Vorkasse für Rückversand? EuGH stärkt Verbraucherrechte nur mittelbar

In einem seiner jüngsten Entscheidungen klärte der Europäische Gerichtshof die Frage, in welchen Fällen der Verkäufer für den Rückversand von Produkten gegenüber dem Verbraucher in Vorkasse treten muss. Die konkrete Ausgestaltung bleibt jedoch weiterhin Sache der nationalen Gerichte.

Brüssel, 29. Mai 2019 – Der Fall „wog schwer“: Ein Kunde bestellte bei einem Händler ein 6 Meter großes Zelt per Telefon. Einmal geliefert, stellte sich heraus, dass das Zelt mangelhaft war. Dies zeigte der Kunde gegenüber dem Händler auch an. Letzterer lehnte jedoch eine Nacherfüllung ab, da kein Mangel an dem Zelt erkennbar sei. Das zunächst mit der Sache befasste Gericht legte den Fall dem Europäischen Gerichtshof vor. Insbesondere hatte das Ausgangsgericht Zweifel an der Frage, wie die Vorschriften der Verbrauchsgüterkauf-Richtlinie auszulegen seien. Danach ist der Verkäufer verpflichtet, dem Verbraucher unentgeltlich eine mangelfreie Sache zu liefern bzw. unentgeltlich der vertragsgemäße Zustand herzustellen. Fraglich war im vorliegenden Fall jedoch, ob dies auch beinhaltet, dass der Verkäufer einen Vorschuss auf den Rückversand der mangelhaften Ware zu leisten hat. Alternativ könnte auch der Kunde den Versand zunächst zahlen, um den Betrag zu einem späteren Zeitpunkt zu verrechnen. 

Vorkasse für Rückversand? EuGH stärkt Verbraucherrechte nur mittelbarDer EuGH bemerkte zunächst, dass obgleich der Verbraucher umfassende Rechte hinsichtlich der Beseitigung von Mängeln hat, eine genaue Interessenabwägung erfolgen muss. Denn: Stellt sich heraus, dass die Ware doch nicht mangelhaft war, der Verkäufer aber in jedem Fall für den Rückversand in Vorkasse treten muss, eine erhebliche Belastung für den Handel entstünde.

Aus diesem Grund vereinte der EuGH auch einen systematischen Anspruch des Kunden auf Vorkasse bzgl. der Rückversandkosten. Nur in Fällen, in denen der Verbraucher aufgrund der Höhe der Transportkosten davon abgehalten werden könnte, überhaupt seine Rechte geltend zu machen, könnte über Vorauszahlungen des Verkäufers nachgedacht werden. Eine solche Bewertung ist jedoch einzelfallabhängig und Sache der nationalen Gerichte.

Für Händler ergibt sich daher eine unklare Gemengelage: Ab wann fühlen sich Kunden denn von einer Geltendmachung ihrer Rechte abgehalten? Bei Versandkosten von 50EUR, 30EUR oder gar 10EUR? Es bleibt also mit Spannung abzuwarten, wie die nationalen Gerichte zukünftig mit ähnlich gelagerten Sachverhalten umgehen werden. Auch wenn für Händler der Service-Gedanke und damit auch eventuelle Kullanzleistungen ein richtiger Weg sind, sollte dennoch das Missbrauchs-Potential gerade im Fernabsatz beschränkt werden. Klar bleibt nur: Besteht tatsächlich ein Mangel und muss eine Nachlieferung erfolgen, so hat der Verkäufer dem Kunden sowohl den Versand der neuen Ware als auch die Kosten für den Rückversand der mangelhaften Ware zu erstatten.

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