(Elektro-)Fahrräder für Mitarbeiter: Wie hoch ist der „geldwerte Vorteil“?

Wer Arbeitnehmern (Elektro-)Fahrräder zur privaten Nutzung zur Verfügung stellt, muss auf die korrekte Berechnung des „geldwerten Vorteils“ achten – sonst drohen böse Überraschungen bei der Lohnsteuer-Außenprüfung. DER MITTELSTANDSVERBUND informiert.

Berlin, 24.08.2017 – Viele Arbeitgeber stellen ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bereits (Elektro-)Fahrräder zur privaten Nutzung zur Verfügung oder planen dies für die Zukunft.

Die richtige Berechnung des dabei entstehenden steuer- und beitragspflichtigen "geldwerten Vorteils" ist von großer Bedeutung, um Auseinandersetzungen bei Lohnsteuer-Außenprüfungen von vornherein zu vermeiden. Arbeitgeber müssen in diesem Zusammenhang unterschiedliche steuerrechtliche Vorschriften beachten.

1. Regelfälle (Arbeitsvertrag oder andere arbeitsrechtliche Grundlage)

Wie bei der Dienstwagenbesteuerung muss auch bei der Überlassung von (Elektro-)Fahrrädern an Arbeitnehmer zunächst geprüft werden, ob die Überlassung aufgrund eines Arbeitsvertrages oder einer anderen arbeitsrechtlichen Grundlage erfolgt. Dies ist der Fall,

  • wenn die Überlassung arbeitsvertraglicher Vergütungsbestandteil ist (z. B. von vornherein bei Abschluss des Arbeitsvertrags oder im Rahmen einer Beförderung) oder
  • wenn eine steuerlich anzuerkennende Gehaltsumwandlung mit Wirkung für die Zukunft vereinbart ist (d. h. ein Arbeitnehmer verzichtet unter Änderung des Arbeitsvertrags auf einen Teil seines Barlohns und sein Arbeitgeber gewährt stattdessen Sachlohn in Form der Fahrzeugüberlassung).

In diesen Regelfällen gelten folgende lohnsteuerrechtliche Vorschriften (gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder vom 23. November 2012, BStBl I 2012, S. 1224, Anlage 6 zu H 8.1 LStRL 2015):

  • Die Überlassung eines Fahrrades an den Arbeitnehmer stellt einen steuer- und beitragspflichtigen geldwerten Vorteil dar, der monatlich bewertet wird mit einem Prozent der unverbindlichen Herstellerpreisempfehlung im Zeitpunkt der Inbetriebnahme (abgerundet auf volle 100 Euro und einschließlich Umsatzsteuer). Damit sind – anders als bei Firmenwagen – Fahrten abgegolten, also sowohl Privatfahrten als auch Fahrten zwischen Wohnung und Erster Tätigkeitsstätte sowie bei doppelter Haushaltsführung.
  • Dies gilt ebenso für Elektrofahrräder, wenn diese verkehrsrechtlich als Fahrrad und nicht als Kraftfahrzeug einzuordnen sind (u. a. keine Kennzeichen- und Versicherungspflicht).
  • Bei Elektrofahrrädern, die verkehrsrechtlich als Kraftfahrzeug einzuordnen sind, gelten die lohnsteuerrechtlichen Vorschriften für die Überlassung von Firmenwagen. Das bedeutet, die Ermittlung des geldwerten Vorteils kann entweder nach der 1-Prozent-Methode oder nach der Fahrtenbuchmethode (§ 8 Abs. 2 Sätze 2 bis 5 i. V. m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG) erfolgen.
  • Die Anwendung der 44 Euro-Freigrenze (§ 8 Abs. 2 Satz 11 EStG) ist nicht zulässig.

Diese Vorschriften gelten bei der Überlassung von (Elektro-)Fahrrädern, die sich im Eigentum des Arbeitgebers befinden, und auch bei Leasingvereinbarungen. In diesen Fällen überlässt ein Dritter (Leasing-Gesellschaft) dem Arbeitnehmer ein (Elektro-)Fahrrad zur privaten Nutzung, wobei der Arbeitgeber aktiv an der Überlassung mitwirkt (Rahmenvereinbarung zwischen Leasing-Gesellschaft und Arbeitgeber).

Folglich steht die Fahrradüberlassung im Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis und es liegt Arbeitslohn von dritter Seite vor (BMF-Schreiben "Steuerliche Behandlung der Rabatte, die Arbeitnehmern von dritter Seite eingeräumt werden", BStBl I 2015, S. 143).

2. Sonderfälle ("Behördenleasing“)

In den Ausnahmefällen, in denen eine vom Arbeitsvertrag unabhängige Sonderrechtsbeziehung vorliegt (also keine Gehaltsumwandlung, kein arbeitsvertraglicher Vergütungsbestandteil) liegt der geldwerte Vorteil – abweichend von den Regelfällen – nicht in der Fahrzeugüberlassung, sondern in der Verschaffung verbilligter Leasingkonditionen und ist nach § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG zu bewerten.

Die 44 Euro-Freigrenze ist grundsätzlich anwendbar, sofern die (nach Anrechnung durch den Arbeitnehmer gezahlter Entgelte) ergebenden Vorteile insgesamt 44 Euro im Kalendermonat nicht übersteigen (BMF-Schreiben "Dienstwagenbesteuerung in Leasingfällen", BStBl I 2016, S. 1449).

3. Aufladen des Elektrofahrrades beim Arbeitgeber

Elektrofahrräder, die als Kraftfahrzeug einzuordnen sind, sind von der im vergangenen Jahr neu geschaffenen und bis Ende 2020 geltenden lohnsteuerlichen Regelung erfasst, die das Aufladen im Betrieb steuerfrei ermöglicht (§ 3 Nr. 46 EStG). Dies gilt sowohl für private als auch für betriebliche Elektrofahrräder, die als Kraftfahrzeug einzuordnen sind (BMF-Schreiben "Förderung von Elektromobilität im Straßenverkehr; Anwendung der einkommen- und lohnsteuerlichen Vorschriften", BStBl I 2016, S. 1446).

Die Beitragsfreiheit folgt aus der Grundregel der Beitragsfreiheit bei Lohnsteuerfreiheit (§ 1 Abs. 1 Satz 1 SvEV).

4. Kauf des Elektrofahrrades nach Leasingende

In den Fällen, in denen Arbeitnehmer nach Leasingende das (Elektro-)Fahrrad zu einem geringeren Preis als dem Endpreis i. S. d. § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG erwerben, ist der Differenzbetrag als Arbeitslohn von dritter Seite zu versteuern, da ein Preisvorteil im Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis steht.

Da diese Wertermittlung in der Praxis schwierig sein kann, hat das Bayerische Landesamt für Steuern eine Pauschalierung zugelassen (nach 36 Monaten Nutzungsdauer: 40 Prozent der auf volle 100 Euro abgerundeten Herstellerpreisempfehlung im Zeitpunkt der Inbetriebnahme einschließlich Umsatzsteuer).

Vor diesem Hintergrund empfiehlt DER MITTELSTANDSVERBUND, bei Bewertungsschwierigkeiten den Kontakt zum zuständigen Betriebsstättenfinanzamt zu suchen und um eine Pauschalierungsmöglichkeit anzufragen.

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