Nachhaltiges Finanzwesen: Europäische Kommission legt Strategie vor

In einer neuen Strategie widmet sich die Europäische Kommission dem Thema der nachhaltigen Entwicklung im Bereich des Finanzwesens. Auch wenn die Ansätze vornehmlich Banken und Versicherer betreffen werden, könnten Unternehmen gleichermaßen als „Beifang“ von den neuen Regelungen betroffen sein.

Brüssel, 20.03.2018 – Das Pariser Klimaabkommen wurde vor fast über zwei Jahren geschlossen: Unterzeichnerstaaten – darunter alle EU-Mitgliedstaaten – setzten sich ambitionierte Ziele, um dem Klimawandel Herr zu werden. Ob Regelungen zur Energieeffizienz von Gebäuden oder neue Kennzeichnungen energieverbrauchender Produkte – mit einer Vielzahl von Ansätzen versucht die Europäische Union seitdem, den Ansprüchen des Abkommens gerecht zu werden.

Nachhaltiges Finanzwesen: Europäische Kommission legt Strategie vor Mit der nunmehr vorgestellten Strategie bewegt sich die Europäische Kommission von einer anderen Richtung auf das Thema „Weltklima“ zu: dem Plan einer grünen Finanzierung. Bereits im Jahr 2016 richtete die Kommission hierzu eine hochrangige Sachverständigengruppe für ein nachhaltiges Finanzwesen ein. Die Gruppe bestand aus 20 führenden Sachverständigen aus der Zivilgesellschaft, dem Finanzsektor, Hochschulen und aus Beobachtern aus europäischen und internationalen Institutionen.

Im Januar 2018 legte die Gruppe ihren Abschlussbericht vor. Sie nannte darin acht Schwerpunktmaßnahmen, die sie als notwendige Bausteine sinnvoller Maßnahmen für die Realisierung eines nachhaltigen Finanzwesens erachtete. Die Empfehlungen dieser Gruppe bilden die Grundlage des nunmehr vorgelegten Aktionsplans.

Die Kernpunkte des Aktionsplans lassen sich wie folgt zusammenfassen:

  • die Festlegung einer gemeinsamen Terminologie für das nachhaltige Finanzwesen, also ein einheitliches EU-Klassifikationssystem (oder Taxonomie). Hierin sollen der Begriff der Nachhaltigkeit festgelegt und die Bereiche genannt werden, in denen nachhaltige Investitionen größtmögliche Wirkung entfalten können.
  • die Schaffung eines EU-Kennzeichens für „grüne“ Finanzprodukte auf der Grundlage dieses EU-Klassifikationssystems: Investoren sollen leicht erkennen können, welche Investitionen den Kriterien der Umweltfreundlichkeit oder Emissionsarmut genügen.
  • die Klärung der Pflicht von Vermögensverwaltern und institutionellen Anlegern, das Kriterium der Nachhaltigkeit bei den Investitionsabläufen zu berücksichtigen und die Offenlegungsvorschriften zu stärken.
  • die Auflage für Versicherungsunternehmen und Wertpapierfirmen, ihre Kunden entsprechend ihren Nachhaltigkeitspräferenzen zu beraten.
  • die Einbeziehung der Nachhaltigkeit in die Aufsichtsvorschriften: Nach einer Risikoanalyse will die Europäische Kommission die Machbarkeit einer erneuten Feinabstimmung der Kapitalanforderungen von Banken für nachhaltige Investitionen (den so genannten „green supporting factor“) prüfen und dabei darauf achten. Die Finanzstabilität soll dabei gewahrt bleiben.
  • die Schaffung einer größeren Transparenz der Unternehmensbilanzen: die Leitlinien für nichtfinanzielle Informationen sollen stärker an den bereits festgelegten Kriterien zu klimabezogenen Finanzinformationen ausgerichtet werden.

Gerade letzter Punkt birgt erheblichen Sprengstoff für Unternehmen. Bereits vor zwei Jahren wurden neue Vorschriften hinsichtlich nicht-finanzieller Berichtspflichten in Unternehmen eingeführt. Trotz einer Ausnahme für kleine Unternehmen und Mittelständler (KMU) waren und sind auch mittelständische Unternehmen indirekt – beispielsweise durch die Abwälzung der Berichtspflichten in der Wertschöpfungskette – von den neuen Regeln betroffen. Es bleibt daher abzuwarten, ob die Diskussion um die Transparenz von Unternehmen neue Fahrt aufnimmt und gegebenenfalls auch mittelständische Unternehmen hiervon betroffen wären.

Mittelständische Unternehmen sind in vielfältiger Weise auf eine umweltbewusste Unternehmensführung ausgerichtet. Dies zeigt nicht zuletzt die große Resonanz beteiligter oder interessierter Unternehmen im Rahmen des vom MITTELSTANDSVERBUND initiierten Projektes „Klimaprofi für den Mittelstand“. Überbordende Berichtspflichten können jedoch unnötig die knappen Ressourcen gerade in mittelständischen Unternehmen binden – ein Umstand, der schnell die positiven Ansätze im Mittelstand konterkarieren kann.

DER MITTELSTANDSVERBUND plädiert daher im Rahmen der Planung der Umsetzungsakte für einen ausgewogenen Gesamtblick, der die Interessen aller Beteiligten – und natürlich für eine klimafreundliche Zukunft Verantwortlichen – mit einbezieht.

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