MITTELSTANDSVERBUND begrüßt Vorschläge der EU-Kommission für eine Digitalsteuer

IT-Giganten wie Facebook, Google und Amazon erzielen immer höhere Gewinne, die in Europa aber so gut wie gar nicht besteuert werden. Endlich legte die EU-Kommission zwei Entwürfe vor, die für eine gerechtere Besteuerung sorgen sollen. DER MITTELSTANDSVERBUND begrüßt diese Vorhaben als ersten Schritt zum Ausgleich der bestehenden massiven Wettbewerbsnachteile für mittelständische Unternehmen.

Brüssel 21.03.2018 – In den europäischen Kommunikations- und Konsumgütermärkten spielen globale Internetplattformen eine immer dominierende Rolle. Dem gewaltigen Wachstum liegt zu einem wesentlichen Teil der Umstand zugrunde, dass diese Unternehmen der aktuellen Rechtslage geschuldet in Europa kaum und schon gar nicht adäquat zu ihrem geschäftlichen Erfolg besteuert werden.

DER MITTELSTANDSVERBUND begrüßt die Vorschläge der EU-Kommission für eine Digitalsteuer. Im Vergleich etwa zu den europäischen mittelständischen Unternehmen beteiligen sie sich also bestenfalls marginal an der Finanzierung des Gemeinwohls. Dies beklagt DER MITTELSTANDSVERBUND schon seit Jahren.

Der Druck der Wirtschaftsorganisationen und Nationalstaaten zeigt erste Wirkung

Nun stellte EU-Steuerkommissar Pierre Moscovici zwei Richtlinienentwürfe zur Umsatzbesteuerung digitaler Unternehmen vor. Damit reagierte die Kommission auch auf Forderungen der europäischen Staats- und Regierungschefs. Zunächst ist die Umsatzbesteuerung von digitalen Dienstleistungen innerhalb der EU als Übergangslösung vorgesehen. Später soll sie durch eine globale Digitalsteuer auf OECD-Ebene ersetzt werden. Auf dem diesjährigen G20-Gipfel in Buenos Aires hatten sich die Finanzminister jedoch nur darauf geeinigt, bis zum Jahr 2020 zu einer – inhaltlich noch vollkommen unklaren – Übereinstimmung kommen zu wollen.

Die europäische Lösung

Als Reaktion darauf präsentierte die EU-Kommission nun zwei Vorschläge. Im ersten Schritt will man kurzfristig eine Übergangssteuer in Höhe von drei Prozent auf digitale Aktivitäten erheben, die derzeit gar nicht besteuert werden. Diese würde alle Erträge einschließen, die durch Online-Werbung, digitale Vermittlungsgeschäfte sowie dem Datenverkauf auf Grundlage von Nutzerinformationen zustande kommen. Sie soll sich auf Unternehmen mit weltweiten Erträgen von über 750 Millionen Euro sowie 50 Millionen Euro Erträge innerhalb der EU pro Jahr beschränken. Die Steuer fällt dabei in dem jeweiligen EU-Mitgliedstaat an, in dem die Nutzer ansässig sind. Damit will die EU-Kommission das Problem der Doppelbesteuerung umgehen.

Im zweiten Schritt strebt die Kommission langfristig eine Änderung der Körperschaftsteuer-Vorschriften an, damit künftig neben physischen Betriebsstätten ebenfalls die Besteuerung der „digitalen Präsenz“ möglich ist. Diese liegt vor, sofern ein Unternehmen innerhalb der EU-Mitgliedstaaten einen Ertrag von über sieben Millionen Euro pro Jahr erzielt, dessen Dienst von mehr als 100.000 Menschen pro Steuerjahr genutzt wird oder über 3.000 Geschäftsverträge über digitale Dienstleistungen zwischen dem Unternehmen und gewerblichen Nutzern pro Steuerjahr zustande kommen.

Die Vorhaben der EU-Kommission würden folglich deutliche Veränderungen mit sich bringen. Zum einen würde zunächst die Steuer auf die Umsätze anstatt der Gewinne erhoben. Zum anderen wäre künftig nicht mehr der Unternehmenssitz, sondern der Ort, an dem ebendiese Umsätze anfallen ausschlaggebend.

