Mehr Transparenz, weniger Steuergestaltung

Nach der EU-Kommission planen auch die Finanzminister der Länder die Einführung einer Anzeigepflicht für Steuergestaltungsmodelle, um bestehende Schlupflöcher für „Steuervermeider“ zu schließen. Dabei sollen zwar große Unternehmen im Mittelpunkt stehen, die Vorhaben hätten jedoch auch negative Auswirkungen auf den Mittelstand.

Berlin, 19.03.2018 – Die Bundesländer wollen mit einer Anzeigepflicht für Steuergestaltungen stärker gegen potenzielle „Steuervermeider“ vorgehen. Damit folgen sie dem Vorhaben der EU-Kommission, die bereits im vergangen Jahr einen Richtlinienentwurf zum Informationsaustausch bei grenzüberschreitenden Steuergestaltungsmodellen vorgelegt hatte. Die Richtlinie wurde am 13. März 2018 von den EU-Finanzministern beschlossen. Hiermit setzt sich die EU zum Ziel, in Zukunft stärker gegen aggressive Steuersparmodelle vorzugehen.

Nach der EU-Kommission planen auch die Finanzminister der Länder die Einführung einer Anzeigepflicht für Steuergestaltungsmodelle.Nach der EU-Richtlinie sind die Anbieter grenzüberschreitender Gestaltungsmodelle ab Juli 2020 nicht nur dazu verpflichtet, das Modell an die Finanzbehörde zu melden, sondern müssen zusätzlich auch Angaben zum Nutzer des Modelles preisgeben.

Zu den Anbietern zählen unter anderem Banken sowie Finanz- und Steuerberater. Diese unterliegen in Deutschland jedoch laut Gesetz einer Verschwiegenheitspflicht, wodurch hierzulande die Nutzer der Steuergestaltungsmodelle für die Informationsübermittlung verantwortlich sind. Hierdurch ergibt sich ein unnötig hoher Verwaltungsaufwand, da die gleichen Gestaltungsmodelle von unterschiedlichen Steuerpflichtigen wiederkehrend gemeldet werden müssen.

Daher stieß bereits der EU-Richtlinienentwurf in der deutschen Politik auf Widerspruch: „Dass die Finanzverwaltungen an diesem Punkt das fehlende Augenmaß des europäischen Gesetzgebers ausbaden sollen, nehme ich nicht einfach so hin!“, äußerte sich der hessische Finanzminister Dr. Thomas Schäfer zu den Vorhaben der EU.

Als Ergänzung dieser Regelung auf nationaler Ebene erarbeiteten die Staatssekretäre der Finanzministerien der Länder unter der Verantwortung Schleswig-Holsteins und Rheinland-Pfalz‘ in den vergangenen Monaten ein Eckpunktepapier, dem bis zum Sommer 2018 ein Gesetzesentwurf folgen soll. Am 8. März kamen die 16 Finanzminister zusammen und verabschiedeten mehrheitlich die vorgeschlagenen Eckpunkte. Einig war sich die Runde dabei jedoch nicht. So wollte man vor allem im Kreise der Union auf ein endgültiges Ergebnis auf EU-Ebene warten, bevor eine nationale Entscheidung getroffen wird.

Klar abgrenzbare, bedeutsame Steuergestaltungen

Um den bürokratischen Aufwand gering zu halten, soll sich die nationale Anzeigepflicht laut des Staatssekretärs des schleswig-holsteinischen Finanzministeriums Philipp Nimmermann auf „klar abgrenzbare, bedeutsame Steuergestaltungen“ beschränken. Dabei richtet sich der Vorschlag vor allem gegen die Anbieter solcher Steuersparmodelle. Diese wären folglich dazu verpflichtet, alle Modelle zu Gunsten ihrer Kunden an die Finanzbehörde zu übermitteln. Ein Steuerpflichtiger wäre erst dann von der Anzeigepflicht betroffen, wenn dieser ohne weitere Hilfe ein eigenes Modell entwickelt.

