Herausforderungen für den Handel – European Retail Day sucht Antworten

Wie wird der Handel der Zukunft aussehen? Und wie muss Europa auf die sich stellenden Herausforderungen reagieren? Diese und viele andere Fragen besprachen die internationalen Entscheider aus dem Handel auf dem diesjährigen European Retail Day in Brüssel.

Brüssel, 01.12.2017 – Der European Retail Day ist bereits eine feste Größe in der Brüsseler Szene. Die jährliche Veranstaltung in Kooperation unterschiedlicher Handelsverbände – allen voran Independent Retail Europe und Euro Coop sowie EuroCommerce – beschäftigt sich seit jeher mit den meist drängenden Fragen des Handels. In unterschiedlichen Diskussionsrunden debattierten daher auch dieses Jahr Entscheider des internationalen Handels mit europäischen Gesetzgebern.

Herausforderungen für den Handel – European Retail Day sucht AntwortenSchwerpunktthema der Veranstaltung war die künftige Herausforderung des Handels gerade vor dem Hintergrund der Digitalisierung, denn: Sie hat die Spielregeln verändert – Handels-Konzepte müssen zukünftig stärker vom Kunden her gedacht werden. Der Handel muss zwar weiterhin Waren und Dienstleistungen beschaffen und bereitstellen, er muss jedoch viel stärker als bislang zu einem Schaffer von Wünschen werden, konstatierte daher auch der Präsident von Independent Retail Europe und Vorstandsvorsitzender des EDEKA Verbands e.V., Ralf Gerking.

Big Data kann dabei sicherlich helfen, Kundenwünsche zu identifizieren und Produktangebote besser zuzuschneiden. Der Handel steht dabei jedoch erst am Anfang, das erhebliche Potential von Big Data für sich nutzbar zu machen – alle sammeln Daten, nur wenige verstehen es jedoch, diese auch effizient einzusetzen, so viele Stimmen der Referenten und der Zuhörer.

Bei aller Digitalisierung sollte sich der Handel jedoch immer wieder seiner sozialen Rolle bewusst werden – Handel holt auch die Offliner ab. Bei der Diskussion um die Wünsche und Erwartungen der Millenials gibt es immer noch einen nicht unerheblichen Teil der Gesellschaft, der die Vorteile der Online-Welt nicht in Anspruch nimmt. Hier spielt der Handel eine wichtige Rolle, wenn es um die Nahversorgung geht, so der Vize-Präsident von eurocoop, Colin Mcleod. Die Fakten unterstützen diese Sicht, drängen doch immer mehr Online-Pure-Player in den stationären Handel.

Was kann Europa tun?

Doch: Was kann Europa dabei tun? Vor allem eines: Die Schaffung fairer Wettbewerbsbedingungen, insbesondere im Verhältnis der Online-Pure-Player zu dem klassischen stationären Handel, so das Credo aller Entscheider des Handel. Besteuerung der Erträge, Entsorgungs-Verpflichtungen oder administrative Hürden – noch immer wird der stationäre Handel gegenüber Online-Pure-Playern benachteiligt. Auch wenn die anwesenden Europaabgeordneten und Kommissionsbeamten Besserung versprachen – auch zukünftig wird der Handel diese Ungleichgewichte eher selber ausgleichen müssen. Dabei kann vor allem ein gemeinsames Vorgehen im Verbund helfen, so der Markant Vorstandsvorsitzende, Markus Tkotz.

Vize-Präsident der Europäischen Kommission und Verantwortlicher für Wachstum und Beschäftigung, Jyrki Katainen, kündigte daher an, die bestehenden Hindernisse für den Handel in einer neuen Strategie der Kommission Anfang 2018 zu adressieren. Handel mache einen wichtigen Teil der Wertschöpfung in Europa aus. Dabei bestehe jedoch noch immer ein erhebliches Wachstumspotential, gerade wenn es um die Expansion in Drittländer geht.

In einer abschließenden Diskussion wurden neue Ansätze für einen nachhaltigen Handel diskutiert. Immer mehr Verbraucher würden darauf achten, was sie konsumieren und inwiefern ihr Konsum Auswirkungen auf die Umwelt entfaltet. Nachhaltige Produkte seien daher von einer Randerscheinung zu einem wichtigen Bestandteil jedes Sortiments geworden. Auch hier bestehe noch Ausbaupotential. Mit einer wachsenden Anzahl umweltbewusster Verbraucher steige auch die Nachfrage nach Premium-Produkten in diesem Bereich – für den Handel eine Chance, Mehrwerte in einer ansonsten von niedrigen Margen gekennzeichneten Branche zu schaffen.

Reduktion des Verpackungs-Abfalls

Im Fokus der Europäischen Kommission wird in den kommenden Jahren dabei insbesondere die Reduzierung des Plastikmülls stehen. Eine neue diesbezügliche Strategie soll im zweiten Quartal vorgestellt werden. Zielsetzung: eine Reduktion des Verpackungs-Abfalls. Bis 2030 sollten dabei idealerweise alle Umverpackungen entweder recyclebar oder wiederverwendbar sein – ambitionierte Ziele, die ein Umdenken der gesamten Wertschöpfungskette bedürfen. Viele Stimmen aus dem Handel forderten daher einen breiteren Austausch zwischen Handel und Industrie. Durch Schaffung neuer cross-sektoraler Plattformen und eine größere Bereitschaft zum Austausch von Best-Practices könnten diese Aufgaben bewältigt werden. Auch Europa muss dabei jedoch umdenken – das bestehende Wettbewerbsrecht legt einem solchen Informationsaustausch ein äußerst enges Korsett an. Hier müssten Freiräume geschaffen werden, um die sich stellenden Aufgaben zu bewältigen, so das Petitum des Handels. 

Insgesamt sprach der European Retail Day keine absolut neuen Themen an, die Durchleuchtung der sich stellenden Probleme erfolgte jedoch selten in einer derart differenzierten und umfassenden Art und Weise – ein großer Mehrwert für die Teilnehmer der Veranstaltung, allen voran den europäischen Gesetzgebern.

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