US-Inflation Reduction Act: EU plant Investitionsoffensive als Antwort auf mögliche Wettbewerbsverzerrungen für Unternehmen

Die Europäische Kommission reagiert auf den US-amerikanischen Inflation Reduction Act (IRA) mit einem Gegenvorschlag zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit europäischer Unternehmen. Subventionswettläufe, Handelskonflikte und Abwanderung europäischer Unternehmen in die USA sollen somit verhindert werden.

Brüssel, 08.02.2023 – Jüngst befanden sich Bundeswirtschaftsminister Habeck und sein französischer Amtskollege Le Maire in Washington D.C., um die Auswirkungen des US-amerikanischen Inflationsbekämpfungsgesetzes (Inflation Reduction Act, IRA) auf europäische Unternehmen zumindest in Teilen abzumildern. Der IRA wurde vom US-Kongress Mitte letzten Jahres verabschiedet, viele Einzelheiten hinsichtlich seiner Anwendung sind aktuell jedoch noch unklar. 

Kommissionspräsidentin von der Leyen kündigte Anfang Februar 2023 ein Maßnahmen-Paket an, um die grüne Industrie in Europa zu stärken und die Auswirkungen des IRA für Unternehmen in Europa abzufedern. Der „Grüne Industrieplan“ oder „Green Deal Industrial Plan“ (GDIP) soll aus vier Säulen bestehen, die neben schnellerem Zugang zu Finanzmitteln auch resilientere Lieferketten fördern sollen. Er baut auf dem Europäischen Green Deal – dem langfristigen Plan der EU hin zu einer nachhaltigen Wirtschaft – sowie den dazugehörigen bereits neu geschaffenen Finanzinstrumenten auf.

Was ist der Inflation Reduction Act (IRA)?

Der IRA soll der Inflation entgegenwirken, das Haushaltsdefizit über die nächsten Jahre reduzieren und durch Investitionen in erneuerbare Energien den Klimaschutz in den USA vorantreiben.

Aktuell müssen die großen Linien des IRA durch Verwaltungsvorschriften zu dessen Anwendung konkretisiert werden. Von der Leyen sieht neben vielen anderen europäischen Staats- und Regierungschefs klare protektionistische Züge des IRA und befürchtet die Gefährdung der Wettbewerbsfähigkeit von europäischen Unternehmen. – Dies gilt inbesondere für die Bereiche Elektromobilität, Solarzellen- und Batterieherstellung. Kommission und US-Regierung haben eine IRA-Taskforce ins Leben gerufen, die bei regelmäßigen Treffen dringende, in der Zukunft auftretende Streitpunkte erörtern wird.

Was beinhaltet der Grüne Industrieplan?

Der europäische Grüne Industrieplan zur Stärkung des Industriestandorts Europa besteht aus vier Säulen:

  1. Vereinfachter Rechtsrahmen: Net-Zero-Industrieakt und günstiges Regelungsumfeld

Die EU-Kommission möchte Ziele für eine verbesserte industrielle Kapazität sowie eine CO2-neutrale Industrie bis 2030 festlegen. Hierzu wurde das sogenannte „Net-Zero-Gesetz“ in Aussicht gestellt. Durch vereinfachte und schnellere Zulassungsverfahren sollen europäische strategische Projekte gefördert werden. Damit soll die Produktion von Windrädern, Solaranlagen und weiteren grünen Branchen in Europa gestärkt werden. Flankierend werden derzeit Ansätze für die Beschaffung kritischer Rohstoffe erarbeitet. Zudem soll möglichst schnell die Reform des europäischen Strommarktes, insbesondere mit Blick auf seine Mechanismen zur Preisgestaltung, vorgestellt werden.

  1. Subventionen der Mitgliedsstaaten zum schnelleren Zugang zu Finanzmitteln

Die Kommission schlägt einen vorübergehenden Krisen- und Übergangsrahmen mit gelockerten EU-Beihilferegeln vor, welcher die Finanzierung der Industrie im Bereich sauberer Technologien vereinfachen soll. Mitgliedstaaten sollen künftig Steuervergünstigungen für neue Investitionen in Produktionsanlagen gewähren können. Hierzu sollen sie Leitlinien für nationale Aufbau- und Resilienzpläne aufstellen, um Zugang zu Mitteln aus dem Corona-Wiederaufbaufonds zu bekommen. Bereits bestehende Finanzierungsinstrumente der EU sollen hierzu umstrukturiert werden.

  1. Verbesserung der Kompetenzen: Fachkräfte und Handel

Im Rahmen des Europäischen Jahres der Kompetenzen 2023 soll die grenzüberschreitende Anerkennung von Qualifikationen in klimafreundlichen Industriezweigen und Berufen mit hohem Fachkräftemangel ermöglicht und mehr Ausbildungskapazitäten für Arbeitnehmer geschaffen werden, um die Freizügigkeit im europäischen Arbeitsmarkt zu gewährleisten. Es werden Programme zur Qualifizierung und Umschulung von Fachkräften in strategischen Branchen ins Leben gerufen.

  1. Offener Handel für widerstandsfähige Lieferketten

Um den Handel für die „Green Transition“ zu stärken, soll ein europäisches Netz von Freihandelsabkommen etabliert werden. Zudem soll die Idee für ein „Critical Raw Material Club” für die Sicherstellung einer nachhaltigen und erschwinglichen globalen Versorgung mit kritischen Rohstoffen vorgelegt werden.

Wirtschaftsminister Robert Habeck begrüßte die Vorschläge der Kommission und spricht sich für eine stärkere Förderung der Subventionsprogramme für die heimische Produktion von Solarpaneelen, Windrädern, Wärmepumpen und Geräten zur Wasserstoffproduktion aus.

Auch DER MITTELSTANDSVERBUND bestätigt, dass vor allem die Pläne der Kommission für schnellere Zulassungsverfahren für nachhaltige Investitionen in Infrastruktur und Energieversorgung zu positiven Effekten im kooperierenden Mittelstand führen könnten. Bereits heute investieren Verbundgruppen massiv in nachhaltige Standorte und Verkaufsstellen ihrer Anschlusshäuser. Neben der Finanzierungsfrage verhindern dabei bürokratische Hürden eine schnelle Umsetzung der Vorhaben. Der kooperierende Mittelstand nimmt bei der Etablierung nachhaltiger Strukturen eine Schlüsselrolle ein.

Nächste Schritte

Am 9. und 10. Februar treffen sich die Staats- und Regierungschefs in Brüssel, um weitere Maßnahmen zu besprechen.

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