Darüber hinaus gab es aus Rheinland-Pfalz den Vorschlag, eine schwarze Liste für unerwünschte Steuergestaltungsmodelle einzuführen. Eine solche Liste existiert bereits auf EU-Ebene. Anders als der nationale Vorschlag, enthält diese jedoch derzeit neun Steueroasen wie die Bahamas oder die US-Jungferninseln, die sich in den Verhandlungen unkooperativ zeigten.

„Ziel einer Anzeigepflicht für Steuergestaltungen ist es in erster Linie, dem Steuergesetzgeber zeitnah die Möglichkeit zu verschaffen, auf bedeutsame und insbesondere haushaltsrelevante Steuergestaltungen zu reagieren“, heißt es im Eckpunktepapier. Derzeit erfährt die Finanzverwaltung erst durch eine nachgelagerte Betriebsprüfung von der Anwendung solcher Steuergestaltungsmodelle, wodurch der Gesetzgeber erst mit großer Verzögerung auf unerwünschte Modelle, die eine faire Besteuerung der Steuerpflichtigen gefährden, reagieren kann.

Im Gegensatz zur EU-Vorschrift, soll sich die nationale Anzeigepflicht nicht nur auf die Ertragsteuer beschränken. So sei gemäß des Eckpunktepapiers „insbesondere auch die Einbeziehung des Erbschaft- und Schenkungsteuer- sowie des Grunderwerbsteuerbereichs zu prüfen“.

Hohe Bürokratielast durch Anzeigepflicht

Der kooperierende Mittelstand begrüßt grundsätzlich das Ziel der EU sowie der Bundesländer, Schlupflöcher für Steuervermeidungen zu schließen. Denn nur dann ist ein fairer Wettbewerb möglich. Die derzeitigen Vorhaben auf beiden Ebenen stellen jedoch keine geeignete Lösung dar, sondern führen lediglich zu einem bürokratischen Mehraufwand für alle Beteiligten. In diesem Zusammenhang ist es fraglich, ob die Finanzverwaltung eine geeignete Praxislösung finden wird, um diesem Problem zu begegnen.

Des Weiteren hat die EU die Merkmale meldepflichtiger Steuergestaltungsmodelle bewusst weit gefasst. Dies widerspricht jedoch dem Ziel, „aggressive“ Steuersparmodelle zu verfolgen und führt dazu, dass nicht nur Großunternehmen von der Regelung betroffen sind. So sind unter anderem auch mittlere Handelsunternehmen grenzüberschreitend tätig, für die eine Ausweitung der Bürokratie eine noch größere Herausforderung darstellt.

Das Beispiel Australiens verdeutlicht, dass eine gesetzliche Anzeigepflicht für Steuergestaltungen nicht zwingend erforderlich ist, um unerwünschten Gestaltungsmodellen entgegenzuwirken. So ist die Verwaltung in Australien dazu verpflichtet, Beratern und Steuerpflichtigen auf Nachfrage eine verbindliche Auskunft über ein Steuergestaltungsmodell zu erteilen und dieses zu bewerten. Mit dem sogenannten „product ruling“ bindet sich die Verwaltung für die Umsetzung eines bestimmten Modells. Dies hat in Australien dazu geführt, dass Steuergestaltungsmodelle ohne Verwaltungszuspruch durch das „product ruling“ schlechter zu vermarkten waren und somit der Anreiz zur Offenlegung der Gestaltungsmodelle verstärkt wurde.

Mit der Einrichtung einer Anlaufstelle, die Steuergestaltungsmodelle rechtsverbindlich bewertet, könnte auch hierzulande eine effiziente Alternative zur Anzeigepflicht geschaffen werden, ohne dabei die Verantwortung einseitig auf Berater und Steuerpflichtige zu verlagern. Mithilfe eines verbesserten Informationsaustauschs zwischen den Finanzbehörden sowohl auf nationaler als auch internationaler Ebene könnte man zudem gezielter auf aggressive Steuermodelle reagieren.

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