Rücknahme von Elektro- und Elektronikaltgeräten: Neuer, offener Anwendungsbereich ab 15.08.2018

Am 15. August 2018 werden eine Reihe von Änderungen im Gesetz über das Inverkehrbringen, die Rücknahme und die umweltverträgliche Entsorgung von Elektro- und Elektronikgeräten (im Folgenden: ElektroG) in Kraft treten. Kern der Änderungen ist die sog. offene Definition („open scope“) von Elektro- und Elektronikgeräten. Der Kreis der Geräte, welche den Verpflichtungen des ElektroG unterliegen, wird sich damit signifikant erweitern. Der Handel wird von diesen Änderungen insbesondere durch eine Ausweitung der Rücknahmeverpflichtungen für Elektro- und Elektronikaltgeräte betroffen sein.

Ab dem 15. August 2018 werden neue Pflichten auf Hersteller von Elektrogeräten zukommen.Die folgende Darstellung beschränkt sich auf die neuen Pflichten rund um das Thema „Rücknahmeverpflichtungen“. Sollten Sie oder Ihre Anschlusshäuser auch Waren importieren, müssen weitere Registrierungspflichten beachtet werden. Zu den diesbezüglichen Details können Sie sich gerne an den MITTELSTANDSVERBUND wenden.

1. Rücknahmeverpflichtung nach dem ElektroG

Nach den bereits bestehenden Regeln des ElektroG sind Händler in einer Reihe von Fällen bereits heute verpflichtet, Elektro- und Elektronikaltgeräte zurückzunehmen:

  • Händler mit einer Verkaufsfläche für Elektro- und Elektronikgeräte ab 400m² sind verpflichtet, kleine Geräte mit einer maximalen Kantenlänge von 25cm (auch ohne den Kauf eines entsprechenden Neugerätes) zurücknehmen (sog. 0:1 Rücknahme).
  • Größere Altgeräte müssen nur beim Neukauf eines gleichwertigen Gerätes zurückgenommen werden (sog. 1:1 Rücknahme),
  • Von diesen Rücknahmepflichten sind auch Online-Händler mit Lager- und Versandflächen von mindestens 400m² betroffen.

Händler, die Altgeräte zurücknehmen, müssen der zuständigen Behörde die eingerichteten Rücknahmestellen vor Aufnahme der Rücknahmetätigkeit anzeigen. In Deutschland erfolgt die Registrierung über die Stiftung Elektro-Altgeräte.

Händler sind zudem an Meldepflichten gebunden: Sie müssen bis zum 30.04. eines Jahres der sog. Gemeinsamen Stelle (wiederum: Stiftung ear), folgende Mengen des Vorjahres mitteilen:

  • zurückgenommen Altgeräte,
  • zur Wiederverwendung vorbereiteten und recycelten Altgeräte,
  • verwerteten Altgeräte,
  • beseitigten Altgeräte und in EU-Länder oder in Drittstaaten zur Behandlung ausgeführten Altgeräte.

Weiterhin besteht eine Informationspflicht der Händler bezüglich der Rücknahmepflicht von Altgeräten gegenüber dem Verbraucher. Die Mitteilungspflicht umfasst folgende Informationen:

  •  die von ihnen eingerichteten und zur Verfügung gestellten Sammelstellen bzw.
  •  die Möglichkeit zur Abgabe von Altgeräten,
  •  die Pflicht zur vom Restmüll getrennten Erfassung sowie
  •  die Pflicht zur Trennung von nicht vom Gerät umschlossenen Batterien/Akkumulatoren vor der Abgabe,
  •  die Bedeutung des Symbols nach Anlage 3 ElektroG (durchgestrichene Tonne),
  •  Eigenverantwortung der Verbraucherinnen und Verbraucher für die Löschung personenbezogener Daten.

DER MITTELSTANDSVERBUND hat hierzu eine Formulierungshilfe angefertigt, die Ihnen als Anlage 1 zu diesem Schreiben zur Verfügung steht.

2. Erweiterung des Anwendungsbereichs des ElektroG

Bis zum 14. August 2018 beschreibt das ElektroG insgesamt 10 Gerätekategorien, welche der Rücknahmepflicht unterliegen. Ab dem 15. August listet das ElektroG nur noch 6 Kategorien von rücknahmepflichtigen Geräteklassen auf. Im Unterschied zur bisherigen Rechtslage definiert das ElektroG den sachlichen Anwendungsbereich nicht mehr abschließend. Nach dem Grundsatz des sogenannten „open scope“ (offener Anwendungsbereich) soll das Gesetz daher auch solche elektrischen/ elektronischen Geräte erfassten, die sich keiner dieser Kategorien zuordnen lassen.

