Gutscheinkarten: Alte Regeln im neuen Gewand

Seit dem 13. Januar sind eine Reihe neuer Vorschriften für Zahlungsdienstleister zu beachten. Wirkliche Neuerungen für den Bereich „Gutscheinkarten“ sind hiermit nicht verbunden – auf Grundlage eines neuen Merkblatts der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) erfolgten dennoch einige Klarstellungen hinsichtlich seit langem bestehender offener Fragen – DER MITTELSTANDSVERBUND informiert.

Brüssel, 17.01.2018 – Aufgrund der rasanten technischen Entwicklungen auch im Bereich der Finanzdienstleistungen und den damit verbundenen Risiken für Endkunden wurde Ende 2015 die überarbeitete Zahlungsdiensterichtlinie 2 ((EU) 2015/2366, Payment Service Directive 2, kurz PSD 2) erlassen. Die Europäische Richtlinie enthält eine Reihe von Regelungen, um die Sicherheit im Zahlungsverkehr zu erhöhen und weiteren Wettbewerb zu ermöglichen. Auf Grundlage dieses neuen Europäischen Rahmens erfolgte in Deutschland eine Anpassung des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes (ZAG). Die neuen ZAG –Regeln traten nunmehr am 13. Januar 2018 in Kraft.

Seit dem 13. Januar sind eine Reihe neuer Vorschriften für Zahlungsdienstleister zu beachten. Neben vielen Neuerungen, insbesondere der Einbeziehung „dritter Zahlungsdienstleister“, bleibt für Verbundgruppen sicherlich das Thema Gutscheinkarten-Systeme im Fokus der neuen Regelungen.

Auch wenn sich die bisherigen Regeln des ZAG nicht wesentlich verändert haben, erfolgten durch ein jüngst veröffentlichtes Merkblatt der BaFin Klarstellungen in Bezug auf Anwendungsbereich und Ausnahmetatbestände.

Wie nach den bisherigen Vorschriften des ZAG, können Gutscheinsysteme auch zukünftig von den Registrierungs- und Aufsichtspflichten des ZAG ausgenommen sein. Begrifflich fallen viele Gutschein-Systeme unter die Ausnahme des § 2 Abs. 1 Nr. 10 ZAG, soweit sie als Zahlungssysteme in limitierten Netzen oder mit limitierter Produktpalette und Instrumente zu sozialen oder steuerlichen Zwecken gewertet werden können – der letzte Fall wird mangels praktischer Anwendungsfälle im Folgenden vernachlässigt.

Wie auch die Gesetzesbegründung bestätigt, entspricht die Vorschrift damit dem bisherigen § 1 Absatz 10 Nummer 10 ZAG (alt), konkretisiert den Ausnahmetatbestand aber weiter. Diese Konkretisierung entspricht in vielen Teilen der bereits gängigen Verwaltungspraxis der Bundesanstalt nach der bisherigen Rechtslage.

Entsprechend den Ausführungen in Erwägungsgrund 14 PSD 2 greift die Bereichsausnahme nach Nummer 10 nicht mehr, wenn sich ein (Gutschein-) Instrument mit einem bestimmten Verwendungszweck zu einem Instrument zur allgemeinen Verwendung entwickelt.

Für alle Bereichsausnahmen gilt zusätzlich:

  • Die Ausgestaltung des Gutscheins ist für die Betrachtung der Ausnahme zunächst unerheblich. So können Karten mit Magnetstreifen oder Chip ebenso von der Ausnahme erfasst sein, wie Apps oder Zahlungssysteme in Form von Berechtigungscodes.
  • Jedes Gutschein-System kann nur eine der Bereichsausnahmen des § 2 Abs. 1 Nr. 10 Lit. a), b) und c) ZAG in Anspruch nehmen.
  • Die Begrenzungen des Gutscheinsystems muss in geeigneter Weise sowie in den zur Verwendung kommenden vertraglichen Abreden sichergestellt werden.
  • Die in der Gesetzesbegründung und in den Erwägungsgründen aufgeführten Fälle haben keinen abschließenden Charakter. Eine Betrachtung im Einzelfall kann daher auch zu einer Ausnahme nicht erwähnter Gutschein-Systeme führen.

Zudem muss der Betreiber des Gutscheinkarten-Systems der BaFin Meldung nach § 2 Absatz 2 ZAG erstatten, sollte der Gesamtwert der auf den Gutschein basierten Zahlungsvorgänge in den vergangenen 12 Monaten 1 Millionen Euro überschreiten.

