Nachhaltigkeitsberichterstattung: Neuer Vorschlag der EU-Kommission

Zur Erreichung der Pariser Klimaziele sowie des Europäischen Grünen Deals macht der Europäische Gesetzgeber nunmehr ernst: Weit mehr Unternehmen sollen über ihre Aktivitäten berichten. Auch Mittelständler werden danach zukünftig stärker in die Berichtspflichten eingebunden.

Brüssel, 28.04.2021 - Bereits 2014 verabschiedete das Europäische Parlament und die Mitgliedstaaten der EU die Richtlinie zur Erweiterung der Berichterstattung von großen kapitalmarktorientierten Unternehmen, Kreditinstituten, Finanzdienstleistungsinstituten und Versicherungsunternehmen verabschiedet (sog. CSR-Richtlinie). Der EU-Gesetzgeber schaffte damit die Grundlage, die Transparenz über ökologische und soziale Aspekte von Unternehmen im Binnenmarkt zu erhöhen. Aspekte wie Informationen zu Umwelt-, Sozial- und Arbeitnehmerbelangen sowie die Achtung der Menschenrechte und die Bekämpfung von Korruption und Bestechung sind damit Bestandteil der Berichtspflicht der betroffenen Unternehmen. Deutschland hat die Richtlinie in nationales Recht umgesetzt (CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetz). Das CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetz ist seit dem Geschäftsjahr 2017 auf Lageberichte anwendbar.

Erhebliche Erweiterung des Anwendungsbereichs

Mit dem nunmehr vorgelegten Vorschlag sollen alle großen Unternehmen sowie kapitalmarktorientierten Unternehmen der Berichtspflicht unterfallen. Nach den Schätzungen der EU-Kommission müssen künftig fast 50 000 Unternehmen in der EU detaillierte Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung einhalten - deutlich mehr als die 11 000 Unternehmen, die den derzeit geltenden Anforderungen der CSR-Richtlinie unterliegen.

Große Unternehmen sind dabei solche, die zwei von drei Kriterien erfüllen - mehr als 250 Mitarbeiter, mehr als 40 Millionen Euro Umsatz oder mehr als 20 Millionen Euro Bilanzsumme. Eine Ausnahme besteht für Kleinstunternehmen (mit weniger als 250 Mitarbeitern). Kleine und mittlere kapitalmarktorientierte Unternehmen müssen erst drei Jahre nach Inkrafttreten der vorliegenden Richtlinie ihre erste Nachhaltigkeits-berichterstattung vorlegen.

Bestand nach aktueller Rechtslage eine Ausnahme von den Berichtspflichten für eingetragene Genossenschaften, so sollen diese Pflichten künftig für alle Unternehmen (falls sie der entsprechenden Größenkategorie unterfallen) unabhängig von ihrer Rechtsform gelten.

Umfang der Berichtspflichten

Die EU-Kommission drängt mit dem neuen Vorschlag zudem auf eine Vereinheitlichung der Berichtsstandards. Hierzu wurde die Liste der berichtspflichtigen Tatsachen weiter verfeinert: So sollen Unternehmen zukünftig bspw. über Nachhaltigkeitsaspekte, Arbeitnehmerbelange, Geistiges Eigentum und die daraus für das Unternehmen entstehenden Risiken berichten. Zudem sollen die entsprechenden Unternehmensstrategien veröffentlicht werden. Auch die Belange von Stakeholdern sollen Teil der Berichtspflicht sein.

Bereits in der vorangegangenen politischen Diskussion hatte DER MITTELSTANDSVERBUND mehrmals auf die Tatsache hingewiesen, dass einheitliche Standards zwar zu einer Verbesserung der Wettbewerbssituation führen können, es hierzu jedoch einer weiteren Konkretisierung der berichtspflichtigen Aspekte bedarf; So unterlässt es die EU-Kommission weiterhin, den Begriff „Nachhaltigkeit“ weiter zu definieren. Auch die Frage, welche Stakeholder in die Berichtspflichten einbezogen werden sollen, bleibt bis auf Weiteres offen. Zwar soll die EU-Kommission ermächtigt werden, die Berichtspflichten weiter zu konkretisieren, es fragt sich jedoch, warum dies nicht bereits zum jetzigen Zeitpunkt erfolgt. „DER MITTELSTANDSVERBUND hat mit seinem laufenden Klimaverbund-Projekt bereits jetzt einen guten Überblick über die wirklich relevanten umweltbezogenen Aspekte in einem Unternehmen.“ meint auch Tim Geier, Geschäftsführer Büro Brüssel, DER MITTELSTANDSVERBUND. „Es zeigt sich dabei: Je früher die relevanten Aspekte identifiziert werden, desto schneller können konkrete Schritte im Unternehmen begonnen werden.“, so Geier weiter.

Nach dem jetzigen Zeitplan sollen die Berichtspflichten ab 2023 gelten – wenig Zeit also für Unternehmen, sich auf die neue Lage einzustellen.

Mittelstand umfassend betroffen

Auch mittelständische Unternehmen werden zukünftig nicht umhinkommen, über ihre Nachhaltigkeits-Strategien zu berichten. Bereits durch die Ausweitung des Anwendungsbereichs der Berichtspflichten werden viele Kreditinstitute und Finanzdienstleister in den Anwendungsbereich der Richtlinie einbezogen: Um ihren eigenen Berichtspflichten nachzukommen, werden diese zukünftig genauere Angaben bei den Unternehmen abfragen – dies unabhängig von der Größe der Unternehmen.

Die EU-Kommission verspricht zwar, dass KMU einem vereinfachten Berichtsstandard unterliegen werden und zudem mehr Zeit haben, bis über Nachhaltigkeitsaspekte berichtet werden muss, aus den eben genannten Gründen werden Mittelständler aber bereits 2023 mit schärferen Berichtspflichten gegenüber ihren Vertragspartnern konfrontiert sein.

Fazit

Viele Verbundgruppen und deren Anschlusshäuser sind bereits Frontrunner, wenn es um den Bericht von Nachhaltigkeitsaspekte in ihrem Unternehmen geht. Dennoch dürfte auch auf diese Unternehmen ein gesteigerter Aufwand zukommen. Über sein Klimaverbund-Projekt steht DER MITTELSTANDSVERBUND und die im Projekt aktiven Klimaprofis seinen Mitgliedern bereits aktuell zur Seite, um den Weg hin zu einer nachhaltigeren Wirtschaft zu ebnen. Anders, als die Ansätze der EU-Kommission steht dabei die konkrete Umsetzung der Strategien im Vordergrund.

Im anstehenden Gesetzgebungsprozess wird es daher die Aufgabe des MITTELSTANDSVEBRUNDs sein, erneut auf das große Potential von Verbundgruppen in der Erreichung der Nachhaltigkeitsziele hinzuweisen, aber auch die Besonderheiten und – mit Blick auf die Anschlusshäuser – oftmals begrenzten Ressourcen von Mittelständlern zu vermitteln.

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