Die umfassende Öffnung des bestehenden Anwendungsbereichs führt dazu, dass bisher nicht vom ElektroG erfasste Produkte, wie etwa strombetriebene Möbel (z.B. ein elektrisch einstellbarer Lattenrost) oder Bekleidung mit elektronischen Funktionen (z.B. ein blinkender LED-Turnschuh) künftig den Regelungen des ElektroG unterfallen und diese Geräte von den Händlern – sollten sie die weiteren Voraussetzungen erfüllen – zurückgenommen werden müssen.

3. Was bedeutet dies für den Möbelhandel?

Durch den ab dem 15. August geltenden „open scope“ fallen alle Möbelstücke wie Polstermöbel, Lattenroste, Anbauwände, die eine elektrische oder elektronische Komponente enthalten, unter das ElektroG und damit unter die Rücknahmeverpflichtung.

Der mögliche Ausnahmetatbestand des § 2 Abs. 2 Nr. 2 ElektroG, nach den Geräten, die

• als Teil eines anderen Gerätes, das vom Geltungsbereich dieses Gesetzes ausgenommen ist oder nicht in den Geltungsbereich dieses Gesetzes fällt, in dieses eingebaut sind und

• ihre Funktion nur speziell als Teil dieses anderen Gerätes erfüllen können,

wird von der herrschenden Rechtslehre als nicht einschlägig erachtet. Es besteht daher grundsätzlich eine Rücknahmeverpflichtung des Handels von Möbeln mit elektronischen Komponenten.

4. Muss der Handel in jedem Fall das ganze Möbelstück zurücknehmen?

Die Frage, ob das gesamte Möbelstück nach ElektroG zurückgenommen werden muss, stellt sich insbesondere bei Möbeln, die nur zu einem Teil aus Elektro-Komponenten bestehen. Im Grundsatz gilt: Wenn ein Möbel insgesamt als Elektrogerät beurteilt werden kann, muss auch das gesamte Möbel zurückgenommen werden.

Dies ist abhängig von der Frage, ob sich die elektronische Komponente ohne großen Aufwand von dem Möbelstück trennen lässt. So sind bei Polstermöbel in der Regel Elektromotoren verbaut, die sich mit zwei Bolzen oder Schrauben ausbauen lassen. In einem solchen Fall ist lediglich der Motor als rücknahmepflichtiges Elektrogerät zu qualifizieren mit der Folge, dass sich die Rücknahmeverpflichtung auch nur auf diese Komponente bezieht.

Dagegen liegt bei elektronischen Komponenten, die nur mit erheblichem Aufwand von dem Möbel getrennt werden können (oder gar die Zerstörung des Möbels zur Folge hätten) insgesamt ein rücknahmepflichtiges Elektro- oder Elektronikaltgerät vor.

In einem solchen Fall muss in der Tat das gesamte Möbelstück zurückgenommen werden.

5. Wie errechnen sich die 400qm Verkaufsfläche für Elektro-/Elektronikgeräte?

Die nachfolgenden Werte sollen der Orientierung dienen, eine detaillierte Prüfung im Geschäft sollte in jedem Fall erfolgen.

  • E-Geräte bei Küchen: 60x60 cm = 0,36m² mal 5 Geräte = 1,8m² je Küche
  • Polstermöbel, die elektrifiziert sind ca. 80x80cm = 0,64m² je Sitzeinheit
  • Lattenroste/Bettanlage: Grundfläche des Bettes (Boxspring/Polsterbett) ca. 2x1 m = 2m²

6. Welche Möglichkeiten der Entsorgung bestehen für den Händler?

Die Entsorgung vor Ort kann über den lokalen Entsorger oder einen privaten Anbieter erfolgen. Dieser muss dem Händler einen entsprechenden Entsorgungsnachweis geben und die Mengen benennen, damit diese - nebst der Angabe der entsprechenden Gerätekategorie - bei der jährlichen Meldung bei der Stiftung ear angegeben können.

7. Was muss der Handel noch beachten?

Besteht eine Rücknahmepflicht, so muss zwingend ein Abfallbeauftragter gemäß der Abfallbeauftragtenverordnung benannt werden. Dies kann ein Mitarbeiter oder ein externer Dienstleister sein. Die weiteren Details im Rahmen der Bestellung eines Abfallbeauftragten stellt Ihnen der MITTELSTANDSVERBUND in der Anlage 2 zu diesem Schreiben zur Verfügung.


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Ansprechpartner

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