Erbschaftsteuer: MITTELSTANDSVERBUND fordert Rechtssicherheit

Das Bundesverfassungsgericht hat die erbschaftsteuerlichen Regelungen für Betriebsvermögen am 17. Dezember teilweise für verfassungswidrig erklärt. DER MITTELSTANDSVERBUND fordert von der Politik jetzt Regelungen, die geeignet sind, die Unternehmensnachfolge dauerhaft zu sichern.

Berlin, 18.12.2014 — In dem lange erwarteten Urteil des Bundesverfassungsgerichts werden die seit dem 01.01.2009 bestehenden Regelungen des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) zur Verschonung von Betriebsvermögen von den Richtern teilweise als verfassungswidrig eingestuft.

Der Gesetzgeber hat jetzt bis zum 30. Juni 2016 Zeit, die Erbschaftsteuer für Betriebsvermögen neu zu regeln. "Bis dahin behalten die bestehenden Regelungen ihre Gültigkeit, eine rückwirkende Anwendung der Neuregelungen kann aber derzeit nicht ausgeschlossen werden". Umso mehr sei nun Eile geboten, verbindliche Regelungen zu schaffen.

Hintergrund: Der Bundesfinanzhof in München hatte in seinem Urteil vom 11.10.2012 in der weitgehenden oder vollständigen erbschaft- und schenkungsteuerlichen Befreiung von Betriebsvermögen und land- und forstwirtschaftlichem Vermögen eine ungerechtfertigte und damit verfassungswidrige Überprivilegierung gesehen und diese Frage dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt.

Nach derzeit geltendem Recht muss ein Unternehmen für eine 85-prozentige erbschaftsteuerliche Freistellung des Betriebsvermögens nach dem Erbfall von dem Erben mindestens fünf Jahre fortgeführt werden und die Lohnsumme darf innerhalb dieses Zeitraums nicht unter 400 Prozent der Ausgangslohnsumme fallen. Betriebe mit bis zu 20 Beschäftigten unterliegen keiner Lohnsummenregelung. Daneben darf der Anteil des in § 13 b Abs. 2 ErbStG abschließend aufgeführten Verwaltungsvermögens am betrieblichen Gesamtvermögen höchstens 50 Prozent betragen.

Eine komplette Freistellung eines Unternehmens von der Erbschaftsteuer kann in Anspruch genommen werden, wenn der Erwerber das Unternehmen sieben Jahre lang fortführt. Die Lohnsumme muss dann in diesem Zeitraum mindestens 700 Prozent der Ausgangslohnsumme betragen und der Anteil des Verwaltungsvermögens darf 10 Prozent nicht übersteigen.

Diese Privilegierung des betrieblichen Vermögens wertet das Bundesverfassungsgericht als unverhältnismäßig, "soweit die Verschonung über den Bereich kleiner und mittlerer Unternehmen hinausgreift". Der Gesetzgeber ist jetzt aufgefordert, neue Prüfkriterien für eine Bedürfnisprüfung großer Unternehmen festzulegen.

Die beschriebene Lohnsummenregelung sei im Grundsatz zwar verfassungsgemäß. Die Freistellung von der Mindestlohnsummenregelung für Betriebe mit bis zu 20 Beschäftigten sei aber unverhältnismäßig und damit verfassungswidrig. Dies betrifft über 90 Prozent aller Unternehmen in Deutschland.

Auch die bestehenden Regelungen über die vollständige Verschonung betrieblichen Vermögens mit einem Verwaltungsvermögensanteil bis zu 50 Prozent stuften die Richter als verfassungswidrig ein.

Bei einer "exzessiven Ausnutzung" der beanstandeten Regelungen im Rahmen zukünftiger betrieblicher Vermögensübergänge besteht nach dem Urteil kein Vertrauensschutz.

DER MITTELSTANDSVERBUND appelliert an die Bundesregierung, jetzt rasch ein verfassungskonformes und praktikables ErbStG zu schaffen, damit mittelständische Unternehmen wieder Rechts- und Planungssicherheit haben. Auf jeden Fall sollten die Neuregelungen nicht zu zusätzlichen Belastungen bereits zurückliegender Erbschaft- und Schenkungssteuerfälle führen.


Weitere Informationen:

Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 17.12.2014 - 1 BvL 21/12

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