im E-Commerce schaffen wird.

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