Erwerb von Waren oder Dienstleistungen in den Geschäftsräumen des Emittenten

Als erste Variante des Ausnahmetatbestands des § 2 Absatz 1 Nr. 10 Lit. a) ZAG kann sich das Gutschein-System auf den Erwerb von Waren oder Dienstleistungen in den Geschäftsräumen des Gutschein-Emittenten beziehen.

Hiervon erfasst sind zunächst shop-in-shop-Lösungen. Gestattet also der Betreiber eines Kaufhauses selbstständigen Unternehmern, Teile seiner Verkaufsfläche zu nutzen und verwendet der Kaufhausbetreiber für alle unter seinem Dach tätigen Unternehmen eine Gutscheinkarte, fällt dieses System grundsätzlich unter den Ausnahmetatbestand des ZAG.

Laut BaFin ist dies jedoch nicht der Fall, sollten sich die unterschiedlichen Unternehmen zwar in einem örtlich abtrennbaren Bereich, jedoch eben nicht mehr unter einem Dach (Shopping-Center, Malls, Outlet-Villages), befinden.

Ebenso wenig soll ein Gutschein-System im Rahmen einer Online-Plattform nicht von dieser Ausnahme erfasst sein. Die BaFin legt das Tatbestandsmerkmal „Geschäftsräume“ des § 2 Absatz 1 Nr. 10 Lit. a) ZAG dahingehend äußerst eng aus.

Dies heißt jedoch nicht, dass nicht andere Ausnahmen greifen können.

Begrenztes Netzwerk

Die zweite Ausnahmevariante des § 2 Absatz 1 Nr. 10 Lit. a) ZAG legt den Schwerpunkt auf ein Netz von Dienstleistern, welche untereinander über eine Geschäftsvereinbarung mit einem professionellen Emittenten, also Dienstleister, verbunden sind.

Laut BaFin sind damit Gutschein-Systeme in Ladenketten gemeint, mit denen in den einzelnen Geschäften der Ladenkette eingekauft werden kann. Die Rechtsform der Laden-Kooperation soll dabei keine Bedeutung haben. Kernelement der Bestimmung dieser Ausnahme soll vielmehr der gemeinsame Marktauftritt sein. Die einheitliche Zahlungsmarke soll dabei in den einzelnen Akzeptanzstellen verwendet und nach Möglichkeit auf dem dort einsetzbaren Zahlungsinstrument aufgeführt werden.

Das Zahlungsinstrument kann nach Aussage der BaFin sowohl physisch vor Ort als auch im Internetshop eingesetzt werden, sofern mit ihm im Internet nur die physisch vor Ort angebotenen Waren oder Dienstleistungen erworben werden können.

Begrenztes Waren- und Dienstleistungsspektrum

Nach § 2 Abatz 1 Nr. 10 b) ZAG soll zudem eine Ausnahme greifen, wenn das Gutschein-System zum Erwerb von Waren und Dienstleistungen aus einem sehr begrenzten Waren oder Dienstleistungsspektrum berechtigt.

Die BaFin nennt in diesem Zusammenhang Tankkarten, „sofern sie ausschließlich den Erwerb von fahrzeugbezogenen Waren- und Dienstleistungen ermöglichen, die in ihrer Funktionalität ausschließlich der Prämisse „Alles was das Auto bewegt“ unterliegen“. Hingegen soll der Erwerb anderer Waren (Zeitschriften, Speisen, Getränke) nicht von dieser Ausnahme erfasst sein.

Eine Diskussion mit dem Bundesfinanzministerium sowie der BaFin in einem früheren Stadium des ZAG-Gesetzgebungsprozesses ergab, dass die Beteiligten diesen Ausnahmetatbestand äußerst restriktiv auslegen. Für viele Handelskooperationen dürfte diese Ausnahme daher relativ geringen Wert haben.

Fazit

Die neuen Auslegungshilfen der BaFin können Verbundgruppen dabei helfen, die richtige Entscheidung hinsichtlich der Ausgestaltung ihrer Gutscheinkarten-Systeme zu treffen und damit erheblich Melde- und Aufsichtspflichten vermeiden. Durch die restriktive Auslegung der Vorschriften der PSD 2 bleibt jedoch abzuwarten, ob die beschriebenen Ausnahmen in der Praxis wirklich zu einer Erleichterung führen werden.

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