Vorwiegend US-amerikanische Digitalunternehmen betroffen

Dies hätte vor allem auf US-amerikanische Internetunternehmen wie Google und Facebook große Auswirkungen, weshalb sich die USA bewusst gegen eine Besteuerung von Unternehmen mit digitalen Dienstleistungen – weder EU-weit noch global – stellt. Moscovici betonte zwar, dass man mit diesen Plänen lediglich eine faire Besteuerung erzielen wolle und US-amerikanische IT-Unternehmen dabei nicht im Mittelpunkt stünden. Dennoch kursiert in den USA bereits der Begriff „Gafa-Steuer“ (die Abkürzung bezieht sich auf Google, Apple, Facebook und Amazon).

Doch der Vorschlag der EU-Kommission stößt nicht nur in den USA auf Gegenwind. So befürchtet auch ein Teil der deutschen Wirtschaft, dass eine Digitalsteuer mehr Kosten als Nutzen verursachen könnte. Darüber hinaus sei das Verhältnis zwischen Europa und den USA durch den Streit um Strafzölle bereits sehr angespannt. Die Einführung einer europäischen Digitalsteuer würde dies nur noch verstärken und könnte womöglich zu einer Eskalation des Handelsstreits führen.

Faire Besteuerung für den Erfolg des Mittelstands

DER MITTELSTANDSVERBUND begrüßt hingegen die Pläne der Kommission und setzt sich auf lange Sicht für eine globale Lösung ein. Nach dem derzeitigen Steuerrecht werden Unternehmen nur in dem Land besteuert, in dem eine physische Betriebsstätte existiert. Die steuerlichen Rahmenbedingungen sind veraltet und müssen an die neuen Geschäftsmodelle angepasst werden.

Unternehmen mit digitalen Dienstleistungen besitzen inzwischen eine sehr hohe wirtschaftliche Relevanz, insbesondere die globalen Plattformen. Daher ist es erforderlich, auch Umsätze zu besteuern, die durch die wachsenden Datenschätze als immaterielle Vermögenswerte dieser Unternehmen erst möglich werden.

Finanzierung des Gemeinwesens im Blick

Während der lokal aufgestellte Mittelstand seinen Teil zum Gemeinwesen beiträgt, können international tätige Unternehmen mit digitalen Dienstleistungen ohne physische Präsenz sich dieser Pflicht in erheblichem Umfang entziehen, indem sie sich in EU-Staaten mit geringem Körperschaftsteuersatz wie Irland oder Luxemburg niederlassen. So liegt der durchschnittliche EU-Steuersatz von Unternehmen mit digitalen Geschäftsmodellen laut der EU-Kommission lediglich bei 9,5 Prozent, wohingegen 23,2 Prozent für traditionelle Geschäftsmodelle erhoben werden. Hierdurch entstehen der EU schätzungsweise rund 60 Milliarden Euro Steuermindereinnahmen jährlich.

Für Unternehmen mit digitalen Dienstleistungen ergeben sich dagegen Einsparungen in Millionenhöhe. Von einer fairen Besteuerung kann hierbei nicht die Rede sein. Stattdessen führen die derzeitigen Regelungen zu einer Diskriminierung kleiner und mittlerer Unternehmen. Ein fairer Wettbewerb für alle Unternehmen kann nur garantiert werden, wenn die steuerlichen Rahmenbedingungen ausgewogen sind. Die Digitalisierung muss in ihren Auswirkungen daher auch Einzug in das Steuerrecht erhalten. Die Vorschläge der EU-Kommission stellen dabei einen ersten Schritt in die richtige Richtung dar. Langfristig darf die weltweite Harmonisierung steuerlicher Rahmenbedingungen ebenfalls nicht aus dem Auge verloren werden.

Problem Einstimmigkeit – Umsetzung der Vorschläge deshalb ungewiss

Ob eine europäische Digitalsteuer in naher Zukunft tatsächlich eingeführt wird, ist derzeit allerdings fraglich. Denn bei steuerrechtlichen Änderungen gilt das Einstimmigkeitsprinzip. Im Vorfeld hatten jedoch nur zehn der 28 EU-Staaten für eine Digitalsteuer plädiert. Es ist kaum zu erwarten, dass die Länder, in denen die europäischen Töchter der Internet-Plattformen ihren Sitz haben, dem EU-Vorschlag zustimmen. Mithin gehört in Steuerfragen das Einstimmigkeitsprinzip der EU dringend auf den Prüfstand gestellt.

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